Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

ein großer Durchmarsch türkischer Truppen statt. Der Pascha ritt ihnen eine Strecke entgegen, um sie zu empfangen, und zog dann an der Spitze der Fußtruppen in die Stadt ein. Die Reiterei blieb zurück und schlug ihr Lager längs des Tigris in Zelten auf. Ich fand diese Truppen unendlich besser gekleidet und zusammengestellt als jene, die ich im Jahre 1842 in Konstantinopel gesehen hatte. Ihr Anzug bestand aus weißen Hosen, blauen Tuchspensern mit rothen Aufschlägen und aus guten Schuhen und Feß.

Sobald ich von meinen Reise-Mühen nur einigermaßen erholt war, bat ich meinen liebenswürdigen Wirth, mir einen Diener zu geben, der mich nach den Ruinen Ninive's führen sollte. Allein statt eines Dieners begleitete mich die Schwester der Frau Rassam und ein Herr Roß. -- Wir besahen an einem Morgen die nahen Reste am jenseitigen Ufer des Tigris, am Dörfchen Nebi-junus, der Stadt gegenüber, und an einem andern Tage die entfernteren, die an achtzehn Meilen stromabwärts liegen und Tel-Nimrod heißen.

Nach Strabo war Ninive noch größer als Babylon. Es soll die größte Stadt der Welt gewesen sein. Drei Tagreisen waren erforderlich, ihren Umfang zu umkreisen. Der Wall war hundert Fuß hoch, für drei Wagen breit genug und durch fünfzehn hundert Thürme vertheidigt. Der Gründer soll der assyrische König Ninus gewesen sein, 2200 Jahre vor Chr. Geb.

Jetzt ist alles mit Erde überdeckt; nur wenn der Bauer Furchen im Felde zieht, kommt hier und da das Bruchstück eines Ziegels, wohl auch eines Marmors zum

ein großer Durchmarsch türkischer Truppen statt. Der Pascha ritt ihnen eine Strecke entgegen, um sie zu empfangen, und zog dann an der Spitze der Fußtruppen in die Stadt ein. Die Reiterei blieb zurück und schlug ihr Lager längs des Tigris in Zelten auf. Ich fand diese Truppen unendlich besser gekleidet und zusammengestellt als jene, die ich im Jahre 1842 in Konstantinopel gesehen hatte. Ihr Anzug bestand aus weißen Hosen, blauen Tuchspensern mit rothen Aufschlägen und aus guten Schuhen und Feß.

Sobald ich von meinen Reise-Mühen nur einigermaßen erholt war, bat ich meinen liebenswürdigen Wirth, mir einen Diener zu geben, der mich nach den Ruinen Ninive’s führen sollte. Allein statt eines Dieners begleitete mich die Schwester der Frau Rassam und ein Herr Roß. — Wir besahen an einem Morgen die nahen Reste am jenseitigen Ufer des Tigris, am Dörfchen Nebi-junus, der Stadt gegenüber, und an einem andern Tage die entfernteren, die an achtzehn Meilen stromabwärts liegen und Tel-Nimrod heißen.

Nach Strabo war Ninive noch größer als Babylon. Es soll die größte Stadt der Welt gewesen sein. Drei Tagreisen waren erforderlich, ihren Umfang zu umkreisen. Der Wall war hundert Fuß hoch, für drei Wagen breit genug und durch fünfzehn hundert Thürme vertheidigt. Der Gründer soll der assyrische König Ninus gewesen sein, 2200 Jahre vor Chr. Geb.

Jetzt ist alles mit Erde überdeckt; nur wenn der Bauer Furchen im Felde zieht, kommt hier und da das Bruchstück eines Ziegels, wohl auch eines Marmors zum

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="166"/>
ein großer Durchmarsch türkischer Truppen statt. Der Pascha ritt ihnen eine Strecke entgegen, um sie zu empfangen, und zog dann an der Spitze der Fußtruppen in die Stadt ein. Die Reiterei blieb zurück und schlug ihr Lager längs des Tigris in Zelten auf. Ich fand diese Truppen unendlich besser gekleidet und zusammengestellt als jene, die ich im Jahre 1842 in Konstantinopel gesehen hatte. Ihr Anzug bestand aus weißen Hosen, blauen Tuchspensern mit rothen Aufschlägen und aus guten Schuhen und Feß.</p>
        <p>Sobald ich von meinen Reise-Mühen nur einigermaßen erholt war, bat ich meinen liebenswürdigen Wirth, mir einen Diener zu geben, der mich nach den Ruinen <hi rendition="#aq">Ninive&#x2019;s</hi> führen sollte. Allein statt eines Dieners begleitete mich die Schwester der Frau Rassam und ein Herr Roß. &#x2014; Wir besahen an einem Morgen die nahen Reste am jenseitigen Ufer des Tigris, am Dörfchen <hi rendition="#aq">Nebi-junus</hi>, der Stadt gegenüber, und an einem andern Tage die entfernteren, die an achtzehn Meilen stromabwärts liegen und <hi rendition="#aq">Tel-Nimrod</hi> heißen.</p>
        <p>Nach <hi rendition="#aq">Strabo</hi> war <hi rendition="#aq">Ninive</hi> noch größer als <hi rendition="#aq">Babylon</hi>. Es soll die größte Stadt der Welt gewesen sein. Drei Tagreisen waren erforderlich, ihren Umfang zu umkreisen. Der Wall war hundert Fuß hoch, für drei Wagen breit genug und durch fünfzehn hundert Thürme vertheidigt. Der Gründer soll der assyrische König <hi rendition="#aq">Ninus</hi> gewesen sein, 2200 Jahre vor Chr. Geb.</p>
        <p>Jetzt ist alles mit Erde überdeckt; nur wenn der Bauer Furchen im Felde zieht, kommt hier und da das Bruchstück eines Ziegels, wohl auch eines Marmors zum
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0174] ein großer Durchmarsch türkischer Truppen statt. Der Pascha ritt ihnen eine Strecke entgegen, um sie zu empfangen, und zog dann an der Spitze der Fußtruppen in die Stadt ein. Die Reiterei blieb zurück und schlug ihr Lager längs des Tigris in Zelten auf. Ich fand diese Truppen unendlich besser gekleidet und zusammengestellt als jene, die ich im Jahre 1842 in Konstantinopel gesehen hatte. Ihr Anzug bestand aus weißen Hosen, blauen Tuchspensern mit rothen Aufschlägen und aus guten Schuhen und Feß. Sobald ich von meinen Reise-Mühen nur einigermaßen erholt war, bat ich meinen liebenswürdigen Wirth, mir einen Diener zu geben, der mich nach den Ruinen Ninive’s führen sollte. Allein statt eines Dieners begleitete mich die Schwester der Frau Rassam und ein Herr Roß. — Wir besahen an einem Morgen die nahen Reste am jenseitigen Ufer des Tigris, am Dörfchen Nebi-junus, der Stadt gegenüber, und an einem andern Tage die entfernteren, die an achtzehn Meilen stromabwärts liegen und Tel-Nimrod heißen. Nach Strabo war Ninive noch größer als Babylon. Es soll die größte Stadt der Welt gewesen sein. Drei Tagreisen waren erforderlich, ihren Umfang zu umkreisen. Der Wall war hundert Fuß hoch, für drei Wagen breit genug und durch fünfzehn hundert Thürme vertheidigt. Der Gründer soll der assyrische König Ninus gewesen sein, 2200 Jahre vor Chr. Geb. Jetzt ist alles mit Erde überdeckt; nur wenn der Bauer Furchen im Felde zieht, kommt hier und da das Bruchstück eines Ziegels, wohl auch eines Marmors zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/174
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/174>, abgerufen am 27.11.2024.