ppe_029.001 Wesens wieder zu Wort. Wenn die Weimarer Dioskuren noch bei ppe_029.002 älteren Fragestellungen blieben, indem Goethes Autobiographie den ppe_029.003 Mutterboden seines dichterischen Werdens in einer ichbezogenen ppe_029.004 Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts fand, während durch Schillers ppe_029.005 Abhandlung "Über naive und sentimentalische Dichtung" die ppe_029.006 jahrhundertelang von Franzosen und Engländern erörterte "querelle ppe_029.007 des anciens et des modernes" in neuer Optik zu einem gewissen Abschluß ppe_029.008 gebracht wurde, fühlten sich die Romantiker als Herders ppe_029.009 Diadochen und teilten sich in die Fülle der von ihm hinterlassenen ppe_029.010 Probleme.
ppe_029.011 Friedrich Schlegel, der ursprünglich gleichfalls ein Winckelmann ppe_029.012 der Poesie werden wollte, gab einen Beitrag zur Kulturkreislehre, ppe_029.013 indem er die Schulen der griechischen Poesie in ihrem Gang von ppe_029.014 der Natur durch Bildung zur Schönheit und Erhabenheit des attischen ppe_029.015 Höhepunktes und in ihrem Wiederabsinken zu Luxus, Eleganz und ppe_029.016 Entartung des Alexandrinismus als Paradigma gesetzmäßiger Entwicklung ppe_029.017 darstellte. In seinem weiteren Werdegang kehrte sich der ppe_029.018 Prophet der progressiven Universalpoesie, als welche er die Romantik ppe_029.019 verkündete, rückwärts zum Feld der Geschichte und endete schließlich ppe_029.020 nach Durchgang durch die Anfänge vergleichender Sprachwissenschaft ppe_029.021 mit seinen letzten Vorlesungen über "Philosophie der Sprache ppe_029.022 und Worte" (1830) in Literaturmetaphysik.
ppe_029.023 Fiel ihm das Erbe der Herderschen Sprachlehre zu, so war der ppe_029.024 Formsinn seines älteren Bruders August Wilhelm, der nicht nur als ppe_029.025 Übersetzer in Herders Fußstapfen trat, vor allem zur ästhetischen ppe_029.026 Kritik berufen. In seinen Vorlesungen führte er neben der systematischen ppe_029.027 Trennung klassischen und romantischen Stils zuerst eine soziologische ppe_029.028 Gliederung der deutschen Literaturgeschichte durch, indem ppe_029.029 er mönchische, ritterliche, bürgerliche und gelehrte Epochen schied. ppe_029.030 In einer echten Gelehrsamkeit, die den schwerfälligen Wust des ppe_029.031 Nichtwissenswerten beseitigte, erblickte er zugleich ein wichtiges ppe_029.032 Bildungselement dichterischen Schaffens. Die pragmatische Sinngebung, ppe_029.033 die damit der Literaturgeschichte auferlegt wurde, offenbarte ppe_029.034 wieder den auf Werte ausgehenden kritischen Gesichtspunkt.
ppe_029.035 Der eigentliche Gelehrte unter den Frühromantikern aber war ppe_029.036 Friedrich Daniel Schleiermacher, der ebenso wie Wilhelm v. Humboldt ppe_029.037 aus dem Herderschen Programm die Aufgaben der Hermeneutik ppe_029.038 in Angriff nahm als Kunst der Auslegung und Deutung mit ppe_029.039 dem Ziel eines vollkommenen Verstehens der Individualität und ihrer ppe_029.040 stilistischen Ausdrucksform. Durch seinen Schüler August Boeckh, ppe_029.041 der mit den Heidelberger Romantikern in Verbindung stand, wurde
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/53>, abgerufen am 22.11.2024.
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