ppe_204.001 allerdings nur bei Stilisten ausgesprochenster und im Wesentlichen ppe_204.002 sich gleichbleibender Eigenart sich erfüllen. Gleichwohl müßte das ppe_204.003 Ziel der literarischen Stilforschung in einer Treffsicherheit bestehen, ppe_204.004 wie sie die Wissenschaft auf anderen Gebieten, auf dem der bildenden ppe_204.005 Kunst und der Musik, bereits beansprucht.
ppe_204.006 Die oben verzeichnete Flächenprojektion ist nun noch zu ergänzen ppe_204.007 durch eine dritte Dimension, die auf dem Papierblatt nicht graphisch ppe_204.008 verdeutlicht werden konnte. Es mögen in parallelen Ebenen die Stilmittel ppe_204.009 anderer Künste mit gleicher Schematik auf die Fläche gebracht ppe_204.010 werden. Bei universalen Schöpfern auf verschiedenen Kunstgebieten ppe_204.011 (Michelangelo, Niklas Manuel, Salomon Geßner, E. Th. A. Hoffmann, ppe_204.012 Otto Ludwig, Adalbert Stifter, Dante Gabriel Rosetti, Ernst Barlach, ppe_204.013 Kurt Kluge, Ruth Schaumann) ergibt sich aus der Zusammenlegung ppe_204.014 und Deckung die Erkenntnis eines Personalstils, der über die Ausdrucksmittel ppe_204.015 der einen Kunst hinaus sich als Formprinzip derselben ppe_204.016 Persönlichkeit erfassen läßt.
ppe_204.017 Auf diese Weise kann auch eine gewisse Stilgemeinschaft gleichaltriger ppe_204.018 Landsleute, etwa der beiden Schlesier Adolf Menzel (geboren ppe_204.019 1815) und Gustav Freytag (geboren 1816) als Grundlage eines Heimatstilsppe_204.020 ans Licht treten, wie ihn beispielsweise Paul Krannhals als ppe_204.021 organischen Faktor der Kunstentwicklung dem Zeitstil überordnen ppe_204.022 wollte. Oder man kann mit Wilhelm Pinder eine Gemeinschaft ppe_204.023 zwischen weitentlegenen Altersgenossen, die auf verschiedenen Kunstgebieten ppe_204.024 schufen, als Generationsstil feststellen, so zwischen Beethoven, ppe_204.025 Thorwaldsen, Hegel und Hölderlin, die alle vier 1770 geboren ppe_204.026 sind, und sogar zwischen Wilhelm Heinse und Goya, die das Geburtsjahr ppe_204.027 1746 gemeinsam haben. Ein anderer Geistesgeschichtler der ppe_204.028 Kunstforschung, Max Dvorak, war schon mit einer Parallele zwischen ppe_204.029 Pieter Breughel und Shakespeare als Manieristen vorangegangen; aber ppe_204.030 da er den Vater meinte, während der Sohn mit Shakespeare gleichaltrig ppe_204.031 war (geboren 1564), so kann von ausgesprochenem Generationsstil ppe_204.032 nicht mehr die Rede sein. Dagegen darf die von Witkop durchgeführte ppe_204.033 Gleichung zwischen Beethoven und Heinrich von Kleist trotz ppe_204.034 des Altersunterschiedes von sieben Jahren wohl gelten; beide haben ppe_204.035 in ihrem Stil eine Zwischenstellung zwischen Klassik und Romantik.
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ppe_204.037 Es offenbaren sich Gemeinsamkeiten der Richtung im Barockstil ppe_204.038 der bildenden Kunst wie in dem der Literatur. Marinismus, Gongorismus, ppe_204.039 Preziösentum, Euphuismus und Schwulststil bilden italienische, ppe_204.040 spanische, französische, englische, deutsche Spielarten des literarischen ppe_204.041 Zeitstils, der schließlich nicht nur in der bildenden Kunst,
ppe_204.001 allerdings nur bei Stilisten ausgesprochenster und im Wesentlichen ppe_204.002 sich gleichbleibender Eigenart sich erfüllen. Gleichwohl müßte das ppe_204.003 Ziel der literarischen Stilforschung in einer Treffsicherheit bestehen, ppe_204.004 wie sie die Wissenschaft auf anderen Gebieten, auf dem der bildenden ppe_204.005 Kunst und der Musik, bereits beansprucht.
ppe_204.006 Die oben verzeichnete Flächenprojektion ist nun noch zu ergänzen ppe_204.007 durch eine dritte Dimension, die auf dem Papierblatt nicht graphisch ppe_204.008 verdeutlicht werden konnte. Es mögen in parallelen Ebenen die Stilmittel ppe_204.009 anderer Künste mit gleicher Schematik auf die Fläche gebracht ppe_204.010 werden. Bei universalen Schöpfern auf verschiedenen Kunstgebieten ppe_204.011 (Michelangelo, Niklas Manuel, Salomon Geßner, E. Th. A. Hoffmann, ppe_204.012 Otto Ludwig, Adalbert Stifter, Dante Gabriel Rosetti, Ernst Barlach, ppe_204.013 Kurt Kluge, Ruth Schaumann) ergibt sich aus der Zusammenlegung ppe_204.014 und Deckung die Erkenntnis eines Personalstils, der über die Ausdrucksmittel ppe_204.015 der einen Kunst hinaus sich als Formprinzip derselben ppe_204.016 Persönlichkeit erfassen läßt.
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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