Jede wissenschaftliche Untersuchung zerschneidet, weil ppe_109.004 sie auf dem Denken allein beruht und also objektiviert, ppe_109.005 die feinen, in keinen Begriff eingehenden Zusammenhänge ppe_109.006 der Lebenstotalität.
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Eduard Spranger.
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1. Grundbegriffe
ppe_109.009 Auf Sammlung und Kritik folgt die Gliederung, die zunächst ppe_109.010 als Struktur des einzelnen Werkes erkannt werden muß. Während die ppe_109.011 als "niedere Kritik" bezeichnete Richtigstellung des Textes mit dem ppe_109.012 grammatischen Verstehen, das die erste Stufe philologischer Ergründung ppe_109.013 bildet, verknüpft ist, geht die "höhere Kritik" bei der Analyse ppe_109.014 des Wortkunstwerks Hand in Hand mit der Ästhetik. Dem philosophischen ppe_109.015 Verstehen wird entgegengekommen, indem in der Tat eine ppe_109.016 ihm entgegengesetzte Richtung eingeschlagen wird. Das Werk als ppe_109.017 Ganzes wird in seine Elemente aufgelöst, damit in deren Wiederzusammensetzung ppe_109.018 das Ganze begriffen werden kann. Im Sinne dieser ppe_109.019 Strukturerkenntnis darf die Analyse weder gefühllose Obduktion sein ppe_109.020 noch kindlicher Zerstörung eines Spielzeugs gleichen; vielmehr hat ppe_109.021 sie als Biologie des Kunstwerkes alle Lebenszusammenhänge des ppe_109.022 Organismus zu begreifen, um in ihrer Gliederung die Einheit zu erfassen. ppe_109.023 Nicht Zerreißen der Zusammenhänge, sondern Festhalten ppe_109.024 dieser Gelenke ist die Aufgabe.
ppe_109.025 Ein Philosoph wie Henri Bergson sieht im Blick für die Einzelheiten ppe_109.026 ein erschlafftes Zerflattern der Aufmerksamkeit und ein Aussetzen ppe_109.027 des Willens. Er gibt in seiner "Schöpferischen Entwicklung" ppe_109.028 das Beispiel eines Dichters, der seine Verse persönlich vorträgt und ppe_109.029 den Hörer zu einem der Inspiration gleichenden Strom sympathischer ppe_109.030 innerer Bewegung mitreißt. Sobald die Aufmerksamkeit des Hörers ppe_109.031 nachläßt, sondern sich die Eindrücke und verlieren sich im Nacheinander ppe_109.032 der Töne, der Sätze, der Worte. "Nun werde ich", so heißt ppe_109.033 es bei Bergson, "die Präzision der Verkettungen, die wundersame ppe_109.034 Ordnung des Zuges, die genaue Fügung der Silben zu Worten, der ppe_109.035 Worte zu Sätzen bewundern. Je weiter im rein negativen Sinn der
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DRITTER HAUPTTEIL
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DIE ANALYSE
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Jede wissenschaftliche Untersuchung zerschneidet, weil ppe_109.004 sie auf dem Denken allein beruht und also objektiviert, ppe_109.005 die feinen, in keinen Begriff eingehenden Zusammenhänge ppe_109.006 der Lebenstotalität.
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Eduard Spranger.
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1. Grundbegriffe
ppe_109.009 Auf Sammlung und Kritik folgt die Gliederung, die zunächst ppe_109.010 als Struktur des einzelnen Werkes erkannt werden muß. Während die ppe_109.011 als „niedere Kritik“ bezeichnete Richtigstellung des Textes mit dem ppe_109.012 grammatischen Verstehen, das die erste Stufe philologischer Ergründung ppe_109.013 bildet, verknüpft ist, geht die „höhere Kritik“ bei der Analyse ppe_109.014 des Wortkunstwerks Hand in Hand mit der Ästhetik. Dem philosophischen ppe_109.015 Verstehen wird entgegengekommen, indem in der Tat eine ppe_109.016 ihm entgegengesetzte Richtung eingeschlagen wird. Das Werk als ppe_109.017 Ganzes wird in seine Elemente aufgelöst, damit in deren Wiederzusammensetzung ppe_109.018 das Ganze begriffen werden kann. Im Sinne dieser ppe_109.019 Strukturerkenntnis darf die Analyse weder gefühllose Obduktion sein ppe_109.020 noch kindlicher Zerstörung eines Spielzeugs gleichen; vielmehr hat ppe_109.021 sie als Biologie des Kunstwerkes alle Lebenszusammenhänge des ppe_109.022 Organismus zu begreifen, um in ihrer Gliederung die Einheit zu erfassen. ppe_109.023 Nicht Zerreißen der Zusammenhänge, sondern Festhalten ppe_109.024 dieser Gelenke ist die Aufgabe.
ppe_109.025 Ein Philosoph wie Henri Bergson sieht im Blick für die Einzelheiten ppe_109.026 ein erschlafftes Zerflattern der Aufmerksamkeit und ein Aussetzen ppe_109.027 des Willens. Er gibt in seiner „Schöpferischen Entwicklung“ ppe_109.028 das Beispiel eines Dichters, der seine Verse persönlich vorträgt und ppe_109.029 den Hörer zu einem der Inspiration gleichenden Strom sympathischer ppe_109.030 innerer Bewegung mitreißt. Sobald die Aufmerksamkeit des Hörers ppe_109.031 nachläßt, sondern sich die Eindrücke und verlieren sich im Nacheinander ppe_109.032 der Töne, der Sätze, der Worte. „Nun werde ich“, so heißt ppe_109.033 es bei Bergson, „die Präzision der Verkettungen, die wundersame ppe_109.034 Ordnung des Zuges, die genaue Fügung der Silben zu Worten, der ppe_109.035 Worte zu Sätzen bewundern. Je weiter im rein negativen Sinn der
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Jede wissenschaftliche Untersuchung zerschneidet, weil ppe_109.004
sie auf dem Denken allein beruht und also objektiviert, ppe_109.005
die feinen, in keinen Begriff eingehenden Zusammenhänge ppe_109.006
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Auf Sammlung und Kritik folgt die Gliederung, die zunächst ppe_109.010
als Struktur des einzelnen Werkes erkannt werden muß. Während die ppe_109.011
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grammatischen Verstehen, das die erste Stufe philologischer Ergründung ppe_109.013
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des Wortkunstwerks Hand in Hand mit der Ästhetik. Dem philosophischen ppe_109.015
Verstehen wird entgegengekommen, indem in der Tat eine ppe_109.016
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Ganzes wird in seine Elemente aufgelöst, damit in deren Wiederzusammensetzung ppe_109.018
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Strukturerkenntnis darf die Analyse weder gefühllose Obduktion sein ppe_109.020
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Ein Philosoph wie Henri Bergson sieht im Blick für die Einzelheiten ppe_109.026
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. E109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/133>, abgerufen am 25.11.2024.
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