Selig wer für sich selber sorgt, sagte ein Rau- cher, und bließ dem andern, der vor ihm zustund, den Knaster ins Gesicht.
So war es izt. -- Selbst der Fürst hörte hie und da ein Wort von diesem Unfug; aber er zeigte, daß er keinen Gefallen daran habe, und wich es aus mit jemand davon zu reden.
Es gab immer noch Augenblicke, da ihm das Wasser in die Augen kam, wenn er vor Arner und seinen Kindern zustund, aber das war ihm auch nicht recht. -- Daß ich doch so ein Narr bin, und mich immer mit meinen Träumen plagen muß, sagte er einmal, da ihm seine Augen so zur Unzeit darü- ber naß wurden, zu sich selber, sein Herz schlug ihm da ers sagte. -- Er blieb noch einen Augenblick vor dem Gemählde stehen, sah es starr an -- sagte dann wie- der -- Nein, es ist doch nichts als Traum --! -- Und einen Augenblick darauf -- es betrügt und plagt mich. -- Mit dem Wort warf er einen Marmor, der auf seinen Papieren ihm an der Hand lag, ge- gen das Gemählde hin, der gieng durch, machte mitten durch Arners Kopf einen Riß -- wie es ge- wöhnlich geht, wenn Fürsten einem Menschen im Mißmuth das an Kopf schmeißen, was sie in Hän- den haben.
Aber der Herzog schämte sich, so bald Arner das Loch im Kopf hatte, und nahm das Gemählde
Selig wer fuͤr ſich ſelber ſorgt, ſagte ein Rau- cher, und bließ dem andern, der vor ihm zuſtund, den Knaſter ins Geſicht.
So war es izt. — Selbſt der Fuͤrſt hoͤrte hie und da ein Wort von dieſem Unfug; aber er zeigte, daß er keinen Gefallen daran habe, und wich es aus mit jemand davon zu reden.
Es gab immer noch Augenblicke, da ihm das Waſſer in die Augen kam, wenn er vor Arner und ſeinen Kindern zuſtund, aber das war ihm auch nicht recht. — Daß ich doch ſo ein Narr bin, und mich immer mit meinen Traͤumen plagen muß, ſagte er einmal, da ihm ſeine Augen ſo zur Unzeit daruͤ- ber naß wurden, zu ſich ſelber, ſein Herz ſchlug ihm da ers ſagte. — Er blieb noch einen Augenblick vor dem Gemaͤhlde ſtehen, ſah es ſtarr an — ſagte dann wie- der — Nein, es iſt doch nichts als Traum —! — Und einen Augenblick darauf — es betruͤgt und plagt mich. — Mit dem Wort warf er einen Marmor, der auf ſeinen Papieren ihm an der Hand lag, ge- gen das Gemaͤhlde hin, der gieng durch, machte mitten durch Arners Kopf einen Riß — wie es ge- woͤhnlich geht, wenn Fuͤrſten einem Menſchen im Mißmuth das an Kopf ſchmeißen, was ſie in Haͤn- den haben.
Aber der Herzog ſchaͤmte ſich, ſo bald Arner das Loch im Kopf hatte, und nahm das Gemaͤhlde
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Selig wer fuͤr ſich ſelber ſorgt, ſagte ein Rau-
cher, und bließ dem andern, der vor ihm zuſtund,
den Knaſter ins Geſicht.
So war es izt. — Selbſt der Fuͤrſt hoͤrte hie
und da ein Wort von dieſem Unfug; aber er zeigte,
daß er keinen Gefallen daran habe, und wich es aus
mit jemand davon zu reden.
Es gab immer noch Augenblicke, da ihm das
Waſſer in die Augen kam, wenn er vor Arner und
ſeinen Kindern zuſtund, aber das war ihm auch
nicht recht. — Daß ich doch ſo ein Narr bin, und
mich immer mit meinen Traͤumen plagen muß, ſagte
er einmal, da ihm ſeine Augen ſo zur Unzeit daruͤ-
ber naß wurden, zu ſich ſelber, ſein Herz ſchlug ihm da
ers ſagte. — Er blieb noch einen Augenblick vor dem
Gemaͤhlde ſtehen, ſah es ſtarr an — ſagte dann wie-
der — Nein, es iſt doch nichts als Traum —! —
Und einen Augenblick darauf — es betruͤgt und plagt
mich. — Mit dem Wort warf er einen Marmor,
der auf ſeinen Papieren ihm an der Hand lag, ge-
gen das Gemaͤhlde hin, der gieng durch, machte
mitten durch Arners Kopf einen Riß — wie es ge-
woͤhnlich geht, wenn Fuͤrſten einem Menſchen im
Mißmuth das an Kopf ſchmeißen, was ſie in Haͤn-
den haben.
Aber der Herzog ſchaͤmte ſich, ſo bald Arner
das Loch im Kopf hatte, und nahm das Gemaͤhlde
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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