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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Keine Katze auf gerathwohl hin -- erwiederte
der General. -- Er war zornig -- er hatte sein
möglichstes gethan zu sehen was zu machen sey --
fühlte, daß sie nicht einmal das verdiene -- und
izt forderte sie solche Unverschämtheiten.

Wie gesagt, er gab ihr zur Antwort -- keine
Katze auf gerathwohl hin, aber wenn wir auf et-
was fußen können, so kannst du dir selber einbilden,
man werde thun was möglich ist -- Mit diesem
gieng er fort.

Beydes, die Antwort und sein Fortgehen,
schlugen sie nieder. So lange sie hofte, sich rächen
zu können, konnte sie sich besitzen; aber izt fieng sie
an zu weinen wie ein Kind, und sagte, man lasse
sie ihre Armuth entgelten, und ihr nicht einmal
Gerechtigkeit wiederfahren wie dem geringsten Men-
schen. Sie fiel izt von ihrem Stolz in eine Gat-
tung übernächtliche Schwermuth, daß es schien,
daß sie ein ganz anderes Mensch wäre als vorher. --

Sie hängt den Kopf wie eine Sünderin, und
fühlt wie eine Büßerin, daß sie nichts in der Welt
ist, und daß sie nichts darinn kann, daß sie izt
nicht einmal mehr dem verachteten Arner den Tritt
kann werden lassen, den sie ihm zugedacht.

Mezger-Hund! das danken wir dir! kein
Mensch in der Welt hatte sie noch so weit zur Er-

Keine Katze auf gerathwohl hin — erwiederte
der General. — Er war zornig — er hatte ſein
moͤglichſtes gethan zu ſehen was zu machen ſey —
fuͤhlte, daß ſie nicht einmal das verdiene — und
izt forderte ſie ſolche Unverſchaͤmtheiten.

Wie geſagt, er gab ihr zur Antwort — keine
Katze auf gerathwohl hin, aber wenn wir auf et-
was fußen koͤnnen, ſo kannſt du dir ſelber einbilden,
man werde thun was moͤglich iſt — Mit dieſem
gieng er fort.

Beydes, die Antwort und ſein Fortgehen,
ſchlugen ſie nieder. So lange ſie hofte, ſich raͤchen
zu koͤnnen, konnte ſie ſich beſitzen; aber izt fieng ſie
an zu weinen wie ein Kind, und ſagte, man laſſe
ſie ihre Armuth entgelten, und ihr nicht einmal
Gerechtigkeit wiederfahren wie dem geringſten Men-
ſchen. Sie fiel izt von ihrem Stolz in eine Gat-
tung uͤbernaͤchtliche Schwermuth, daß es ſchien,
daß ſie ein ganz anderes Menſch waͤre als vorher. —

Sie haͤngt den Kopf wie eine Suͤnderin, und
fuͤhlt wie eine Buͤßerin, daß ſie nichts in der Welt
iſt, und daß ſie nichts darinn kann, daß ſie izt
nicht einmal mehr dem verachteten Arner den Tritt
kann werden laſſen, den ſie ihm zugedacht.

Mezger-Hund! das danken wir dir! kein
Menſch in der Welt hatte ſie noch ſo weit zur Er-

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[79/0097] Keine Katze auf gerathwohl hin — erwiederte der General. — Er war zornig — er hatte ſein moͤglichſtes gethan zu ſehen was zu machen ſey — fuͤhlte, daß ſie nicht einmal das verdiene — und izt forderte ſie ſolche Unverſchaͤmtheiten. Wie geſagt, er gab ihr zur Antwort — keine Katze auf gerathwohl hin, aber wenn wir auf et- was fußen koͤnnen, ſo kannſt du dir ſelber einbilden, man werde thun was moͤglich iſt — Mit dieſem gieng er fort. Beydes, die Antwort und ſein Fortgehen, ſchlugen ſie nieder. So lange ſie hofte, ſich raͤchen zu koͤnnen, konnte ſie ſich beſitzen; aber izt fieng ſie an zu weinen wie ein Kind, und ſagte, man laſſe ſie ihre Armuth entgelten, und ihr nicht einmal Gerechtigkeit wiederfahren wie dem geringſten Men- ſchen. Sie fiel izt von ihrem Stolz in eine Gat- tung uͤbernaͤchtliche Schwermuth, daß es ſchien, daß ſie ein ganz anderes Menſch waͤre als vorher. — Sie haͤngt den Kopf wie eine Suͤnderin, und fuͤhlt wie eine Buͤßerin, daß ſie nichts in der Welt iſt, und daß ſie nichts darinn kann, daß ſie izt nicht einmal mehr dem verachteten Arner den Tritt kann werden laſſen, den ſie ihm zugedacht. Mezger-Hund! das danken wir dir! kein Menſch in der Welt hatte ſie noch ſo weit zur Er-

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/97>, abgerufen am 21.11.2024.