Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.aufnahm. Er hatte eine ziemlich gute Wohnung, die mit der Kirche unmittelbar in Verbindung stand. 10. Oktober. Da sich das Uebel meines Führers verschlimmert hatte, bot mir der Geistliche seinen Neger an dessen Stelle an. Ich nahm diesen Antrag dankbar an, konnte aber dennoch vor 1 Uhr nicht fortkommen. Einerseits that mir dieß nicht leid, da gerade Sonntag war und ich eine Menge Landleute zur Messe herbeiströmen zu sehen hoffte. Dem war aber nicht so. Obwohl der Tag wunderschön war, kamen kaum 30 Menschen in die Kirche. Die Männer waren ganz nach Europäischer Art gekleidet; die Weiber trugen lange Mäntel mit Krägen und hatten um den Kopf weiße Tücher geschlagen, von welchen ein Theil auch das Gesicht bedeckte, das sie jedoch in der Kirche entblößten. Beide Geschlechter gingen barfuß. Der Zufall fügte es, daß ich einem Begräbnisse und einer Taufe beiwohnte. Schon vor Anfang der Messe kam ein Boot über den Parahyby gefahren, und am Ufer angelangt, hob man eine Hängematte heraus, in welcher sich der Verstorbene befand. Man legte ihn in einen offenen Sarg, der in einem Hause nächst dem Friedhofe ausgestellt wurde. Der Leichnam war mit einem weißen Tuche überdeckt, doch sahen die Füße und der halbe Kopf heraus. Letzterer steckte in einer spitzen Kappe von glänzend schwarzem Zeuge. Vor der Todtenfeier fand noch die Taufe statt. Der Täufling, ein 15jähriger Negerjunge, stand mit seiner Mutter an der Pforte der Kirche. Als der Priester in die Kirche ging, um die Messe zu lesen, stempelte er ihn aufnahm. Er hatte eine ziemlich gute Wohnung, die mit der Kirche unmittelbar in Verbindung stand. 10. Oktober. Da sich das Uebel meines Führers verschlimmert hatte, bot mir der Geistliche seinen Neger an dessen Stelle an. Ich nahm diesen Antrag dankbar an, konnte aber dennoch vor 1 Uhr nicht fortkommen. Einerseits that mir dieß nicht leid, da gerade Sonntag war und ich eine Menge Landleute zur Messe herbeiströmen zu sehen hoffte. Dem war aber nicht so. Obwohl der Tag wunderschön war, kamen kaum 30 Menschen in die Kirche. Die Männer waren ganz nach Europäischer Art gekleidet; die Weiber trugen lange Mäntel mit Krägen und hatten um den Kopf weiße Tücher geschlagen, von welchen ein Theil auch das Gesicht bedeckte, das sie jedoch in der Kirche entblößten. Beide Geschlechter gingen barfuß. Der Zufall fügte es, daß ich einem Begräbnisse und einer Taufe beiwohnte. Schon vor Anfang der Messe kam ein Boot über den Parahyby gefahren, und am Ufer angelangt, hob man eine Hängematte heraus, in welcher sich der Verstorbene befand. Man legte ihn in einen offenen Sarg, der in einem Hause nächst dem Friedhofe ausgestellt wurde. Der Leichnam war mit einem weißen Tuche überdeckt, doch sahen die Füße und der halbe Kopf heraus. Letzterer steckte in einer spitzen Kappe von glänzend schwarzem Zeuge. Vor der Todtenfeier fand noch die Taufe statt. Der Täufling, ein 15jähriger Negerjunge, stand mit seiner Mutter an der Pforte der Kirche. Als der Priester in die Kirche ging, um die Messe zu lesen, stempelte er ihn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="95"/> aufnahm. Er hatte eine ziemlich gute Wohnung, die mit der Kirche unmittelbar in Verbindung stand.</p> <p> 10. Oktober. Da sich das Uebel meines Führers verschlimmert hatte, bot mir der Geistliche seinen Neger an dessen Stelle an. Ich nahm diesen Antrag dankbar an, konnte aber dennoch vor 1 Uhr nicht fortkommen. Einerseits that mir dieß nicht leid, da gerade Sonntag war und ich eine Menge Landleute zur Messe herbeiströmen zu sehen hoffte. Dem war aber nicht so. Obwohl der Tag wunderschön war, kamen kaum 30 Menschen in die Kirche. Die Männer waren ganz nach Europäischer Art gekleidet; die Weiber trugen lange Mäntel mit Krägen und hatten um den Kopf weiße Tücher geschlagen, von welchen ein Theil auch das Gesicht bedeckte, das sie jedoch in der Kirche entblößten. Beide Geschlechter gingen barfuß.</p> <p> Der Zufall fügte es, daß ich einem Begräbnisse und einer Taufe beiwohnte. Schon vor Anfang der Messe kam ein Boot über den <hi rendition="#aq">Parahyby</hi> gefahren, und am Ufer angelangt, hob man eine Hängematte heraus, in welcher sich der Verstorbene befand. Man legte ihn in einen offenen Sarg, der in einem Hause nächst dem Friedhofe ausgestellt wurde. Der Leichnam war mit einem weißen Tuche überdeckt, doch sahen die Füße und der halbe Kopf heraus. Letzterer steckte in einer spitzen Kappe von glänzend schwarzem Zeuge.</p> <p> Vor der Todtenfeier fand noch die Taufe statt. Der Täufling, ein 15jähriger Negerjunge, stand mit seiner Mutter an der Pforte der Kirche. Als der Priester in die Kirche ging, um die Messe zu lesen, stempelte er ihn </p> </div> </body> </text> </TEI> [95/0102]
aufnahm. Er hatte eine ziemlich gute Wohnung, die mit der Kirche unmittelbar in Verbindung stand.
10. Oktober. Da sich das Uebel meines Führers verschlimmert hatte, bot mir der Geistliche seinen Neger an dessen Stelle an. Ich nahm diesen Antrag dankbar an, konnte aber dennoch vor 1 Uhr nicht fortkommen. Einerseits that mir dieß nicht leid, da gerade Sonntag war und ich eine Menge Landleute zur Messe herbeiströmen zu sehen hoffte. Dem war aber nicht so. Obwohl der Tag wunderschön war, kamen kaum 30 Menschen in die Kirche. Die Männer waren ganz nach Europäischer Art gekleidet; die Weiber trugen lange Mäntel mit Krägen und hatten um den Kopf weiße Tücher geschlagen, von welchen ein Theil auch das Gesicht bedeckte, das sie jedoch in der Kirche entblößten. Beide Geschlechter gingen barfuß.
Der Zufall fügte es, daß ich einem Begräbnisse und einer Taufe beiwohnte. Schon vor Anfang der Messe kam ein Boot über den Parahyby gefahren, und am Ufer angelangt, hob man eine Hängematte heraus, in welcher sich der Verstorbene befand. Man legte ihn in einen offenen Sarg, der in einem Hause nächst dem Friedhofe ausgestellt wurde. Der Leichnam war mit einem weißen Tuche überdeckt, doch sahen die Füße und der halbe Kopf heraus. Letzterer steckte in einer spitzen Kappe von glänzend schwarzem Zeuge.
Vor der Todtenfeier fand noch die Taufe statt. Der Täufling, ein 15jähriger Negerjunge, stand mit seiner Mutter an der Pforte der Kirche. Als der Priester in die Kirche ging, um die Messe zu lesen, stempelte er ihn
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