Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Mit Angst bestieg ich das Pferd und gebot meinem Führer, der hinter mir bleiben wollte, voran zu reiten, -- von rückwärts wollte ich nicht überfallen werden, auch hielt ich die Hand fest auf der Pistole. Ich lauschte auf jeden Laut, beobachtete jede Bewegung des Führers, der Schatten meines eigenen Pferdes schreckte mich manchmal auf; doch kehrte ich nicht zurück. Nach einem scharfen Ritte von ungefähr einer halben Stunde erreichten wir richtig einen großen Karavanenzug, der noch überdies durch ein Dutzend wohlbewaffneter Bauern beschützt war. Die Stelle schien also wirklich sehr gefährlich und mein Führer vom Karavanenzuge benachrichtiget gewesen zu sein. Ich wunderte mich bei dieser Gelegenheit über nichts mehr als über den Schlendrian dieser Leute. Weil sie gewohnt sind in der heißen Jahreszeit in der Nacht zu gehen, so passiren sie auch die gefährlichsten Stellen des Nachts, während doch der Tag die Gefahr sehr vermindern würde. Nach einigen Stunden kamen wir an den See Oromia, der uns fortan stets zur rechten Seite blieb; links lagen mehrere Meilen entlang öde Hügel, Schluchten und Berge, und dies war die gefürchtete Stelle. Der Morgen führte uns wieder in ein schönes fruchtbares Thal mit Menschen und Dörfern, deren Anblick mir Muth gab, die Karavane zu verlassen und eiliger voran zu gehen. Der See Oromia, von welchem die Stadt Oromia ihren Namen hat, ist über sechzig Meilen lang und an manchen Stellen über dreißig Meilen breit. Er scheint von hohen Gebirgen knapp umsäumt; doch liegen in Wirklichkeit noch bedeutende Flächen dazwischen. Sein Wasser Mit Angst bestieg ich das Pferd und gebot meinem Führer, der hinter mir bleiben wollte, voran zu reiten, — von rückwärts wollte ich nicht überfallen werden, auch hielt ich die Hand fest auf der Pistole. Ich lauschte auf jeden Laut, beobachtete jede Bewegung des Führers, der Schatten meines eigenen Pferdes schreckte mich manchmal auf; doch kehrte ich nicht zurück. Nach einem scharfen Ritte von ungefähr einer halben Stunde erreichten wir richtig einen großen Karavanenzug, der noch überdies durch ein Dutzend wohlbewaffneter Bauern beschützt war. Die Stelle schien also wirklich sehr gefährlich und mein Führer vom Karavanenzuge benachrichtiget gewesen zu sein. Ich wunderte mich bei dieser Gelegenheit über nichts mehr als über den Schlendrian dieser Leute. Weil sie gewohnt sind in der heißen Jahreszeit in der Nacht zu gehen, so passiren sie auch die gefährlichsten Stellen des Nachts, während doch der Tag die Gefahr sehr vermindern würde. Nach einigen Stunden kamen wir an den See Oromia, der uns fortan stets zur rechten Seite blieb; links lagen mehrere Meilen entlang öde Hügel, Schluchten und Berge, und dies war die gefürchtete Stelle. Der Morgen führte uns wieder in ein schönes fruchtbares Thal mit Menschen und Dörfern, deren Anblick mir Muth gab, die Karavane zu verlassen und eiliger voran zu gehen. Der See Oromia, von welchem die Stadt Oromia ihren Namen hat, ist über sechzig Meilen lang und an manchen Stellen über dreißig Meilen breit. Er scheint von hohen Gebirgen knapp umsäumt; doch liegen in Wirklichkeit noch bedeutende Flächen dazwischen. Sein Wasser <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0210" n="202"/> <p>Mit Angst bestieg ich das Pferd und gebot meinem Führer, der hinter mir bleiben wollte, voran zu reiten, — von rückwärts wollte ich nicht überfallen werden, auch hielt ich die Hand fest auf der Pistole. Ich lauschte auf jeden Laut, beobachtete jede Bewegung des Führers, der Schatten meines eigenen Pferdes schreckte mich manchmal auf; doch kehrte ich nicht zurück.</p> <p>Nach einem scharfen Ritte von ungefähr einer halben Stunde erreichten wir richtig einen großen Karavanenzug, der noch überdies durch ein Dutzend wohlbewaffneter Bauern beschützt war. Die Stelle schien also wirklich sehr gefährlich und mein Führer vom Karavanenzuge benachrichtiget gewesen zu sein. Ich wunderte mich bei dieser Gelegenheit über nichts mehr als über den Schlendrian dieser Leute. Weil sie gewohnt sind in der heißen Jahreszeit in der Nacht zu gehen, so passiren sie auch die gefährlichsten Stellen des Nachts, während doch der Tag die Gefahr sehr vermindern würde.</p> <p>Nach einigen Stunden kamen wir an den See Oromia, der uns fortan stets zur rechten Seite blieb; links lagen mehrere Meilen entlang öde Hügel, Schluchten und Berge, und dies war die gefürchtete Stelle. Der Morgen führte uns wieder in ein schönes fruchtbares Thal mit Menschen und Dörfern, deren Anblick mir Muth gab, die Karavane zu verlassen und eiliger voran zu gehen.</p> <p>Der See Oromia, von welchem die Stadt <hi rendition="#aq">Oromia</hi> ihren Namen hat, ist über sechzig Meilen lang und an manchen Stellen über dreißig Meilen breit. Er scheint von hohen Gebirgen knapp umsäumt; doch liegen in Wirklichkeit noch bedeutende Flächen dazwischen. Sein Wasser </p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0210]
Mit Angst bestieg ich das Pferd und gebot meinem Führer, der hinter mir bleiben wollte, voran zu reiten, — von rückwärts wollte ich nicht überfallen werden, auch hielt ich die Hand fest auf der Pistole. Ich lauschte auf jeden Laut, beobachtete jede Bewegung des Führers, der Schatten meines eigenen Pferdes schreckte mich manchmal auf; doch kehrte ich nicht zurück.
Nach einem scharfen Ritte von ungefähr einer halben Stunde erreichten wir richtig einen großen Karavanenzug, der noch überdies durch ein Dutzend wohlbewaffneter Bauern beschützt war. Die Stelle schien also wirklich sehr gefährlich und mein Führer vom Karavanenzuge benachrichtiget gewesen zu sein. Ich wunderte mich bei dieser Gelegenheit über nichts mehr als über den Schlendrian dieser Leute. Weil sie gewohnt sind in der heißen Jahreszeit in der Nacht zu gehen, so passiren sie auch die gefährlichsten Stellen des Nachts, während doch der Tag die Gefahr sehr vermindern würde.
Nach einigen Stunden kamen wir an den See Oromia, der uns fortan stets zur rechten Seite blieb; links lagen mehrere Meilen entlang öde Hügel, Schluchten und Berge, und dies war die gefürchtete Stelle. Der Morgen führte uns wieder in ein schönes fruchtbares Thal mit Menschen und Dörfern, deren Anblick mir Muth gab, die Karavane zu verlassen und eiliger voran zu gehen.
Der See Oromia, von welchem die Stadt Oromia ihren Namen hat, ist über sechzig Meilen lang und an manchen Stellen über dreißig Meilen breit. Er scheint von hohen Gebirgen knapp umsäumt; doch liegen in Wirklichkeit noch bedeutende Flächen dazwischen. Sein Wasser
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/210>, abgerufen am 20.07.2024. |