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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Einstellung begrenzt auf der einen Seite durch die ästhetische Analyse ppe_281.002
des Werkes, auf der anderen durch die soziologische Analyse der Umwelt. ppe_281.003
So wenig indessen die im dritten Hauptteil des ersten Buches ppe_281.004
besprochene Werkanalyse sich allein auf die ästhetische Beurteilung ppe_281.005
beschränken konnte, so wenig vermag die jetzt in den Mittelpunkt ppe_281.006
tretende Analyse des Dichters mit Individualpsychologie oder Psychoanalyse ppe_281.007
sich zu erschöpfen. Vielmehr kann eine zur Normierung und ppe_281.008
Typisierung neigende psychologische Betrachtungsweise höchstens gewisse ppe_281.009
gesetzmäßige Verbindungslinien herstellen zwischen zerstreuten ppe_281.010
Wesenszügen, die bei Sammlung des biographischen Materials gewonnen ppe_281.011
werden. An der Deutung dieses Materials und an der Zurückführung ppe_281.012
auf seine Ursachen müssen alle anderen Wissenschaften vom Menschen, ppe_281.013
zum mindesten Anthropologie, Biologie, Charakterologie und ppe_281.014
Soziologie Anteil nehmen.

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Es sind teils der Naturwissenschaft teils der Gesellschaftswissenschaft ppe_281.016
angehörige Hilfskräfte, die schon Wilhelm Scherer anrief, als ppe_281.017
er das Wesen des Dichters mit den drei Kategorien des Ererbten, ppe_281.018
Erlebten
und Erlernten zu erfassen glaubte. Das eine betrifft ppe_281.019
die Vorwelt, das andere die Innenwelt, das dritte die Mit- und Umwelt ppe_281.020
des Dichters. So werden bereits die drei Ordnungen des Raumes, der ppe_281.021
Zeit und der Gesellschaft vorweggenommen, denen, wie im dritten ppe_281.022
Buch zu zeigen ist, der Einzelne zugeteilt werden kann. In seinen ppe_281.023
Lebensraum ist der Dichter hineingeboren als Glied eines Volkes, eines ppe_281.024
Stammes, einer Familie und als Erbe seiner Ahnen. Die Lebenszeit, ppe_281.025
die von Geburt und Tod begrenzt ist, bringt ihn in Schicksalsgemeinschaft ppe_281.026
mit seiner Generation und läßt ihn an allem Geschehen teilnehmen. ppe_281.027
Der Lebenskreis, in dem er sich bewegt, vermittelt die Einflüsse, ppe_281.028
die in seinem Schaffen sich spiegeln.

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An der bequemen Formel Scherers haben geisteswissenschaftliche ppe_281.030
Psychologie, Intuitionsphilosophie und Phänomenologie nachmals ppe_281.031
wegen der darin zutage tretenden positivistischen Orientierung scharfe ppe_281.032
Kritik geübt. Heute, da die schroffe Scheidung von Natur und Geist ppe_281.033
sich wieder gemildert hat und die Schlagbäume zwischen naturwissenschaftlicher ppe_281.034
und geisteswissenschaftlicher Begriffsbildung vor biologischer ppe_281.035
Betrachtungsweise hinfällig werden, kann die Dreiheit ihre ppe_281.036
Auferstehung erleben. Allerdings hat sich das Gewicht etwas verschoben: ppe_281.037
das Erlernte dürfte nicht mehr die Bedeutung haben, die ppe_281.038
man ihm einst mit mehr oder weniger mechanischer Feststellung ppe_281.039
sogenannter "Einflüsse" beimaß; das Erlebte, das erst durch Dilthey ppe_281.040
zum Zentralbegriff erhoben wurde, ist auch nicht mehr allein ausschlaggebend; ppe_281.041
das Ererbte dagegen lenkt alles Augenmerk in viel

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Der Lebenskreis, in dem er sich bewegt, vermittelt die Einflüsse, ppe_281.028
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An der bequemen Formel Scherers haben geisteswissenschaftliche ppe_281.030
Psychologie, Intuitionsphilosophie und Phänomenologie nachmals ppe_281.031
wegen der darin zutage tretenden positivistischen Orientierung scharfe ppe_281.032
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/305>, abgerufen am 22.11.2024.