Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Brillanten. Man gab es mir in die Hand -- es wog gewiß ein halbes Pfund. Um die Lenden hatten sie schwere Goldketten dreimal geschlungen. Auch die Knöchel der Füße waren mit Goldspangen und Ketten umfaßt, die Füße selbst mit Henne rothbraun gefärbt. Die Frauen brachten ihre Schmuckkästchen herbei und zeigten mir noch viel andere Kostbarkeiten. Der Hindu muß in Schmuck, in Gold- und Silbergesticktem Daccaer Musselin viel verschwenden, da jede reiche Frau die andere darin überbieten will. Die beiden Frauen waren im höchsten Staate; sie hatten meinen Besuch erwartet und wollten sich mir in voller indischer Pracht zeigen. Der Baboo führte mich auch in die innern Gemächer, deren Fenster nach dem Hofe zu lagen. Einige Zimmer waren nur mit Teppichen und Polstern belegt, da der Hindu im allgemeinen Stühle und Betten nicht liebt; in andern standen einige europäische Möbel, als: Tische, Stühle, Schränke, sogar Bettstellen. Mit besonderer Freude wurde mir ein Gläserkasten gezeigt, der Puppen, Wagen, Pferdchen und anderes Spielwerk enthielt, an welchem sich die Kinder und Frauen gar sehr erlustigten; letztere jedoch spielen noch leidenschaftlicher mit Karten. In die Zimmer, deren Fenster nach der Straße gehen, darf keine Frau treten, denn sie könnte aus den gegenüberliegenden Fenstern von einem Manne erblickt werden. Die jugendliche Braut benützte noch ihre Freiheit: sie hüpfte schnell vor uns hinein ans offne Fenster, um einen Blick auf die belebten Straßen zu werfen. Die Weiber der reichen Hindus oder der höhern Brillanten. Man gab es mir in die Hand — es wog gewiß ein halbes Pfund. Um die Lenden hatten sie schwere Goldketten dreimal geschlungen. Auch die Knöchel der Füße waren mit Goldspangen und Ketten umfaßt, die Füße selbst mit Henne rothbraun gefärbt. Die Frauen brachten ihre Schmuckkästchen herbei und zeigten mir noch viel andere Kostbarkeiten. Der Hindu muß in Schmuck, in Gold- und Silbergesticktem Daccaer Musselin viel verschwenden, da jede reiche Frau die andere darin überbieten will. Die beiden Frauen waren im höchsten Staate; sie hatten meinen Besuch erwartet und wollten sich mir in voller indischer Pracht zeigen. Der Baboo führte mich auch in die innern Gemächer, deren Fenster nach dem Hofe zu lagen. Einige Zimmer waren nur mit Teppichen und Polstern belegt, da der Hindu im allgemeinen Stühle und Betten nicht liebt; in andern standen einige europäische Möbel, als: Tische, Stühle, Schränke, sogar Bettstellen. Mit besonderer Freude wurde mir ein Gläserkasten gezeigt, der Puppen, Wagen, Pferdchen und anderes Spielwerk enthielt, an welchem sich die Kinder und Frauen gar sehr erlustigten; letztere jedoch spielen noch leidenschaftlicher mit Karten. In die Zimmer, deren Fenster nach der Straße gehen, darf keine Frau treten, denn sie könnte aus den gegenüberliegenden Fenstern von einem Manne erblickt werden. Die jugendliche Braut benützte noch ihre Freiheit: sie hüpfte schnell vor uns hinein ans offne Fenster, um einen Blick auf die belebten Straßen zu werfen. Die Weiber der reichen Hindus oder der höhern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="137"/> Brillanten. Man gab es mir in die Hand — es wog gewiß ein halbes Pfund. Um die Lenden hatten sie schwere Goldketten dreimal geschlungen. Auch die Knöchel der Füße waren mit Goldspangen und Ketten umfaßt, die Füße selbst mit Henne rothbraun gefärbt.</p> <p>Die Frauen brachten ihre Schmuckkästchen herbei und zeigten mir noch viel andere Kostbarkeiten. Der Hindu muß in Schmuck, in Gold- und Silbergesticktem Daccaer Musselin viel verschwenden, da jede reiche Frau die andere darin überbieten will.</p> <p>Die beiden Frauen waren im höchsten Staate; sie hatten meinen Besuch erwartet und wollten sich mir in voller indischer Pracht zeigen.</p> <p>Der Baboo führte mich auch in die innern Gemächer, deren Fenster nach dem Hofe zu lagen. Einige Zimmer waren nur mit Teppichen und Polstern belegt, da der Hindu im allgemeinen Stühle und Betten nicht liebt; in andern standen einige europäische Möbel, als: Tische, Stühle, Schränke, sogar Bettstellen. Mit besonderer Freude wurde mir ein Gläserkasten gezeigt, der Puppen, Wagen, Pferdchen und anderes Spielwerk enthielt, an welchem sich die Kinder und Frauen gar sehr erlustigten; letztere jedoch spielen noch leidenschaftlicher mit Karten.</p> <p>In die Zimmer, deren Fenster nach der Straße gehen, darf keine Frau treten, denn sie könnte aus den gegenüberliegenden Fenstern von einem Manne erblickt werden. Die jugendliche Braut benützte noch ihre Freiheit: sie hüpfte schnell vor uns hinein ans offne Fenster, um einen Blick auf die belebten Straßen zu werfen.</p> <p>Die Weiber der reichen Hindus oder der höhern</p> <p> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0144]
Brillanten. Man gab es mir in die Hand — es wog gewiß ein halbes Pfund. Um die Lenden hatten sie schwere Goldketten dreimal geschlungen. Auch die Knöchel der Füße waren mit Goldspangen und Ketten umfaßt, die Füße selbst mit Henne rothbraun gefärbt.
Die Frauen brachten ihre Schmuckkästchen herbei und zeigten mir noch viel andere Kostbarkeiten. Der Hindu muß in Schmuck, in Gold- und Silbergesticktem Daccaer Musselin viel verschwenden, da jede reiche Frau die andere darin überbieten will.
Die beiden Frauen waren im höchsten Staate; sie hatten meinen Besuch erwartet und wollten sich mir in voller indischer Pracht zeigen.
Der Baboo führte mich auch in die innern Gemächer, deren Fenster nach dem Hofe zu lagen. Einige Zimmer waren nur mit Teppichen und Polstern belegt, da der Hindu im allgemeinen Stühle und Betten nicht liebt; in andern standen einige europäische Möbel, als: Tische, Stühle, Schränke, sogar Bettstellen. Mit besonderer Freude wurde mir ein Gläserkasten gezeigt, der Puppen, Wagen, Pferdchen und anderes Spielwerk enthielt, an welchem sich die Kinder und Frauen gar sehr erlustigten; letztere jedoch spielen noch leidenschaftlicher mit Karten.
In die Zimmer, deren Fenster nach der Straße gehen, darf keine Frau treten, denn sie könnte aus den gegenüberliegenden Fenstern von einem Manne erblickt werden. Die jugendliche Braut benützte noch ihre Freiheit: sie hüpfte schnell vor uns hinein ans offne Fenster, um einen Blick auf die belebten Straßen zu werfen.
Die Weiber der reichen Hindus oder der höhern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |