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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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der Graf von Lavagna als würdiges Gegenstück aus der neueren ppe_240.002
Geschichte genannt wurde, so stand der junge Schiller vor der Frage, ppe_240.003
welcher der beiden Typen menschlicher Größe in seinem Fiesco zu ppe_240.004
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gegen die Freiheit sank, wurde ein Gegengewicht geschaffen: dem ppe_240.008
Helden wurde ein großer Tugendhafter im starren Republikaner ppe_240.009
Verrina gegenübergestellt. Ein ähnliches Charakterproblem entrollte ppe_240.010
Heinrich von Kleist gleich im ersten Satz seines "Michael Kohlhas", ppe_240.011
indem er auf einen der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen ppe_240.012
der Zeit vorbereitete. Hier lag das Problem in der Frage: wie kann ppe_240.013
man aus Rechtschaffenheit zum entsetzlichen Menschen werden? Nicht ppe_240.014
selten ist der Vorwurf einer Dichtung von vornherein als solche Fragestellung ppe_240.015
formuliert worden. Beispielsweise schrieb Theodor Storm über ppe_240.016
seine Novelle "Ein Bekenntnis" an Gottfried Keller: "Mein Thema: ppe_240.017
Wie kommt ein Mensch dazu, sein Geliebtestes zu töten? und wenn ppe_240.018
es geschehen, was wird mit ihm?" Auch Büchners "Woyzeck" hat in ppe_240.019
der ersten Frage sein Problem gefunden. Die Frage des "Warum" ppe_240.020
kann sogar in der Dichtung selbst aufgeworfen werden, wenn sie keine ppe_240.021
Antwort darauf zu geben weiß. So heißt es am Schluß von Müllners ppe_240.022
Schicksalsdrama "Die Schuld":

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Das Warum wird offenbar, ppe_240.024
Wenn die Toten auferstehen.

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Rudolf Unger, der nach Wilhelm Dilthey am tiefsten in die Probleme ppe_240.026
dichterischer Lebensdeutung eindrang, sieht in den großen, ppe_240.027
ewigen Rätsel- und Schicksalsfragen des menschlichen Daseins den ppe_240.028
Kerngehalt alles Dichtens. Wenn von ihm vier Beispiele gegeben ppe_240.029
werden im Schicksalsproblem, im religiösen Problem, im Verhältnis ppe_240.030
zur Natur und in der Auffassung des Menschen, so schließt jede ppe_240.031
dieser Lebenssphären wieder vielerlei verschiedene Fragestellungen ppe_240.032
in sich, die zu Problemen der Dichtung werden können.

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Zum Schicksal werden die Gegenpole von Freiheit und Notwendigkeit, ppe_240.034
von Geist und Natur, von Sinnlichkeit und Sittlichkeit gerechnet, ppe_240.035
deren zweites Paar auch unter das Verhältnis zur Natur, deren drittes ppe_240.036
ebensogut unter die Auffassung vom Menschen gestellt werden könnte.

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Zum religiösen Urproblem sind die Gegensätze zwischen der Endlichkeit ppe_240.038
des Menschen und seinem unaustilgbaren Streben nach dem ppe_240.039
Unendlichen und Ewigen gezählt, aber neben den subjektiven Verhältnissen ppe_240.040
zum Unsichtbaren und Übernatürlichen, die in vielerlei Gegensätzen

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Schicksalsdrama „Die Schuld“:

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/264>, abgerufen am 22.11.2024.