Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite


Kasten sind eben so sehr an ihre Wohnungen gefesselt wie die Chinesinnen. Das einzige Vergnügen, das der strenge Gemahl seiner Gattin von Zeit zu Zeit erlaubt, ist, daß sie sich in einem dicht verschlossenen Palankin zu einer Freundin oder Verwandten begeben darf. Nur während der kurzen Mädchenzeit haben sie ein wenig mehr Freiheit.

Ein Hindu kann mehrere Frauen nehmen; doch sollen davon nur wenige Beispiele vorkommen.

Die Verwandten des Mannes wohnen wo möglich in demselben Hause; jede Familie führt jedoch ihren eigenen Haushalt. Die größeren Knaben dürfen mit den Vätern speisen; den Weibern, Töchtern und kleineren Kindern ist es verboten, bei der Mahlzeit der Männer gegenwärtig zu sein.

Beide Geschlechter lieben das Tabakrauchen sehr. Das Gefäß, woraus sie rauchen, ist eine Wasserpfeife und heißt Huka.

Zu Ende des Besuches wartete man mir mit vielen Süßigkeiten, Früchten, Rosinen u. dgl. auf. Die Süßigkeiten bestanden meist aus Zucker, Mandeln und Fett, schmeckten aber nicht sehr gut, da das Fett zu sehr die Oberhand hatte.

Bevor ich das Haus verließ, besah ich noch im untern Geschosse den Saal, in welchem jährlich einmal der häusliche Gottesdienst, Natsch genannt, abgehalten wird. Dieses Fest, das größte der Hindus, fällt zu Anfang des Monats Oktober und währt 14 Tage. Während dieser Zeit verrichtet der reichste wie der ärmste kein Geschäft, keine Arbeit. Der Herr schließt seine Buden und Magazine, der Diener schafft Stellvertreter, die er gewöhnlich


Kasten sind eben so sehr an ihre Wohnungen gefesselt wie die Chinesinnen. Das einzige Vergnügen, das der strenge Gemahl seiner Gattin von Zeit zu Zeit erlaubt, ist, daß sie sich in einem dicht verschlossenen Palankin zu einer Freundin oder Verwandten begeben darf. Nur während der kurzen Mädchenzeit haben sie ein wenig mehr Freiheit.

Ein Hindu kann mehrere Frauen nehmen; doch sollen davon nur wenige Beispiele vorkommen.

Die Verwandten des Mannes wohnen wo möglich in demselben Hause; jede Familie führt jedoch ihren eigenen Haushalt. Die größeren Knaben dürfen mit den Vätern speisen; den Weibern, Töchtern und kleineren Kindern ist es verboten, bei der Mahlzeit der Männer gegenwärtig zu sein.

Beide Geschlechter lieben das Tabakrauchen sehr. Das Gefäß, woraus sie rauchen, ist eine Wasserpfeife und heißt Huka.

Zu Ende des Besuches wartete man mir mit vielen Süßigkeiten, Früchten, Rosinen u. dgl. auf. Die Süßigkeiten bestanden meist aus Zucker, Mandeln und Fett, schmeckten aber nicht sehr gut, da das Fett zu sehr die Oberhand hatte.

Bevor ich das Haus verließ, besah ich noch im untern Geschosse den Saal, in welchem jährlich einmal der häusliche Gottesdienst, Natsch genannt, abgehalten wird. Dieses Fest, das größte der Hindus, fällt zu Anfang des Monats Oktober und währt 14 Tage. Während dieser Zeit verrichtet der reichste wie der ärmste kein Geschäft, keine Arbeit. Der Herr schließt seine Buden und Magazine, der Diener schafft Stellvertreter, die er gewöhnlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0145" n="138"/><lb/>
Kasten sind eben so sehr an ihre Wohnungen gefesselt wie die Chinesinnen. Das einzige Vergnügen, das der strenge Gemahl seiner Gattin von Zeit zu Zeit erlaubt, ist, daß sie sich in einem dicht verschlossenen Palankin zu einer Freundin oder Verwandten begeben darf. Nur während der kurzen Mädchenzeit haben sie ein wenig mehr Freiheit.</p>
          <p>Ein Hindu kann mehrere Frauen nehmen; doch sollen davon nur wenige Beispiele vorkommen.</p>
          <p>Die Verwandten des Mannes wohnen wo möglich in demselben Hause; jede Familie führt jedoch ihren eigenen Haushalt. Die größeren Knaben dürfen mit den Vätern speisen; den Weibern, Töchtern und kleineren Kindern ist es verboten, bei der Mahlzeit der Männer gegenwärtig zu sein.</p>
          <p>Beide Geschlechter lieben das Tabakrauchen sehr. Das Gefäß, woraus sie rauchen, ist eine Wasserpfeife und heißt Huka.</p>
          <p>Zu Ende des Besuches wartete man mir mit vielen Süßigkeiten, Früchten, Rosinen u. dgl. auf. Die Süßigkeiten bestanden meist aus Zucker, Mandeln und Fett, schmeckten aber nicht sehr gut, da das Fett zu sehr die Oberhand hatte.</p>
          <p>Bevor ich das Haus verließ, besah ich noch im untern Geschosse den Saal, in welchem jährlich einmal der häusliche Gottesdienst, Natsch genannt, abgehalten wird. Dieses Fest, das größte der Hindus, fällt zu Anfang des Monats Oktober und währt 14 Tage. Während dieser Zeit verrichtet der reichste wie der ärmste kein Geschäft, keine Arbeit. Der Herr schließt seine Buden und Magazine, der Diener schafft Stellvertreter, die er gewöhnlich
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0145] Kasten sind eben so sehr an ihre Wohnungen gefesselt wie die Chinesinnen. Das einzige Vergnügen, das der strenge Gemahl seiner Gattin von Zeit zu Zeit erlaubt, ist, daß sie sich in einem dicht verschlossenen Palankin zu einer Freundin oder Verwandten begeben darf. Nur während der kurzen Mädchenzeit haben sie ein wenig mehr Freiheit. Ein Hindu kann mehrere Frauen nehmen; doch sollen davon nur wenige Beispiele vorkommen. Die Verwandten des Mannes wohnen wo möglich in demselben Hause; jede Familie führt jedoch ihren eigenen Haushalt. Die größeren Knaben dürfen mit den Vätern speisen; den Weibern, Töchtern und kleineren Kindern ist es verboten, bei der Mahlzeit der Männer gegenwärtig zu sein. Beide Geschlechter lieben das Tabakrauchen sehr. Das Gefäß, woraus sie rauchen, ist eine Wasserpfeife und heißt Huka. Zu Ende des Besuches wartete man mir mit vielen Süßigkeiten, Früchten, Rosinen u. dgl. auf. Die Süßigkeiten bestanden meist aus Zucker, Mandeln und Fett, schmeckten aber nicht sehr gut, da das Fett zu sehr die Oberhand hatte. Bevor ich das Haus verließ, besah ich noch im untern Geschosse den Saal, in welchem jährlich einmal der häusliche Gottesdienst, Natsch genannt, abgehalten wird. Dieses Fest, das größte der Hindus, fällt zu Anfang des Monats Oktober und währt 14 Tage. Während dieser Zeit verrichtet der reichste wie der ärmste kein Geschäft, keine Arbeit. Der Herr schließt seine Buden und Magazine, der Diener schafft Stellvertreter, die er gewöhnlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/145
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/145>, abgerufen am 27.04.2024.