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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

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hohen Gebirge erfreuten wir uns erst wieder, als wir der Hauptstadt näher kamen.

Noch muß ich eines komischen Irrthums des Herrn Beske aus Novo Friburgo erwähnen, den wir Anfangs nicht begreifen konnten und der uns dann viel Stoff zum Lachen gab. Herr Beske hatte uns einen Führer empfohlen, den er uns als ein wahres Auskunfts-Comptoir beschrieb; jede unserer Fragen nach Bäumen, Pflanzen, Gegenden u. s. w. sollte er auf das vollkommenste beantworten können. Wir schätzten uns glücklich, solch einen Phönix unter den Führern zu haben und benützten auch gleich jede Gelegenheit, ihn auf die Probe zu stellen. Er wußte uns aber über nichts Bescheid zu geben; frugen wir ihm um den Namen eines Flusses, so meinte er, dieser sei zu klein, er habe gar keinen Namen; die Bäume waren ihm zu unbedeutend, die Pflanzen zu gemein. -- Diese Unwissenheit war doch gar zu arg; wir forschten nach, und da kam es heraus, daß Herr Beske nicht unsern Führer, sondern dessen Bruder gemeint hatte, der aber leider schon vor sechs Monaten gestorben war, welche Begebenheit Herr Beske vergessen haben mußte.

Am 18. Oktober Abends kamen wir glücklich in Rio de Janeiro an. Wir erkundigten uns gleich nach der Taufe und erfuhren, daß sie auf den 15. November verschoben sei, und daß am 19. Oktober nur das Namensfest des Kaisers gefeiert werde. Wir hatten daher umsonst unsere Rückreise so übereilt und hätten den schönen Wasserfall bei Novo Friburgo mit großer Muße betrachten können.

hohen Gebirge erfreuten wir uns erst wieder, als wir der Hauptstadt näher kamen.

Noch muß ich eines komischen Irrthums des Herrn Beske aus Novo Friburgo erwähnen, den wir Anfangs nicht begreifen konnten und der uns dann viel Stoff zum Lachen gab. Herr Beske hatte uns einen Führer empfohlen, den er uns als ein wahres Auskunfts-Comptoir beschrieb; jede unserer Fragen nach Bäumen, Pflanzen, Gegenden u. s. w. sollte er auf das vollkommenste beantworten können. Wir schätzten uns glücklich, solch einen Phönix unter den Führern zu haben und benützten auch gleich jede Gelegenheit, ihn auf die Probe zu stellen. Er wußte uns aber über nichts Bescheid zu geben; frugen wir ihm um den Namen eines Flusses, so meinte er, dieser sei zu klein, er habe gar keinen Namen; die Bäume waren ihm zu unbedeutend, die Pflanzen zu gemein. — Diese Unwissenheit war doch gar zu arg; wir forschten nach, und da kam es heraus, daß Herr Beske nicht unsern Führer, sondern dessen Bruder gemeint hatte, der aber leider schon vor sechs Monaten gestorben war, welche Begebenheit Herr Beske vergessen haben mußte.

Am 18. Oktober Abends kamen wir glücklich in Rio de Janeiro an. Wir erkundigten uns gleich nach der Taufe und erfuhren, daß sie auf den 15. November verschoben sei, und daß am 19. Oktober nur das Namensfest des Kaisers gefeiert werde. Wir hatten daher umsonst unsere Rückreise so übereilt und hätten den schönen Wasserfall bei Novo Friburgo mit großer Muße betrachten können.

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[108/0115] hohen Gebirge erfreuten wir uns erst wieder, als wir der Hauptstadt näher kamen. Noch muß ich eines komischen Irrthums des Herrn Beske aus Novo Friburgo erwähnen, den wir Anfangs nicht begreifen konnten und der uns dann viel Stoff zum Lachen gab. Herr Beske hatte uns einen Führer empfohlen, den er uns als ein wahres Auskunfts-Comptoir beschrieb; jede unserer Fragen nach Bäumen, Pflanzen, Gegenden u. s. w. sollte er auf das vollkommenste beantworten können. Wir schätzten uns glücklich, solch einen Phönix unter den Führern zu haben und benützten auch gleich jede Gelegenheit, ihn auf die Probe zu stellen. Er wußte uns aber über nichts Bescheid zu geben; frugen wir ihm um den Namen eines Flusses, so meinte er, dieser sei zu klein, er habe gar keinen Namen; die Bäume waren ihm zu unbedeutend, die Pflanzen zu gemein. — Diese Unwissenheit war doch gar zu arg; wir forschten nach, und da kam es heraus, daß Herr Beske nicht unsern Führer, sondern dessen Bruder gemeint hatte, der aber leider schon vor sechs Monaten gestorben war, welche Begebenheit Herr Beske vergessen haben mußte. Am 18. Oktober Abends kamen wir glücklich in Rio de Janeiro an. Wir erkundigten uns gleich nach der Taufe und erfuhren, daß sie auf den 15. November verschoben sei, und daß am 19. Oktober nur das Namensfest des Kaisers gefeiert werde. Wir hatten daher umsonst unsere Rückreise so übereilt und hätten den schönen Wasserfall bei Novo Friburgo mit großer Muße betrachten können.

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/115>, abgerufen am 23.11.2024.