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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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wars gar nicht weit in die Schule -- wie da eine
gottlose Ordnung sey, und wie man nicht anderst
handle, als wenn es völlig genug sey, wenn die
Kinder nur die Freßordnung recht lernen, und
Geld verdienen, als wenn an allem andern gar
nichts gelegen wäre. --

Es melkt ein Küher seinen Stall aus bis auf
den Tropfen -- so melkte Sylvia das Mensch aus
in allem, was es wider die neue Ordnung wußte,
bis auf den Tropfen.

Dann sagte sie am Ende noch, sind aber viele
Leute im Dorf, die hierinn denken, wie du? --

Mein Gott, Ja! erwiederte die Speckmol-
chin. Es wird es euch zwar nicht eine jede, wie
ich, so gerade heraus sagen, aber nicht der zehen-
de Theil ist ganz zufrieden, daß es ist, wie es ist,
und die so am meisten zufrieden thun, sind Lum-
penleute, denen ihre Kinder mehr Geld heimbrin-
gen als vorher; wenn das nicht wäre, ich will
glauben, ihr würdet im ganzen Dorf nicht einen
Menschen finden, der nicht sagte, wie gottlos die
Kinder in der Religion versäumt, und nur auf
das Zeitliche gezogen werden.

Sylvia gab ihr dann an, sie sollen ihre Kin-
der, wenn es so sey, nicht mehr in die Schul
schicken, und fragte sie, ob sie machen könnte, daß

das

wars gar nicht weit in die Schule — wie da eine
gottloſe Ordnung ſey, und wie man nicht anderſt
handle, als wenn es voͤllig genug ſey, wenn die
Kinder nur die Freßordnung recht lernen, und
Geld verdienen, als wenn an allem andern gar
nichts gelegen waͤre. —

Es melkt ein Kuͤher ſeinen Stall aus bis auf
den Tropfen — ſo melkte Sylvia das Menſch aus
in allem, was es wider die neue Ordnung wußte,
bis auf den Tropfen.

Dann ſagte ſie am Ende noch, ſind aber viele
Leute im Dorf, die hierinn denken, wie du? —

Mein Gott, Ja! erwiederte die Speckmol-
chin. Es wird es euch zwar nicht eine jede, wie
ich, ſo gerade heraus ſagen, aber nicht der zehen-
de Theil iſt ganz zufrieden, daß es iſt, wie es iſt,
und die ſo am meiſten zufrieden thun, ſind Lum-
penleute, denen ihre Kinder mehr Geld heimbrin-
gen als vorher; wenn das nicht waͤre, ich will
glauben, ihr wuͤrdet im ganzen Dorf nicht einen
Menſchen finden, der nicht ſagte, wie gottlos die
Kinder in der Religion verſaͤumt, und nur auf
das Zeitliche gezogen werden.

Sylvia gab ihr dann an, ſie ſollen ihre Kin-
der, wenn es ſo ſey, nicht mehr in die Schul
ſchicken, und fragte ſie, ob ſie machen koͤnnte, daß

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[64/0082] wars gar nicht weit in die Schule — wie da eine gottloſe Ordnung ſey, und wie man nicht anderſt handle, als wenn es voͤllig genug ſey, wenn die Kinder nur die Freßordnung recht lernen, und Geld verdienen, als wenn an allem andern gar nichts gelegen waͤre. — Es melkt ein Kuͤher ſeinen Stall aus bis auf den Tropfen — ſo melkte Sylvia das Menſch aus in allem, was es wider die neue Ordnung wußte, bis auf den Tropfen. Dann ſagte ſie am Ende noch, ſind aber viele Leute im Dorf, die hierinn denken, wie du? — Mein Gott, Ja! erwiederte die Speckmol- chin. Es wird es euch zwar nicht eine jede, wie ich, ſo gerade heraus ſagen, aber nicht der zehen- de Theil iſt ganz zufrieden, daß es iſt, wie es iſt, und die ſo am meiſten zufrieden thun, ſind Lum- penleute, denen ihre Kinder mehr Geld heimbrin- gen als vorher; wenn das nicht waͤre, ich will glauben, ihr wuͤrdet im ganzen Dorf nicht einen Menſchen finden, der nicht ſagte, wie gottlos die Kinder in der Religion verſaͤumt, und nur auf das Zeitliche gezogen werden. Sylvia gab ihr dann an, ſie ſollen ihre Kin- der, wenn es ſo ſey, nicht mehr in die Schul ſchicken, und fragte ſie, ob ſie machen koͤnnte, daß das

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/82>, abgerufen am 26.04.2024.