Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Der erste Koch, welcher die Honeurs machte, entschuldigte jede Unordnung mit der Ausrede: "daß diesmal der Dienerfehle." Diese Ausrede schien mir doch gar zu naiv, denn wenn ich bezahle, bezahle ich für das, was ich wirklich bekomme, und nicht für das, was ich vielleicht ein andermal bekommen könnte. Die Kost war, wie gesagt, sehr schlecht, -- was am ersten Tische übrig blieb, wurde uns Armen gesandt. Zwei, drei Gerichte lagen oft in brüderlicher Eintracht auf einer Schüssel, selbst wenn ihre Charaktere nicht in der geringsten Harmonie standen, -- darauf wurde nicht gesehen, eben so wenig, ob die Gerichte kalt oder warm auf den Tisch kamen. Einst war der Hauptkoch während unsers Theezirkels bei besonders guter Laune und sagte: "Ich gebe mir alle Mühe, Sie gut zu nähren, ich hoffe, daß es an nichts gebricht." -- Von den Gästen antworteten zwei Engländer: "O yes, that's true," der dritte, ein Portugiese, hatte die inhaltsschwere Rede nicht verstanden, -- ich als Deutsche, die ich keinen englischen Patriotismus besaß, würde anders geantwortet haben, wäre ich nicht Frau gewesen und hätte ich es dadurch besser gemacht. Die Beleuchtung bestand aus einem Stückchen Unschlittkerze, das oft schon um acht Uhr zu Ende ging. Man war dann gezwungen, entweder im finstern zu sitzen oder zu Bette zu gehen. Des Morgens diente die Cajüte noch überdieß zur Barbierstube, des Nachmittags zur Schlafkammer, in der sich die todmüden Köche und Diener auf den Bänken ausstreckten. Der erste Koch, welcher die Honeurs machte, entschuldigte jede Unordnung mit der Ausrede: „daß diesmal der Dienerfehle.“ Diese Ausrede schien mir doch gar zu naiv, denn wenn ich bezahle, bezahle ich für das, was ich wirklich bekomme, und nicht für das, was ich vielleicht ein andermal bekommen könnte. Die Kost war, wie gesagt, sehr schlecht, — was am ersten Tische übrig blieb, wurde uns Armen gesandt. Zwei, drei Gerichte lagen oft in brüderlicher Eintracht auf einer Schüssel, selbst wenn ihre Charaktere nicht in der geringsten Harmonie standen, — darauf wurde nicht gesehen, eben so wenig, ob die Gerichte kalt oder warm auf den Tisch kamen. Einst war der Hauptkoch während unsers Theezirkels bei besonders guter Laune und sagte: „Ich gebe mir alle Mühe, Sie gut zu nähren, ich hoffe, daß es an nichts gebricht.“ — Von den Gästen antworteten zwei Engländer: „O yes, that’s true,“ der dritte, ein Portugiese, hatte die inhaltsschwere Rede nicht verstanden, — ich als Deutsche, die ich keinen englischen Patriotismus besaß, würde anders geantwortet haben, wäre ich nicht Frau gewesen und hätte ich es dadurch besser gemacht. Die Beleuchtung bestand aus einem Stückchen Unschlittkerze, das oft schon um acht Uhr zu Ende ging. Man war dann gezwungen, entweder im finstern zu sitzen oder zu Bette zu gehen. Des Morgens diente die Cajüte noch überdieß zur Barbierstube, des Nachmittags zur Schlafkammer, in der sich die todmüden Köche und Diener auf den Bänken ausstreckten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0071" n="64"/> <p>Der erste Koch, welcher die Honeurs machte, entschuldigte jede Unordnung mit der Ausrede: „daß diesmal der Dienerfehle.“ Diese Ausrede schien mir doch gar zu naiv, denn wenn ich bezahle, bezahle ich für das, was ich wirklich bekomme, und nicht für das, was ich vielleicht ein andermal bekommen könnte.</p> <p>Die Kost war, wie gesagt, sehr schlecht, — was am ersten Tische übrig blieb, wurde uns Armen gesandt. Zwei, drei Gerichte lagen oft in brüderlicher Eintracht auf einer Schüssel, selbst wenn ihre Charaktere nicht in der geringsten Harmonie standen, — darauf wurde nicht gesehen, eben so wenig, ob die Gerichte kalt oder warm auf den Tisch kamen.</p> <p>Einst war der Hauptkoch während unsers Theezirkels bei besonders guter Laune und sagte: „Ich gebe mir alle Mühe, Sie gut zu nähren, ich hoffe, daß es an nichts gebricht.“ — Von den Gästen antworteten zwei Engländer: „<hi rendition="#aq">O yes, that’s true,</hi>“ der dritte, ein Portugiese, hatte die inhaltsschwere Rede nicht verstanden, — ich als Deutsche, die ich keinen englischen Patriotismus besaß, würde anders geantwortet haben, wäre ich nicht Frau gewesen und hätte ich es dadurch besser gemacht.</p> <p>Die Beleuchtung bestand aus einem Stückchen Unschlittkerze, das oft schon um acht Uhr zu Ende ging. Man war dann gezwungen, entweder im finstern zu sitzen oder zu Bette zu gehen.</p> <p>Des Morgens diente die Cajüte noch überdieß zur Barbierstube, des Nachmittags zur Schlafkammer, in der sich die todmüden Köche und Diener auf den Bänken ausstreckten.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0071]
Der erste Koch, welcher die Honeurs machte, entschuldigte jede Unordnung mit der Ausrede: „daß diesmal der Dienerfehle.“ Diese Ausrede schien mir doch gar zu naiv, denn wenn ich bezahle, bezahle ich für das, was ich wirklich bekomme, und nicht für das, was ich vielleicht ein andermal bekommen könnte.
Die Kost war, wie gesagt, sehr schlecht, — was am ersten Tische übrig blieb, wurde uns Armen gesandt. Zwei, drei Gerichte lagen oft in brüderlicher Eintracht auf einer Schüssel, selbst wenn ihre Charaktere nicht in der geringsten Harmonie standen, — darauf wurde nicht gesehen, eben so wenig, ob die Gerichte kalt oder warm auf den Tisch kamen.
Einst war der Hauptkoch während unsers Theezirkels bei besonders guter Laune und sagte: „Ich gebe mir alle Mühe, Sie gut zu nähren, ich hoffe, daß es an nichts gebricht.“ — Von den Gästen antworteten zwei Engländer: „O yes, that’s true,“ der dritte, ein Portugiese, hatte die inhaltsschwere Rede nicht verstanden, — ich als Deutsche, die ich keinen englischen Patriotismus besaß, würde anders geantwortet haben, wäre ich nicht Frau gewesen und hätte ich es dadurch besser gemacht.
Die Beleuchtung bestand aus einem Stückchen Unschlittkerze, das oft schon um acht Uhr zu Ende ging. Man war dann gezwungen, entweder im finstern zu sitzen oder zu Bette zu gehen.
Des Morgens diente die Cajüte noch überdieß zur Barbierstube, des Nachmittags zur Schlafkammer, in der sich die todmüden Köche und Diener auf den Bänken ausstreckten.
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