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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Fürst. Das ist wahr. --

Bylifsky. Es ist ein himmelweiter Unterschied
zwischen Menschen die wohl versorgt, und denen,
die es nicht sind. --

Fürst. Auch das ist wahr -- Aber es ist ein Loos
in der Lotterie, unter Zehntausenden ist hie und da
eines so glücklich, und wird wohl besorgt. --

Bylifsky. Ihr Durchlaucht! das ist nicht völlig
so: es sind unter dem Volk für das, was sie seyn
sollen, eine Menge Menschen wohl in der Ordnung
-- aber es könnten es freylich unendlich mehrere
seyn, und eben diese Ueberzeugung ist was mich
zwingt, Eur. Durchl. meine Wünsche vorzutragen.

Fürst. Ich wollte wohl gern, ich könnte mein
Volk in Ordnung bringen; aber sie wissen, wie sehr
ich's erfahren, daß nichts zu machen ist. -- Sicht-
bare Wehmuth war bey diesem Wort im Auge des
Fürsten. --

Bylifsky schwieg eine Weile; denn sagte der
Fürst wieder -- reden Sie nur fort! --

Nein, Ihr Durchlaucht! fuhr Bylifsky fort,
die gute Ordnung unter den Menschen ist kein Loos
in der Lotterie, es stehet in der Hand des Staats,
durch weisen Einfluß auf seine Bildung ihn wohl zu
versorgen, und den ersten Quellen seines Elends
mit Erfolg entgegen zu wirken. --

D d 2

Fuͤrſt. Das iſt wahr. —

Bylifsky. Es iſt ein himmelweiter Unterſchied
zwiſchen Menſchen die wohl verſorgt, und denen,
die es nicht ſind. —

Fuͤrſt. Auch das iſt wahr — Aber es iſt ein Loos
in der Lotterie, unter Zehntauſenden iſt hie und da
eines ſo gluͤcklich, und wird wohl beſorgt. —

Bylifsky. Ihr Durchlaucht! das iſt nicht voͤllig
ſo: es ſind unter dem Volk fuͤr das, was ſie ſeyn
ſollen, eine Menge Menſchen wohl in der Ordnung
— aber es koͤnnten es freylich unendlich mehrere
ſeyn, und eben dieſe Ueberzeugung iſt was mich
zwingt, Eur. Durchl. meine Wuͤnſche vorzutragen.

Fuͤrſt. Ich wollte wohl gern, ich koͤnnte mein
Volk in Ordnung bringen; aber ſie wiſſen, wie ſehr
ich's erfahren, daß nichts zu machen iſt. — Sicht-
bare Wehmuth war bey dieſem Wort im Auge des
Fuͤrſten. —

Bylifsky ſchwieg eine Weile; denn ſagte der
Fuͤrſt wieder — reden Sie nur fort! —

Nein, Ihr Durchlaucht! fuhr Bylifsky fort,
die gute Ordnung unter den Menſchen iſt kein Loos
in der Lotterie, es ſtehet in der Hand des Staats,
durch weiſen Einfluß auf ſeine Bildung ihn wohl zu
verſorgen, und den erſten Quellen ſeines Elends
mit Erfolg entgegen zu wirken. —

D d 2
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[419/0437] Fuͤrſt. Das iſt wahr. — Bylifsky. Es iſt ein himmelweiter Unterſchied zwiſchen Menſchen die wohl verſorgt, und denen, die es nicht ſind. — Fuͤrſt. Auch das iſt wahr — Aber es iſt ein Loos in der Lotterie, unter Zehntauſenden iſt hie und da eines ſo gluͤcklich, und wird wohl beſorgt. — Bylifsky. Ihr Durchlaucht! das iſt nicht voͤllig ſo: es ſind unter dem Volk fuͤr das, was ſie ſeyn ſollen, eine Menge Menſchen wohl in der Ordnung — aber es koͤnnten es freylich unendlich mehrere ſeyn, und eben dieſe Ueberzeugung iſt was mich zwingt, Eur. Durchl. meine Wuͤnſche vorzutragen. Fuͤrſt. Ich wollte wohl gern, ich koͤnnte mein Volk in Ordnung bringen; aber ſie wiſſen, wie ſehr ich's erfahren, daß nichts zu machen iſt. — Sicht- bare Wehmuth war bey dieſem Wort im Auge des Fuͤrſten. — Bylifsky ſchwieg eine Weile; denn ſagte der Fuͤrſt wieder — reden Sie nur fort! — Nein, Ihr Durchlaucht! fuhr Bylifsky fort, die gute Ordnung unter den Menſchen iſt kein Loos in der Lotterie, es ſtehet in der Hand des Staats, durch weiſen Einfluß auf ſeine Bildung ihn wohl zu verſorgen, und den erſten Quellen ſeines Elends mit Erfolg entgegen zu wirken. — D d 2

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/437>, abgerufen am 03.05.2024.