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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

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Regens, oft auch über drei Fuß tief war, mußte 62 Mal durchwatet werden. Der Indianer faßte mich bei gefährlichen Stellen an der Hand und zog mich, oft halb schwimmend, nach sich. Das Wasser ging mir häufig bis an die Hüften, und an ein Trockenwerden war gar nicht zu denken. Auch der Fußpfad wurde stets mühsamer und gefährlicher. Man hatte über Felsen und Steine zu klettern, die noch dazu mit dem großen Laube des Oputu derart bedeckt waren, daß man nie wußte, wohin man den Fuß mit einiger Sicherheit setzen konnte. Ich riß mir manche tüchtige Wunde an Händen und Füßen und fiel oft zu Boden, wenn ich mich an dem verrätherischen Stamme eines Pisangs festhalten wollte, der unter meinen Händen brach. Es war eine wahrhaft halsbrecherische, noch von wenig Offizieren ausgeführte Partie, die von Frauen wohl nie wird unternommen werden.

An zwei Orten verengte sich die Schlucht dermaßen, daß außer dem Strombette weiter kein Raum war. An diesen Stellen hatten die Indianer während des Krieges mit den Franzosen fünf Fuß hohe Steinwände aufgeführt, um sich gegen den Feind zu vertheidigen, wenn er sie von dieser Seite angegriffen hätte.

Nach acht Stunden hatten wir die achtzehn Meilen zurückgelegt und eine Höhe von 1800 Fuß erstiegen. Den See erblickten wir erst, als wir an seinem Ufer standen, da er in einer kleinen Vertiefung liegt. Er mag höchstens 800 Fuß im Durchmesser haben. Am merkwürdigsten ist seine Umgebung. Ein Kranz hoher, schroffer, grüner Berge umfaßt ihn so enge, daß auch der schmalste Fußpfad nicht Raum hat. Man könnte das Bett des See's

Regens, oft auch über drei Fuß tief war, mußte 62 Mal durchwatet werden. Der Indianer faßte mich bei gefährlichen Stellen an der Hand und zog mich, oft halb schwimmend, nach sich. Das Wasser ging mir häufig bis an die Hüften, und an ein Trockenwerden war gar nicht zu denken. Auch der Fußpfad wurde stets mühsamer und gefährlicher. Man hatte über Felsen und Steine zu klettern, die noch dazu mit dem großen Laube des Oputu derart bedeckt waren, daß man nie wußte, wohin man den Fuß mit einiger Sicherheit setzen konnte. Ich riß mir manche tüchtige Wunde an Händen und Füßen und fiel oft zu Boden, wenn ich mich an dem verrätherischen Stamme eines Pisangs festhalten wollte, der unter meinen Händen brach. Es war eine wahrhaft halsbrecherische, noch von wenig Offizieren ausgeführte Partie, die von Frauen wohl nie wird unternommen werden.

An zwei Orten verengte sich die Schlucht dermaßen, daß außer dem Strombette weiter kein Raum war. An diesen Stellen hatten die Indianer während des Krieges mit den Franzosen fünf Fuß hohe Steinwände aufgeführt, um sich gegen den Feind zu vertheidigen, wenn er sie von dieser Seite angegriffen hätte.

Nach acht Stunden hatten wir die achtzehn Meilen zurückgelegt und eine Höhe von 1800 Fuß erstiegen. Den See erblickten wir erst, als wir an seinem Ufer standen, da er in einer kleinen Vertiefung liegt. Er mag höchstens 800 Fuß im Durchmesser haben. Am merkwürdigsten ist seine Umgebung. Ein Kranz hoher, schroffer, grüner Berge umfaßt ihn so enge, daß auch der schmalste Fußpfad nicht Raum hat. Man könnte das Bett des See’s

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Regens, oft auch über drei Fuß tief war, mußte 62 Mal durchwatet werden. Der Indianer faßte mich bei gefährlichen Stellen an der Hand und zog mich, oft halb schwimmend, nach sich. Das Wasser ging mir häufig bis an die Hüften, und an ein Trockenwerden war gar nicht zu denken. Auch der Fußpfad wurde stets mühsamer und gefährlicher. Man hatte über Felsen und Steine zu klettern, die noch dazu mit dem großen Laube des Oputu derart bedeckt waren, daß man nie wußte, wohin man den Fuß mit einiger Sicherheit setzen konnte. Ich riß mir manche tüchtige Wunde an Händen und Füßen und fiel oft zu Boden, wenn ich mich an dem verrätherischen Stamme eines Pisangs festhalten wollte, der unter meinen Händen brach. Es war eine wahrhaft halsbrecherische, noch von wenig Offizieren ausgeführte Partie, die von Frauen wohl nie wird unternommen werden.</p>
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[173/0180] Regens, oft auch über drei Fuß tief war, mußte 62 Mal durchwatet werden. Der Indianer faßte mich bei gefährlichen Stellen an der Hand und zog mich, oft halb schwimmend, nach sich. Das Wasser ging mir häufig bis an die Hüften, und an ein Trockenwerden war gar nicht zu denken. Auch der Fußpfad wurde stets mühsamer und gefährlicher. Man hatte über Felsen und Steine zu klettern, die noch dazu mit dem großen Laube des Oputu derart bedeckt waren, daß man nie wußte, wohin man den Fuß mit einiger Sicherheit setzen konnte. Ich riß mir manche tüchtige Wunde an Händen und Füßen und fiel oft zu Boden, wenn ich mich an dem verrätherischen Stamme eines Pisangs festhalten wollte, der unter meinen Händen brach. Es war eine wahrhaft halsbrecherische, noch von wenig Offizieren ausgeführte Partie, die von Frauen wohl nie wird unternommen werden. An zwei Orten verengte sich die Schlucht dermaßen, daß außer dem Strombette weiter kein Raum war. An diesen Stellen hatten die Indianer während des Krieges mit den Franzosen fünf Fuß hohe Steinwände aufgeführt, um sich gegen den Feind zu vertheidigen, wenn er sie von dieser Seite angegriffen hätte. Nach acht Stunden hatten wir die achtzehn Meilen zurückgelegt und eine Höhe von 1800 Fuß erstiegen. Den See erblickten wir erst, als wir an seinem Ufer standen, da er in einer kleinen Vertiefung liegt. Er mag höchstens 800 Fuß im Durchmesser haben. Am merkwürdigsten ist seine Umgebung. Ein Kranz hoher, schroffer, grüner Berge umfaßt ihn so enge, daß auch der schmalste Fußpfad nicht Raum hat. Man könnte das Bett des See’s

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/180>, abgerufen am 28.04.2024.