Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.mir mancher Blick in die Kajüte vergönnt wurde; ich sah aber unter all den achtzehn Weibern keine einzige Schönheit. Ihre Männer stellten sich in zwei Reihen von der Kajüten- bis an die Schiffstreppe, hielten große Tücher ausgespannt und bildeten auf diese Art bewegliche, undurchsichtige Wände. Die Weiber kamen nach und nach aus der Kajüte hervor; sie waren mit großen Tüchern so überdeckt, daß man sie wie Blinde leiten mußte. Sie hockten zwischen den Wänden nieder und warteten bis alle versammelt waren, dann setzte sich der ganze Zug, nämlich die bewegliche Wand und die dahinter verborgenen Schönheiten Schritt vor Schritt in Bewegung. Die Kletterei über die schmale Schiffstreppe in das wohlverhängte Boot war wirklich erbarmungswürdig -- bald stolperte die eine und bald die andere. Ihre Ausschiffung währte über eine Stunde. 13. Mai. Der Kapitän brachte mir die Nachricht, daß zufällig ein deutscher Missionär in Bassora anwesend sei, der eine Wohnung von mehreren Zimmern habe und mich vielleicht beherbergen könne. Ich ging sogleich zu demselben, und er war so gefällig, mir ein Zimmer zu überlassen, in welchem ich zu gleicher Zeit eine Feuerstelle fand. Von dem guten Kapitän nahm ich mit wahrer Rührung Abschied, -- ich werde nie seiner Freundlichkeit und Gefälligkeit vergessen. Er war wirklich ein herzensguter Mann, und doch wurden auf seinem Schiffe die armen Schiffsleute, meist Hindus und Neger, schlechter als irgendwo behandelt. Dies ging von den beiden Steuerleuten aus, die beinahe jedes Wort mit Stößen und Faustschlägen begleiteten. In Mascat entflohen drei der Unglücklichen. mir mancher Blick in die Kajüte vergönnt wurde; ich sah aber unter all den achtzehn Weibern keine einzige Schönheit. Ihre Männer stellten sich in zwei Reihen von der Kajüten- bis an die Schiffstreppe, hielten große Tücher ausgespannt und bildeten auf diese Art bewegliche, undurchsichtige Wände. Die Weiber kamen nach und nach aus der Kajüte hervor; sie waren mit großen Tüchern so überdeckt, daß man sie wie Blinde leiten mußte. Sie hockten zwischen den Wänden nieder und warteten bis alle versammelt waren, dann setzte sich der ganze Zug, nämlich die bewegliche Wand und die dahinter verborgenen Schönheiten Schritt vor Schritt in Bewegung. Die Kletterei über die schmale Schiffstreppe in das wohlverhängte Boot war wirklich erbarmungswürdig — bald stolperte die eine und bald die andere. Ihre Ausschiffung währte über eine Stunde. 13. Mai. Der Kapitän brachte mir die Nachricht, daß zufällig ein deutscher Missionär in Bassora anwesend sei, der eine Wohnung von mehreren Zimmern habe und mich vielleicht beherbergen könne. Ich ging sogleich zu demselben, und er war so gefällig, mir ein Zimmer zu überlassen, in welchem ich zu gleicher Zeit eine Feuerstelle fand. Von dem guten Kapitän nahm ich mit wahrer Rührung Abschied, — ich werde nie seiner Freundlichkeit und Gefälligkeit vergessen. Er war wirklich ein herzensguter Mann, und doch wurden auf seinem Schiffe die armen Schiffsleute, meist Hindus und Neger, schlechter als irgendwo behandelt. Dies ging von den beiden Steuerleuten aus, die beinahe jedes Wort mit Stößen und Faustschlägen begleiteten. In Mascat entflohen drei der Unglücklichen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="107"/> mir mancher Blick in die Kajüte vergönnt wurde; ich sah aber unter all den achtzehn Weibern keine einzige Schönheit. Ihre Männer stellten sich in zwei Reihen von der Kajüten- bis an die Schiffstreppe, hielten große Tücher ausgespannt und bildeten auf diese Art bewegliche, undurchsichtige Wände. Die Weiber kamen nach und nach aus der Kajüte hervor; sie waren mit großen Tüchern so überdeckt, daß man sie wie Blinde leiten mußte. Sie hockten zwischen den Wänden nieder und warteten bis alle versammelt waren, dann setzte sich der ganze Zug, nämlich die bewegliche Wand und die dahinter verborgenen Schönheiten Schritt vor Schritt in Bewegung. Die Kletterei über die schmale Schiffstreppe in das wohlverhängte Boot war wirklich erbarmungswürdig — bald stolperte die eine und bald die andere. Ihre Ausschiffung währte über eine Stunde.</p> <p>13. Mai. Der Kapitän brachte mir die Nachricht, daß zufällig ein deutscher Missionär in <hi rendition="#aq">Bassora</hi> anwesend sei, der eine Wohnung von mehreren Zimmern habe und mich vielleicht beherbergen könne. Ich ging sogleich zu demselben, und er war so gefällig, mir ein Zimmer zu überlassen, in welchem ich zu gleicher Zeit eine Feuerstelle fand. Von dem guten Kapitän nahm ich mit wahrer Rührung Abschied, — ich werde nie seiner Freundlichkeit und Gefälligkeit vergessen. Er war wirklich ein herzensguter Mann, und doch wurden auf seinem Schiffe die armen Schiffsleute, meist Hindus und Neger, schlechter als irgendwo behandelt. Dies ging von den beiden Steuerleuten aus, die beinahe jedes Wort mit Stößen und Faustschlägen begleiteten. In <hi rendition="#aq">Mascat</hi> entflohen drei der Unglücklichen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0115]
mir mancher Blick in die Kajüte vergönnt wurde; ich sah aber unter all den achtzehn Weibern keine einzige Schönheit. Ihre Männer stellten sich in zwei Reihen von der Kajüten- bis an die Schiffstreppe, hielten große Tücher ausgespannt und bildeten auf diese Art bewegliche, undurchsichtige Wände. Die Weiber kamen nach und nach aus der Kajüte hervor; sie waren mit großen Tüchern so überdeckt, daß man sie wie Blinde leiten mußte. Sie hockten zwischen den Wänden nieder und warteten bis alle versammelt waren, dann setzte sich der ganze Zug, nämlich die bewegliche Wand und die dahinter verborgenen Schönheiten Schritt vor Schritt in Bewegung. Die Kletterei über die schmale Schiffstreppe in das wohlverhängte Boot war wirklich erbarmungswürdig — bald stolperte die eine und bald die andere. Ihre Ausschiffung währte über eine Stunde.
13. Mai. Der Kapitän brachte mir die Nachricht, daß zufällig ein deutscher Missionär in Bassora anwesend sei, der eine Wohnung von mehreren Zimmern habe und mich vielleicht beherbergen könne. Ich ging sogleich zu demselben, und er war so gefällig, mir ein Zimmer zu überlassen, in welchem ich zu gleicher Zeit eine Feuerstelle fand. Von dem guten Kapitän nahm ich mit wahrer Rührung Abschied, — ich werde nie seiner Freundlichkeit und Gefälligkeit vergessen. Er war wirklich ein herzensguter Mann, und doch wurden auf seinem Schiffe die armen Schiffsleute, meist Hindus und Neger, schlechter als irgendwo behandelt. Dies ging von den beiden Steuerleuten aus, die beinahe jedes Wort mit Stößen und Faustschlägen begleiteten. In Mascat entflohen drei der Unglücklichen.
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