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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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läßt, in den beiden Zyklen von Rilkes "Sonetten an Orpheus" zu ppe_229.002
erkennen, und dasselbe fließende Aufbauprinzip beherrscht bereits ppe_229.003
das einzelne Stück, wie am besten an I, 23 und II, 7 zu zeigen ist, die ppe_229.004
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bestehen. Von solcher Beobachtung aus scheint eine Verbindung mit ppe_229.006
den von Hans Leisegang aufgestellten "Denkformen" möglich, die in ppe_229.007
Begriffspyramide, Gedankenkreis und Kreis von Kreisen für typische ppe_229.008
sprachliche Ausdrucksweise weltanschauliche Voraussetzungen zu gewinnen ppe_229.009
suchen. In entsprechendem Verhältnis können die Kapitel ppe_229.010
eines Romans, die Szenen und Akte eines Dramas und die Gesänge ppe_229.011
eines Epos zueinander stehen. So kommen wir schließlich dahin, auch ppe_229.012
den äußeren Aufbau des Ganzen, der bisher auf der dritten Stufe ppe_229.013
unter dem Gesichtspunkt der Technik betrachtet war, als Stilform ppe_229.014
zu erkennen. Und damit endlich rechtfertigen sich Gleichungen zu ppe_229.015
anderen Künsten, wobei ein Dichtwerk als musikalisch und malerisch ppe_229.016
oder architektonisch und plastisch aufgebaut erscheint und zwischen ppe_229.017
geschlossener Form einer regelmäßigen Symmetrie und asymmetrischer ppe_229.018
offener Form unterschieden wird. So hat man für Kleist, Jean Paul ppe_229.019
und Stifter musikalischen, für Schiller architektonischen Aufbau nachgewiesen, ppe_229.020
und Shakespeare ist gemäß der Komposition seiner Werke ppe_229.021
dem Barockstil zugerechnet worden. Auf diese Weise gelangen die ppe_229.022
analysierten Schöpfungen zur Einordnung in die Bildung großer Stiltypen, ppe_229.023
die nicht auf Sprache und Dichtung beschränkt sind. Auf sie ppe_229.024
hat schon die Einzelbeobachtung vom Wortgebrauch aufwärts in ppe_229.025
steigendem Maße hingeführt.

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zur Kreisform, so daß die senkrechten Schichten von außen ppe_229.028
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beherrschten Aufbaus steigen die Stufen, in bestimmte Richtungen ppe_229.034
geteilt, empor, und wir gewinnen das gesuchte Bild jener Drehscheibe, ppe_229.035
die der Weichenstellung Zufuhr bietet. Um die Peripherie dieser ppe_229.036
Windrose, deren Himmelsrichtungen durch die Gegensätze von Statik ppe_229.037
und Dynamik, von Ausdruckskunst und Eindruckskunst gewiesen ppe_229.038
werden, sind die Stilbegriffe, nach denen die Richtungen ganzer Zeitalter ppe_229.039
ihren Namen tragen, als Typen einzuzeichnen.

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Wenn wir das Schema, das oben (S. 216) vorbereitet war, umbiegen ppe_229.027
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[229/0253] ppe_229.001 läßt, in den beiden Zyklen von Rilkes „Sonetten an Orpheus“ zu ppe_229.002 erkennen, und dasselbe fließende Aufbauprinzip beherrscht bereits ppe_229.003 das einzelne Stück, wie am besten an I, 23 und II, 7 zu zeigen ist, die ppe_229.004 — Kuriosa in der Sonettliteratur — überhaupt nur aus je einem Satz ppe_229.005 bestehen. Von solcher Beobachtung aus scheint eine Verbindung mit ppe_229.006 den von Hans Leisegang aufgestellten „Denkformen“ möglich, die in ppe_229.007 Begriffspyramide, Gedankenkreis und Kreis von Kreisen für typische ppe_229.008 sprachliche Ausdrucksweise weltanschauliche Voraussetzungen zu gewinnen ppe_229.009 suchen. In entsprechendem Verhältnis können die Kapitel ppe_229.010 eines Romans, die Szenen und Akte eines Dramas und die Gesänge ppe_229.011 eines Epos zueinander stehen. So kommen wir schließlich dahin, auch ppe_229.012 den äußeren Aufbau des Ganzen, der bisher auf der dritten Stufe ppe_229.013 unter dem Gesichtspunkt der Technik betrachtet war, als Stilform ppe_229.014 zu erkennen. Und damit endlich rechtfertigen sich Gleichungen zu ppe_229.015 anderen Künsten, wobei ein Dichtwerk als musikalisch und malerisch ppe_229.016 oder architektonisch und plastisch aufgebaut erscheint und zwischen ppe_229.017 geschlossener Form einer regelmäßigen Symmetrie und asymmetrischer ppe_229.018 offener Form unterschieden wird. So hat man für Kleist, Jean Paul ppe_229.019 und Stifter musikalischen, für Schiller architektonischen Aufbau nachgewiesen, ppe_229.020 und Shakespeare ist gemäß der Komposition seiner Werke ppe_229.021 dem Barockstil zugerechnet worden. Auf diese Weise gelangen die ppe_229.022 analysierten Schöpfungen zur Einordnung in die Bildung großer Stiltypen, ppe_229.023 die nicht auf Sprache und Dichtung beschränkt sind. Auf sie ppe_229.024 hat schon die Einzelbeobachtung vom Wortgebrauch aufwärts in ppe_229.025 steigendem Maße hingeführt. ppe_229.026 Wenn wir das Schema, das oben (S. 216) vorbereitet war, umbiegen ppe_229.027 zur Kreisform, so daß die senkrechten Schichten von außen ppe_229.028 nach innen sich zusammenschließen zu Ringen, während die waagerechten ppe_229.029 Schichten sich fächerförmig entfalten und zu einander entgegengesetzten ppe_229.030 Sektoren eingeschnürt werden, tritt das Benachbarte ppe_229.031 und Entgegengesetzte in sichtbare Erscheinung. Von der äußeren ppe_229.032 Schale der Schrift bis zu dem inneren Gerüst des von der Idee ppe_229.033 beherrschten Aufbaus steigen die Stufen, in bestimmte Richtungen ppe_229.034 geteilt, empor, und wir gewinnen das gesuchte Bild jener Drehscheibe, ppe_229.035 die der Weichenstellung Zufuhr bietet. Um die Peripherie dieser ppe_229.036 Windrose, deren Himmelsrichtungen durch die Gegensätze von Statik ppe_229.037 und Dynamik, von Ausdruckskunst und Eindruckskunst gewiesen ppe_229.038 werden, sind die Stilbegriffe, nach denen die Richtungen ganzer Zeitalter ppe_229.039 ihren Namen tragen, als Typen einzuzeichnen.

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/253>, abgerufen am 25.11.2024.