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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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nach seinem Wunschbild formt, läßt er ihn in der Realität des Antimärchens ppe_185.002
als furchtbaren Moloch walten. Statt "Gott" würde vielleicht ppe_185.003
besser Schicksal gesagt, denn Wirklichkeitsvorstellung und ppe_185.004
Schicksalsbegriff fallen zusammen in den Spielarten von waltender ppe_185.005
Vorsehung, immanenter Bestimmung, tückischem Zufall, mechanischem ppe_185.006
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Lugowski stellt nun der Desillusion des Antimärchenromans, für ppe_185.008
die er nur französische Beispiele gibt (ein anderer Typus wäre etwa ppe_185.009
Cervantes' "Don Quixote"), das unmittelbare Verhältnis zur Wirklichkeit ppe_185.010
in isländischer Saga und germanischem Heldenlied gegenüber. ppe_185.011
Die nordische Haltung ist in einem Wirklichkeitssinn zu finden, der ppe_185.012
Mensch und Welt als Einheit sieht und im Ich keinen Gegensatz ppe_185.013
zur Wirklichkeit, sondern ihre Erscheinungsform erblickt. Als Beispiel ppe_185.014
für das Wiederaufleben dieser Wirklichkeitsauffassung wird ppe_185.015
Heinrich von Kleist genannt, bei dem selbst das Wunder (Marquise ppe_185.016
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ihr eingeordnet sind. Kleists Haltung wird als tiefes, unbewußtes ppe_185.018
Heimweh nach der ursprünglich eigenen Art des Fühlens ppe_185.019
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erklärt; zugleich wird in ihm ein Vorläufer und visionärer ppe_185.021
Prophet des neuen Wirklichkeitsgefühls erkannt, das in zähem Kampf ppe_185.022
steht um die "Wiedererringung eines alten, neu erwachenden Urverhältnisses ppe_185.023
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Der Historiker muß fragen, warum diese arteigene Haltung während ppe_185.025
beinahe eines Jahrtausends verschüttet war, und er kann die Antwort ppe_185.026
nur in einer tausendjährigen Überfremdung der deutschen Kultur ppe_185.027
finden. Trotzdem wäre die These wohl durch Zwischenglieder ppe_185.028
zu unterbauen, und die Brücke könnte ihre Pfeiler finden in Gestalten ppe_185.029
wie Wolfram von Eschenbach und Luther, vielleicht auch ppe_185.030
Klopstock und den Romantikern.

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Die Romantik erneuerte das Märchen deutscher Art im Gegensatz ppe_185.032
zu den französischen Feenmärchen; schon vorher war mit der Ballade ppe_185.033
eine nordische Dichtungsart wiederbelebt worden, und hier erscheint ppe_185.034
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ein düsteres Reich dämonischer Gewalten und Elementargeister voller ppe_185.037
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verschiedenen Spielarten nicht in dem Maße als typisch deutsch auffassen ppe_185.039
können wie die "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder ppe_185.040
Grimm, aber das eigenartige Zusammentreffen verschiedener Welten, ppe_185.041
einer realistischen, einer symbolischen und einer allegorischen, scheint

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/209>, abgerufen am 24.11.2024.