Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Spalier. Von dem Reichthume und der Ueberfülle an Goldstickereien, an Epauletten, schön gefaßten Orden u. s. w. kann man sich wirklich keinen Begriff machen, und ich glaube kaum, daß man an irgend einem Hofe Europa's Aehnliches sehen dürfte.

Während des Hochamtes versammelten sich die Gesandten der auswärtigen Mächte, so wie die hoffähigen Kavaliere und Damen im Pallaste, woselbst nach der Rückkehr des Kaisers allgemeiner Handkuß stattfand. Die Gesandten nahmen jedoch keinen Theil daran, sie machten nur einfache Verbeugungen.

Man konnte diese erhebende Feierlichkeit ganz bequem von dem Platze aus sehen, da die Fenster sehr niedrig sind und überdies geöffnet waren.

Auf den kaiserlichen Schiffen, mitunter auch auf andern, werden bei dergleichen Festen fortwährend Kanonen abgefeuert.

Am 2. November, am Armen-Seelen-Tage, sah ich wieder Feste anderer Art, -- Kirchenfeste; -- in diesen Tagen wandert Jung und Alt von einer Kirche zur andern, um für die Verstorbenen zu beten.

Es herrscht hier der sonderbare Gebrauch, daß nicht alle Verstorbene auf dem Friedhofe, sondern manche auch gegen besondere Bezahlung in der Kirche selbst begraben werden, zu welchem Zwecke in jeder Kirche besondere Hallen erbaut sind, deren Seitenwände gemauerte Katakomben enthalten. Der Leichman des Verstorbenen wird mit Kalk bestreut, in eine solche Katakombe gelegt, und nach 8 oder 10 Monaten ist das Fleisch verwest. Man nimmt nun die Gebeine heraus, reiniget sie durch Kochen und verwahrt sie in

Spalier. Von dem Reichthume und der Ueberfülle an Goldstickereien, an Epauletten, schön gefaßten Orden u. s. w. kann man sich wirklich keinen Begriff machen, und ich glaube kaum, daß man an irgend einem Hofe Europa’s Aehnliches sehen dürfte.

Während des Hochamtes versammelten sich die Gesandten der auswärtigen Mächte, so wie die hoffähigen Kavaliere und Damen im Pallaste, woselbst nach der Rückkehr des Kaisers allgemeiner Handkuß stattfand. Die Gesandten nahmen jedoch keinen Theil daran, sie machten nur einfache Verbeugungen.

Man konnte diese erhebende Feierlichkeit ganz bequem von dem Platze aus sehen, da die Fenster sehr niedrig sind und überdies geöffnet waren.

Auf den kaiserlichen Schiffen, mitunter auch auf andern, werden bei dergleichen Festen fortwährend Kanonen abgefeuert.

Am 2. November, am Armen-Seelen-Tage, sah ich wieder Feste anderer Art, — Kirchenfeste; — in diesen Tagen wandert Jung und Alt von einer Kirche zur andern, um für die Verstorbenen zu beten.

Es herrscht hier der sonderbare Gebrauch, daß nicht alle Verstorbene auf dem Friedhofe, sondern manche auch gegen besondere Bezahlung in der Kirche selbst begraben werden, zu welchem Zwecke in jeder Kirche besondere Hallen erbaut sind, deren Seitenwände gemauerte Katakomben enthalten. Der Leichman des Verstorbenen wird mit Kalk bestreut, in eine solche Katakombe gelegt, und nach 8 oder 10 Monaten ist das Fleisch verwest. Man nimmt nun die Gebeine heraus, reiniget sie durch Kochen und verwahrt sie in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0050" n="43"/>
Spalier. Von dem Reichthume und der Ueberfülle an Goldstickereien, an Epauletten, schön gefaßten Orden u. s. w. kann man sich wirklich keinen Begriff machen, und ich glaube kaum, daß man an irgend einem Hofe Europa&#x2019;s Aehnliches sehen dürfte.</p>
        <p>   Während des Hochamtes versammelten sich die Gesandten der auswärtigen Mächte, so wie die hoffähigen Kavaliere und Damen im Pallaste, woselbst nach der Rückkehr des Kaisers allgemeiner Handkuß stattfand. Die Gesandten nahmen jedoch keinen Theil daran, sie machten nur einfache Verbeugungen.</p>
        <p>   Man konnte diese <hi rendition="#g">erhebende</hi> Feierlichkeit ganz bequem von dem Platze aus sehen, da die Fenster sehr niedrig sind und überdies geöffnet waren.</p>
        <p>   Auf den kaiserlichen Schiffen, mitunter auch auf andern, werden bei dergleichen Festen fortwährend Kanonen abgefeuert.</p>
        <p>   Am 2. November, am Armen-Seelen-Tage, sah ich wieder Feste anderer Art, &#x2014; Kirchenfeste; &#x2014; in diesen Tagen wandert Jung und Alt von einer Kirche zur andern, um für die Verstorbenen zu beten.</p>
        <p>   Es herrscht hier der sonderbare Gebrauch, daß nicht alle Verstorbene auf dem Friedhofe, sondern manche auch gegen besondere Bezahlung in der Kirche selbst begraben werden, zu welchem Zwecke in jeder Kirche besondere Hallen erbaut sind, deren Seitenwände gemauerte Katakomben enthalten. Der Leichman des Verstorbenen wird mit Kalk bestreut, in eine solche Katakombe gelegt, und nach 8 oder 10 Monaten ist das Fleisch verwest. Man nimmt nun die Gebeine heraus, reiniget sie durch Kochen und verwahrt sie in
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0050] Spalier. Von dem Reichthume und der Ueberfülle an Goldstickereien, an Epauletten, schön gefaßten Orden u. s. w. kann man sich wirklich keinen Begriff machen, und ich glaube kaum, daß man an irgend einem Hofe Europa’s Aehnliches sehen dürfte. Während des Hochamtes versammelten sich die Gesandten der auswärtigen Mächte, so wie die hoffähigen Kavaliere und Damen im Pallaste, woselbst nach der Rückkehr des Kaisers allgemeiner Handkuß stattfand. Die Gesandten nahmen jedoch keinen Theil daran, sie machten nur einfache Verbeugungen. Man konnte diese erhebende Feierlichkeit ganz bequem von dem Platze aus sehen, da die Fenster sehr niedrig sind und überdies geöffnet waren. Auf den kaiserlichen Schiffen, mitunter auch auf andern, werden bei dergleichen Festen fortwährend Kanonen abgefeuert. Am 2. November, am Armen-Seelen-Tage, sah ich wieder Feste anderer Art, — Kirchenfeste; — in diesen Tagen wandert Jung und Alt von einer Kirche zur andern, um für die Verstorbenen zu beten. Es herrscht hier der sonderbare Gebrauch, daß nicht alle Verstorbene auf dem Friedhofe, sondern manche auch gegen besondere Bezahlung in der Kirche selbst begraben werden, zu welchem Zwecke in jeder Kirche besondere Hallen erbaut sind, deren Seitenwände gemauerte Katakomben enthalten. Der Leichman des Verstorbenen wird mit Kalk bestreut, in eine solche Katakombe gelegt, und nach 8 oder 10 Monaten ist das Fleisch verwest. Man nimmt nun die Gebeine heraus, reiniget sie durch Kochen und verwahrt sie in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/50
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/50>, abgerufen am 20.04.2024.