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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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meint, noch heute manchen Menschen, der bei aller Erhebung über ppe_380.002
die sinnlich-räumliche Gegenwart in dem begrenzten Kosmos der ppe_380.003
Griechen lebt und nur in ihm existieren kann. Es darf hinzugefügt ppe_380.004
werden, daß auch Dichter der Neuzeit anzutreffen sind, die über die ppe_380.005
Schwellen der zeitlich geltenden Naturauffassung in naivem Vertrauen ppe_380.006
auf ihre Sinne oder ihre Phantasie nach rückwärts oder vorwärts ppe_380.007
hinwegschreiten; z. B. Johannes Schlaf, der das kopernikanische ppe_380.008
System leugnen wollte, oder August Strindberg, dessen Absicht es ppe_380.009
war, Newton zu widerlegen, die chemische Elementenlehre aufzuheben ppe_380.010
und nach eigener Transmutationstheorie Gold herzustellen.

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Die seelisch-kulturelle Sphäre, die an zweiter Stelle steht, ist die ppe_380.012
des Verstehbaren, worunter alle Gebiete des Geistigen, die Formen ppe_380.013
des Logischen, Ästhetischen, Religiösen, Politischen, Ökonomischen ppe_380.014
begriffen sind. Vergangene Kulturen, menschliche Persönlichkeiten ppe_380.015
und Seelenmythen werden hier zum Erlebnis, das zu künstlerischer ppe_380.016
Gestaltung aufruft. Das wissenschaftliche Verstehen aber gelangt ppe_380.017
schließlich in der Ordnung von Kulturkreisen, Typen und Geistesformen ppe_380.018
zur Verabsolutierung in Historismus, Psychologismus und ppe_380.019
Ideenlehre.

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Das metaphysische Weltbild, das für den, der darin lebt, das ppe_380.021
schlechthin Wirkliche bedeutet, kann nicht die Projektion in einen ppe_380.022
leeren Raum des Jenseits sein, sondern es durchdringt und umfaßt ppe_380.023
alle konkreten Weltbilder. Wenn nach seinem Ort gefragt wird, so ppe_380.024
kann die Trennung zwischen Jenseits und Diesseits in einer neuen ppe_380.025
Synthese aufgehoben werden, die, mit Jaspers zu sprechen, als Hierarchie ppe_380.026
von Wirklichkeitsstufen sich aufbaut. Der Inhalt des metaphysischen ppe_380.027
Weltbildes ist als mythologisch-dämonisch oder als philosophisch ppe_380.028
in verschiedenen Spielarten zu charakterisieren. Die Geistestypen ppe_380.029
sind bestimmt durch ihre Stellung zu subjektiven oder objektiven ppe_380.030
Werten und deren Gegensätzen, wie zu Werten der menschlichen ppe_380.031
Gemeinschaft; sie finden in den Antinomien des Denkens, ppe_380.032
Wertens, Handelns und Leidens, wie in Kampf, Tod, Zufall und ppe_380.033
Schuld ihre Grenzsituationen (vgl. oben S. 239); ihre Struktur teilt ppe_380.034
sich zwischen Skeptizismus und Nihilismus, Halt im Begrenzten und ppe_380.035
Halt im Unendlichen. Schließlich kann sich nach Art der Wirklichkeit, ppe_380.036
die wesentlich und beherrschend wird, im dämonischen Leben ppe_380.037
der Realist, der Romantiker und der Heilige unterscheiden.

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Suchen wir in diesem Aufbau den Ort des dichterischen Weltbildes, ppe_380.039
so deutet der letzte Hinweis an, daß sein Schwerpunkt in der zweiten ppe_380.040
Sphäre liegen wird. Das seelisch-kulturelle Weltbild birgt in seinem ppe_380.041
Subjektivismus die eigentlichen Schaffensantriebe. Zwar bilden alle

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Die seelisch-kulturelle Sphäre, die an zweiter Stelle steht, ist die ppe_380.012
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Gemeinschaft; sie finden in den Antinomien des Denkens, ppe_380.032
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/404>, abgerufen am 23.11.2024.