Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.werden, ohne von seinem Herrn einen Schein zu haben, daß er in dessen Auftrage gehe. Ertappt man ihn ohne Schein, so kommt er augenblicklich in das Strafhaus, wo ihm der Kopf geschoren wird, und er so lange bleiben muß, bis ihn sein Herr gegen Erlegung von 4 -- 5 Milreis*) auslöst. In Folge dieser Einrichtung kann man mit ziemlicher Sicherheit zu jeder Stunde der Nacht auf der Straße gehen. Eine der größten Unannehmlichkeiten Rio de Janeiro's ist der gänzliche Mangel an Abzugsgräben. Bei starken Regengüssen ist jede Straße ein förmlicher Strom, über welchen man zu Fuß nicht setzen kann; man muß sich von Negern hinüber tragen lassen. Gewöhnlich hört da aller Verkehr auf, die Straßen sind verödet, keiner Einladung wird Folge geleistet, ja selbst die Wechsel werden an solchen Tagen nicht eingelöst. Einen Wagen zu miethen entschließt man sich sehr schwer, da hier der alberne Gebrauch herrscht, für eine kurze Fahrt eben so viel zu bezahlen, als benütze man den Wagen für den ganzen Tag; eines wie das andere kostet 6 Milreis. Die Wagen sind halbgedeckt, mit einem Sitze für zwei Personen, mit zwei Maulthieren bespannt, auf deren einem der Kutscher reitet. Nach englischer Art und mit Pferden findet man Wagen und Bespannung nur sehr selten. Was die Künste und Wissenschaften betrifft, so will ich nur mit wenigen Worten der Akademie der bildenden Künste, des Museums, des Theaters u. s. w. erwähnen. In der Akademie der bildenden Künste sieht *) Ein Milreis ist nach österreichischem Gelde 1 fl. 8 kr.
werden, ohne von seinem Herrn einen Schein zu haben, daß er in dessen Auftrage gehe. Ertappt man ihn ohne Schein, so kommt er augenblicklich in das Strafhaus, wo ihm der Kopf geschoren wird, und er so lange bleiben muß, bis ihn sein Herr gegen Erlegung von 4 — 5 Milreis*) auslöst. In Folge dieser Einrichtung kann man mit ziemlicher Sicherheit zu jeder Stunde der Nacht auf der Straße gehen. Eine der größten Unannehmlichkeiten Rio de Janeiro’s ist der gänzliche Mangel an Abzugsgräben. Bei starken Regengüssen ist jede Straße ein förmlicher Strom, über welchen man zu Fuß nicht setzen kann; man muß sich von Negern hinüber tragen lassen. Gewöhnlich hört da aller Verkehr auf, die Straßen sind verödet, keiner Einladung wird Folge geleistet, ja selbst die Wechsel werden an solchen Tagen nicht eingelöst. Einen Wagen zu miethen entschließt man sich sehr schwer, da hier der alberne Gebrauch herrscht, für eine kurze Fahrt eben so viel zu bezahlen, als benütze man den Wagen für den ganzen Tag; eines wie das andere kostet 6 Milreis. Die Wagen sind halbgedeckt, mit einem Sitze für zwei Personen, mit zwei Maulthieren bespannt, auf deren einem der Kutscher reitet. Nach englischer Art und mit Pferden findet man Wagen und Bespannung nur sehr selten. Was die Künste und Wissenschaften betrifft, so will ich nur mit wenigen Worten der Akademie der bildenden Künste, des Museums, des Theaters u. s. w. erwähnen. In der Akademie der bildenden Künste sieht *) Ein Milreis ist nach österreichischem Gelde 1 fl. 8 kr.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0045" n="38"/> werden, ohne von seinem Herrn einen Schein zu haben, daß er in dessen Auftrage gehe. Ertappt man ihn ohne Schein, so kommt er augenblicklich in das Strafhaus, wo ihm der Kopf geschoren wird, und er so lange bleiben muß, bis ihn sein Herr gegen Erlegung von 4 — 5 Milreis<note place="foot" n="*)">Ein Milreis ist nach österreichischem Gelde 1 fl. 8 kr.</note> auslöst. In Folge dieser Einrichtung kann man mit ziemlicher Sicherheit zu jeder Stunde der Nacht auf der Straße gehen.</p> <p> Eine der größten Unannehmlichkeiten Rio de Janeiro’s ist der gänzliche Mangel an Abzugsgräben. Bei starken Regengüssen ist jede Straße ein förmlicher Strom, über welchen man zu Fuß nicht setzen kann; man muß sich von Negern hinüber tragen lassen. Gewöhnlich hört da aller Verkehr auf, die Straßen sind verödet, keiner Einladung wird Folge geleistet, ja selbst die Wechsel werden an solchen Tagen nicht eingelöst. Einen Wagen zu miethen entschließt man sich sehr schwer, da hier der alberne Gebrauch herrscht, für eine kurze Fahrt eben so viel zu bezahlen, als benütze man den Wagen für den ganzen Tag; eines wie das andere kostet 6 Milreis. Die Wagen sind halbgedeckt, mit einem Sitze für zwei Personen, mit zwei Maulthieren bespannt, auf deren einem der Kutscher reitet. Nach englischer Art und mit Pferden findet man Wagen und Bespannung nur sehr selten.</p> <p> Was die Künste und Wissenschaften betrifft, so will ich nur mit wenigen Worten der <hi rendition="#g">Akademie</hi> der bildenden Künste, des <hi rendition="#g">Museums</hi>, des <hi rendition="#g">Theaters</hi> u. s. w. erwähnen. In der Akademie der bildenden Künste sieht </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0045]
werden, ohne von seinem Herrn einen Schein zu haben, daß er in dessen Auftrage gehe. Ertappt man ihn ohne Schein, so kommt er augenblicklich in das Strafhaus, wo ihm der Kopf geschoren wird, und er so lange bleiben muß, bis ihn sein Herr gegen Erlegung von 4 — 5 Milreis *) auslöst. In Folge dieser Einrichtung kann man mit ziemlicher Sicherheit zu jeder Stunde der Nacht auf der Straße gehen.
Eine der größten Unannehmlichkeiten Rio de Janeiro’s ist der gänzliche Mangel an Abzugsgräben. Bei starken Regengüssen ist jede Straße ein förmlicher Strom, über welchen man zu Fuß nicht setzen kann; man muß sich von Negern hinüber tragen lassen. Gewöhnlich hört da aller Verkehr auf, die Straßen sind verödet, keiner Einladung wird Folge geleistet, ja selbst die Wechsel werden an solchen Tagen nicht eingelöst. Einen Wagen zu miethen entschließt man sich sehr schwer, da hier der alberne Gebrauch herrscht, für eine kurze Fahrt eben so viel zu bezahlen, als benütze man den Wagen für den ganzen Tag; eines wie das andere kostet 6 Milreis. Die Wagen sind halbgedeckt, mit einem Sitze für zwei Personen, mit zwei Maulthieren bespannt, auf deren einem der Kutscher reitet. Nach englischer Art und mit Pferden findet man Wagen und Bespannung nur sehr selten.
Was die Künste und Wissenschaften betrifft, so will ich nur mit wenigen Worten der Akademie der bildenden Künste, des Museums, des Theaters u. s. w. erwähnen. In der Akademie der bildenden Künste sieht
*) Ein Milreis ist nach österreichischem Gelde 1 fl. 8 kr.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/45 |
Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/45>, abgerufen am 22.07.2024. |