Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.der Kunst des Harpunirens zu unerfahren, der Wurf ging fehl, und das Wunderbare dabei war, daß die Thiere wie mit einem Zauberschlage verschwanden, und auf mehrere Tage nicht mehr zum Vorscheine kamen; es war, als ob sie sich einander zugeflüstert und vor der drohenden Gefahr gewarnt hätten. Desto häufiger kam ein anderes Geschöpf des Meeres zum Vorscheine, die herrliche Molluske Physolide, in der Schiffersprache "portugiesisches Segelschiff" genannt. Auf der Oberfläche des Meeres schwimmend gleicht sie mit ihrem länglichen Kamme, den sie auf- und niederlegen kann, wirklich einem kleinen, zierlichen Segler. Ich hätte mir gerne eines dieser Thierchen verschafft; aber es zu erhaschen war nur mittelst eines Netzes möglich, und ich hatte keines, auch nicht einmal Nadel und Bindfaden, um mir schnell eines zu verfestigen. Die Noth aber macht erfinderisch, ich schnitzte eine Nadel aus Holz, drehte einen groben Bindfaden auf, und nach einigen Stunden hatte ich ein Netz. Bald war auch eine Molluske gefangen und in ein mit Seewasser gefülltes Gefäß gesetzt. Der Körper des Thierchens ist bei 6 Zoll lang und 2 Zoll hoch; über den ganzen Rücken zieht sich der Kamm, der in der Mitte, wo er am höchsten ist, bei 1 1/2 Zoll mißt. Kamm und Körper sind durchsichtig und wie angehaucht von blasser Rosafarbe; an dem Unterkörper, der violett gefärbt ist, hängen viele Fäden oder Arme von derselben Farbe. Ich hing das Thierchen außerhalb des Schiffes am Stern auf, um es zu trocknen; einige der Fäden reichten bis in die See (eine Tiefe von wenigstens 12 Fuß), der Kunst des Harpunirens zu unerfahren, der Wurf ging fehl, und das Wunderbare dabei war, daß die Thiere wie mit einem Zauberschlage verschwanden, und auf mehrere Tage nicht mehr zum Vorscheine kamen; es war, als ob sie sich einander zugeflüstert und vor der drohenden Gefahr gewarnt hätten. Desto häufiger kam ein anderes Geschöpf des Meeres zum Vorscheine, die herrliche Molluske Physolide, in der Schiffersprache „portugiesisches Segelschiff“ genannt. Auf der Oberfläche des Meeres schwimmend gleicht sie mit ihrem länglichen Kamme, den sie auf- und niederlegen kann, wirklich einem kleinen, zierlichen Segler. Ich hätte mir gerne eines dieser Thierchen verschafft; aber es zu erhaschen war nur mittelst eines Netzes möglich, und ich hatte keines, auch nicht einmal Nadel und Bindfaden, um mir schnell eines zu verfestigen. Die Noth aber macht erfinderisch, ich schnitzte eine Nadel aus Holz, drehte einen groben Bindfaden auf, und nach einigen Stunden hatte ich ein Netz. Bald war auch eine Molluske gefangen und in ein mit Seewasser gefülltes Gefäß gesetzt. Der Körper des Thierchens ist bei 6 Zoll lang und 2 Zoll hoch; über den ganzen Rücken zieht sich der Kamm, der in der Mitte, wo er am höchsten ist, bei 1 1/2 Zoll mißt. Kamm und Körper sind durchsichtig und wie angehaucht von blasser Rosafarbe; an dem Unterkörper, der violett gefärbt ist, hängen viele Fäden oder Arme von derselben Farbe. Ich hing das Thierchen außerhalb des Schiffes am Stern auf, um es zu trocknen; einige der Fäden reichten bis in die See (eine Tiefe von wenigstens 12 Fuß), <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="18"/> der Kunst des Harpunirens zu unerfahren, der Wurf ging fehl, und das Wunderbare dabei war, daß die Thiere wie mit einem Zauberschlage verschwanden, und auf mehrere Tage nicht mehr zum Vorscheine kamen; es war, als ob sie sich einander zugeflüstert und vor der drohenden Gefahr gewarnt hätten.</p> <p> Desto häufiger kam ein anderes Geschöpf des Meeres zum Vorscheine, die herrliche Molluske <hi rendition="#g">Physolide</hi>, in der Schiffersprache „<hi rendition="#g">portugiesisches Segelschiff</hi>“ genannt. Auf der Oberfläche des Meeres schwimmend gleicht sie mit ihrem länglichen Kamme, den sie auf- und niederlegen kann, wirklich einem kleinen, zierlichen Segler. Ich hätte mir gerne eines dieser Thierchen verschafft; aber es zu erhaschen war nur mittelst eines Netzes möglich, und ich hatte keines, auch nicht einmal Nadel und Bindfaden, um mir schnell eines zu verfestigen. Die Noth aber macht erfinderisch, ich schnitzte eine Nadel aus Holz, drehte einen groben Bindfaden auf, und nach einigen Stunden hatte ich ein Netz. Bald war auch eine Molluske gefangen und in ein mit Seewasser gefülltes Gefäß gesetzt. Der Körper des Thierchens ist bei 6 Zoll lang und 2 Zoll hoch; über den ganzen Rücken zieht sich der Kamm, der in der Mitte, wo er am höchsten ist, bei 1 1/2 Zoll mißt. Kamm und Körper sind durchsichtig und wie angehaucht von blasser Rosafarbe; an dem Unterkörper, der violett gefärbt ist, hängen viele Fäden oder Arme von derselben Farbe.</p> <p> Ich hing das Thierchen außerhalb des Schiffes am Stern auf, um es zu trocknen; einige der Fäden reichten bis in die See (eine Tiefe von wenigstens 12 Fuß), </p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0025]
der Kunst des Harpunirens zu unerfahren, der Wurf ging fehl, und das Wunderbare dabei war, daß die Thiere wie mit einem Zauberschlage verschwanden, und auf mehrere Tage nicht mehr zum Vorscheine kamen; es war, als ob sie sich einander zugeflüstert und vor der drohenden Gefahr gewarnt hätten.
Desto häufiger kam ein anderes Geschöpf des Meeres zum Vorscheine, die herrliche Molluske Physolide, in der Schiffersprache „portugiesisches Segelschiff“ genannt. Auf der Oberfläche des Meeres schwimmend gleicht sie mit ihrem länglichen Kamme, den sie auf- und niederlegen kann, wirklich einem kleinen, zierlichen Segler. Ich hätte mir gerne eines dieser Thierchen verschafft; aber es zu erhaschen war nur mittelst eines Netzes möglich, und ich hatte keines, auch nicht einmal Nadel und Bindfaden, um mir schnell eines zu verfestigen. Die Noth aber macht erfinderisch, ich schnitzte eine Nadel aus Holz, drehte einen groben Bindfaden auf, und nach einigen Stunden hatte ich ein Netz. Bald war auch eine Molluske gefangen und in ein mit Seewasser gefülltes Gefäß gesetzt. Der Körper des Thierchens ist bei 6 Zoll lang und 2 Zoll hoch; über den ganzen Rücken zieht sich der Kamm, der in der Mitte, wo er am höchsten ist, bei 1 1/2 Zoll mißt. Kamm und Körper sind durchsichtig und wie angehaucht von blasser Rosafarbe; an dem Unterkörper, der violett gefärbt ist, hängen viele Fäden oder Arme von derselben Farbe.
Ich hing das Thierchen außerhalb des Schiffes am Stern auf, um es zu trocknen; einige der Fäden reichten bis in die See (eine Tiefe von wenigstens 12 Fuß),
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/25>, abgerufen am 22.07.2024. |