Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Nachdem wir alles mit Muße besichtiget hatten, machten wir uns auf den Rückweg und gelangten unangefochten nach Hause. Nicht so gut ging es mir einige Tage später bei dem Besuche einer Theefabrik. Der Eigenthümer selbst führte mich in die Arbeitslokale, die aus großen, hohen Hallen bestanden, worin an 600 Leute, darunter viel alte Weiber und Kinder, beschäftiget waren. Mein Eintritt erregte eine vollkommene Revolte. Alt und Jung stand von der Arbeit auf, die Großen hoben die Kleinen in die Höhe und wiesen mit Fingern nach mir; bald drängte das ganze Volk auf mich ein und erhob ein so fürchterliches Geschrei, daß mir beinahe anfing bange zu werden. Der Fabriksherr und die Aufseher hatten gewaltig zu thun, den Schwarm von mir abzuhalten, und man bat mich, nur alles in Eile anzusehen und dann das Gebäude gleich zu verlassen. Ich konnte daher nur oberflächlich beobachten, daß die Theeblätter auf einige Augenblicke in kochendes Wasser gegeben werden, darauf kommen sie in eiserne, schief eingemauerte, flache Pfannen, werden bei geringer Wärme etwas geröstet und dabei stets mit der Hand aufgemischt. Wenn sie anfangen sich ein wenig zu krausen, wirft man sie auf große Bretter und rollt jedes einzelne Blatt zusammen. Diese Arbeit geht so schnell vor sich, daß man sehr genau aufpassen muß, um zu sehen, wie auch wirklich nur ein Blättchen genommen wird. Die ganze Masse kommt hierauf wieder in die Pfanne. Der sogenannte "schwarze Thee" wird länger geröstet und der "grüne Thee" häufig mit Berlinerblau gefärbt, indem man Nachdem wir alles mit Muße besichtiget hatten, machten wir uns auf den Rückweg und gelangten unangefochten nach Hause. Nicht so gut ging es mir einige Tage später bei dem Besuche einer Theefabrik. Der Eigenthümer selbst führte mich in die Arbeitslokale, die aus großen, hohen Hallen bestanden, worin an 600 Leute, darunter viel alte Weiber und Kinder, beschäftiget waren. Mein Eintritt erregte eine vollkommene Revolte. Alt und Jung stand von der Arbeit auf, die Großen hoben die Kleinen in die Höhe und wiesen mit Fingern nach mir; bald drängte das ganze Volk auf mich ein und erhob ein so fürchterliches Geschrei, daß mir beinahe anfing bange zu werden. Der Fabriksherr und die Aufseher hatten gewaltig zu thun, den Schwarm von mir abzuhalten, und man bat mich, nur alles in Eile anzusehen und dann das Gebäude gleich zu verlassen. Ich konnte daher nur oberflächlich beobachten, daß die Theeblätter auf einige Augenblicke in kochendes Wasser gegeben werden, darauf kommen sie in eiserne, schief eingemauerte, flache Pfannen, werden bei geringer Wärme etwas geröstet und dabei stets mit der Hand aufgemischt. Wenn sie anfangen sich ein wenig zu krausen, wirft man sie auf große Bretter und rollt jedes einzelne Blatt zusammen. Diese Arbeit geht so schnell vor sich, daß man sehr genau aufpassen muß, um zu sehen, wie auch wirklich nur ein Blättchen genommen wird. Die ganze Masse kommt hierauf wieder in die Pfanne. Der sogenannte „schwarze Thee“ wird länger geröstet und der „grüne Thee“ häufig mit Berlinerblau gefärbt, indem man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0060" n="53"/> <p>Nachdem wir alles mit Muße besichtiget hatten, machten wir uns auf den Rückweg und gelangten unangefochten nach Hause.</p> <p>Nicht so gut ging es mir einige Tage später bei dem Besuche einer Theefabrik. Der Eigenthümer selbst führte mich in die Arbeitslokale, die aus großen, hohen Hallen bestanden, worin an 600 Leute, darunter viel alte Weiber und Kinder, beschäftiget waren. Mein Eintritt erregte eine vollkommene Revolte. Alt und Jung stand von der Arbeit auf, die Großen hoben die Kleinen in die Höhe und wiesen mit Fingern nach mir; bald drängte das ganze Volk auf mich ein und erhob ein so fürchterliches Geschrei, daß mir beinahe anfing bange zu werden. Der Fabriksherr und die Aufseher hatten gewaltig zu thun, den Schwarm von mir abzuhalten, und man bat mich, nur alles in Eile anzusehen und dann das Gebäude gleich zu verlassen.</p> <p>Ich konnte daher nur oberflächlich beobachten, daß die Theeblätter auf einige Augenblicke in kochendes Wasser gegeben werden, darauf kommen sie in eiserne, schief eingemauerte, flache Pfannen, werden bei geringer Wärme etwas geröstet und dabei stets mit der Hand aufgemischt. Wenn sie anfangen sich ein wenig zu krausen, wirft man sie auf große Bretter und rollt jedes einzelne Blatt zusammen. Diese Arbeit geht so schnell vor sich, daß man sehr genau aufpassen muß, um zu sehen, wie auch wirklich nur ein Blättchen genommen wird. Die ganze Masse kommt hierauf wieder in die Pfanne. Der sogenannte „schwarze Thee“ wird länger geröstet und der „grüne Thee“ häufig mit Berlinerblau gefärbt, indem man </p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0060]
Nachdem wir alles mit Muße besichtiget hatten, machten wir uns auf den Rückweg und gelangten unangefochten nach Hause.
Nicht so gut ging es mir einige Tage später bei dem Besuche einer Theefabrik. Der Eigenthümer selbst führte mich in die Arbeitslokale, die aus großen, hohen Hallen bestanden, worin an 600 Leute, darunter viel alte Weiber und Kinder, beschäftiget waren. Mein Eintritt erregte eine vollkommene Revolte. Alt und Jung stand von der Arbeit auf, die Großen hoben die Kleinen in die Höhe und wiesen mit Fingern nach mir; bald drängte das ganze Volk auf mich ein und erhob ein so fürchterliches Geschrei, daß mir beinahe anfing bange zu werden. Der Fabriksherr und die Aufseher hatten gewaltig zu thun, den Schwarm von mir abzuhalten, und man bat mich, nur alles in Eile anzusehen und dann das Gebäude gleich zu verlassen.
Ich konnte daher nur oberflächlich beobachten, daß die Theeblätter auf einige Augenblicke in kochendes Wasser gegeben werden, darauf kommen sie in eiserne, schief eingemauerte, flache Pfannen, werden bei geringer Wärme etwas geröstet und dabei stets mit der Hand aufgemischt. Wenn sie anfangen sich ein wenig zu krausen, wirft man sie auf große Bretter und rollt jedes einzelne Blatt zusammen. Diese Arbeit geht so schnell vor sich, daß man sehr genau aufpassen muß, um zu sehen, wie auch wirklich nur ein Blättchen genommen wird. Die ganze Masse kommt hierauf wieder in die Pfanne. Der sogenannte „schwarze Thee“ wird länger geröstet und der „grüne Thee“ häufig mit Berlinerblau gefärbt, indem man
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |