Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Der christliche Europäer übertrifft den heidnischen Hindu und Muselmann an Kenntnissen und Wissenschaften; möchte er ihm an Güte und Wohlwollen doch wenigstens nur gleichen!

Man erwartete in Bassora schon in einigen Tagen ein kleines, englisches Kriegsdampfboot, welches durch neun Monate im Jahre*) von Bagdad hieher kömmt, Briefe und Papiere bringt und abholt, und dessen Kapitän so gefällig ist, europäische Reisende (deren sich wenige hierher verlieren) mitzunehmen.

Die wenigen Tage meines Aufenthaltes benützte ich, in der Stadt zu besehen, was von den alten Zeiten ihrer Berühmtheit noch übrig ist.

Bassora, auch Bassra genannt, wurde im Jahre 656 unter dem Kalisen Omar gegründet. Bald unter türkischer, bald unter persischer Herrschaft stehend verblieb es endlich der ersteren.

Von Ruinen der Vorzeit, von schönen Moscheen, Karavansereien u. s. w. ist nichts mehr zu sehen. Die Festungsmauern sind schlecht und halb verfallen, die Häuser der Stadt klein und unansehnlich, die Straßen krumm, enge und schmutzig. Der Bazar besteht aus gedeckten Gängen mit erbärmlichen Kramladen und hat kein einziges schönes Lager aufzuweisen, obwohl Bassora der Haupthandelsort und der Stapelplatz der indischen Waaren ist, die nach der Türkei gehen. Auf dem Bazar gibt es viele Kaffeebuden und einige mittelmäßige Karavansereien. Ein

*) In den drei heißesten Monaten Juni, Juli und August geht das Schiff nicht.

Der christliche Europäer übertrifft den heidnischen Hindu und Muselmann an Kenntnissen und Wissenschaften; möchte er ihm an Güte und Wohlwollen doch wenigstens nur gleichen!

Man erwartete in Bassora schon in einigen Tagen ein kleines, englisches Kriegsdampfboot, welches durch neun Monate im Jahre*) von Bagdad hieher kömmt, Briefe und Papiere bringt und abholt, und dessen Kapitän so gefällig ist, europäische Reisende (deren sich wenige hierher verlieren) mitzunehmen.

Die wenigen Tage meines Aufenthaltes benützte ich, in der Stadt zu besehen, was von den alten Zeiten ihrer Berühmtheit noch übrig ist.

Bassora, auch Bassra genannt, wurde im Jahre 656 unter dem Kalisen Omar gegründet. Bald unter türkischer, bald unter persischer Herrschaft stehend verblieb es endlich der ersteren.

Von Ruinen der Vorzeit, von schönen Moscheen, Karavansereien u. s. w. ist nichts mehr zu sehen. Die Festungsmauern sind schlecht und halb verfallen, die Häuser der Stadt klein und unansehnlich, die Straßen krumm, enge und schmutzig. Der Bazar besteht aus gedeckten Gängen mit erbärmlichen Kramladen und hat kein einziges schönes Lager aufzuweisen, obwohl Bassora der Haupthandelsort und der Stapelplatz der indischen Waaren ist, die nach der Türkei gehen. Auf dem Bazar gibt es viele Kaffeebuden und einige mittelmäßige Karavansereien. Ein

*) In den drei heißesten Monaten Juni, Juli und August geht das Schiff nicht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0116" n="108"/>
        <p>Der christliche Europäer übertrifft den heidnischen Hindu und Muselmann an Kenntnissen und Wissenschaften; möchte er ihm an Güte und Wohlwollen doch wenigstens nur gleichen!</p>
        <p>Man erwartete in <hi rendition="#aq">Bassora</hi> schon in einigen Tagen ein kleines, englisches Kriegsdampfboot, welches durch neun Monate im Jahre<note place="foot" n="*)">In den drei heißesten Monaten Juni, Juli und August geht das Schiff nicht.</note> von <hi rendition="#aq">Bagdad</hi> hieher kömmt, Briefe und Papiere bringt und abholt, und dessen Kapitän so gefällig ist, europäische Reisende (deren sich wenige hierher verlieren) mitzunehmen.</p>
        <p>Die wenigen Tage meines Aufenthaltes benützte ich, in der Stadt zu besehen, was von den alten Zeiten ihrer Berühmtheit noch übrig ist.</p>
        <p><hi rendition="#aq">Bassora</hi>, auch <hi rendition="#aq">Bassra</hi> genannt, wurde im Jahre 656 unter dem Kalisen Omar gegründet. Bald unter türkischer, bald unter persischer Herrschaft stehend verblieb es endlich der ersteren.</p>
        <p>Von Ruinen der Vorzeit, von schönen Moscheen, Karavansereien u. s. w. ist nichts mehr zu sehen. Die Festungsmauern sind schlecht und halb verfallen, die Häuser der Stadt klein und unansehnlich, die Straßen krumm, enge und schmutzig. Der Bazar besteht aus gedeckten Gängen mit erbärmlichen Kramladen und hat kein einziges schönes Lager aufzuweisen, obwohl <hi rendition="#aq">Bassora</hi> der Haupthandelsort und der Stapelplatz der indischen Waaren ist, die nach der Türkei gehen. Auf dem Bazar gibt es viele Kaffeebuden und einige mittelmäßige Karavansereien. Ein
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0116] Der christliche Europäer übertrifft den heidnischen Hindu und Muselmann an Kenntnissen und Wissenschaften; möchte er ihm an Güte und Wohlwollen doch wenigstens nur gleichen! Man erwartete in Bassora schon in einigen Tagen ein kleines, englisches Kriegsdampfboot, welches durch neun Monate im Jahre *) von Bagdad hieher kömmt, Briefe und Papiere bringt und abholt, und dessen Kapitän so gefällig ist, europäische Reisende (deren sich wenige hierher verlieren) mitzunehmen. Die wenigen Tage meines Aufenthaltes benützte ich, in der Stadt zu besehen, was von den alten Zeiten ihrer Berühmtheit noch übrig ist. Bassora, auch Bassra genannt, wurde im Jahre 656 unter dem Kalisen Omar gegründet. Bald unter türkischer, bald unter persischer Herrschaft stehend verblieb es endlich der ersteren. Von Ruinen der Vorzeit, von schönen Moscheen, Karavansereien u. s. w. ist nichts mehr zu sehen. Die Festungsmauern sind schlecht und halb verfallen, die Häuser der Stadt klein und unansehnlich, die Straßen krumm, enge und schmutzig. Der Bazar besteht aus gedeckten Gängen mit erbärmlichen Kramladen und hat kein einziges schönes Lager aufzuweisen, obwohl Bassora der Haupthandelsort und der Stapelplatz der indischen Waaren ist, die nach der Türkei gehen. Auf dem Bazar gibt es viele Kaffeebuden und einige mittelmäßige Karavansereien. Ein *) In den drei heißesten Monaten Juni, Juli und August geht das Schiff nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/116
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/116>, abgerufen am 24.11.2024.