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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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in der Auflösung seines Staubs, nennet er Gott
seinen Retter, und lebt im Augenblick seiner Zer-
nichtung jenseits des Grabs.

O geheiligte Gottes! Du zeigest dem Gewal-
tigen in seinem Sklaven das Kind des Ewigen. --
Du zwingst den Tirannen sein Auge wegzuwen-
den vom Blut seines Knechts. -- Du machst sein
Eingeweide zittern vor dem Recht des Armen und
vor den Thränen des Waislins.

Du setzest der Wuth der Menschen und ihrem
Unsinn ein Ziel.

Du segnest ihre Miriaden in der Furcht Got-
tes durch die Bande des Friedens, und durch dei-
nen sanften heiligen Geist.

Du erhebest den Menschen über das Unrecht,
und machst deine Anbeter die Hartherzigkeit der
Thoren mit Seelengröße ertragen.

Du giebst dem Menschen Weisheit in seinem
Thun, und erhebst ihn über das Werk seiner Hän-
den. Du stillest das Wallen des Bluts und das
Schlagen des brustzersprengenden Herzens.

Du zeigest deinem Anbeter in der Nothwendig-
keit -- Gott -- im drückenden Leiden die Liebe
des Vaters! Du beruhigest den Sinn des Er-
schlagenen in seinem Blut. --

X 4

in der Aufloͤſung ſeines Staubs, nennet er Gott
ſeinen Retter, und lebt im Augenblick ſeiner Zer-
nichtung jenſeits des Grabs.

O geheiligte Gottes! Du zeigeſt dem Gewal-
tigen in ſeinem Sklaven das Kind des Ewigen. —
Du zwingſt den Tirannen ſein Auge wegzuwen-
den vom Blut ſeines Knechts. — Du machſt ſein
Eingeweide zittern vor dem Recht des Armen und
vor den Thraͤnen des Waiſlins.

Du ſetzeſt der Wuth der Menſchen und ihrem
Unſinn ein Ziel.

Du ſegneſt ihre Miriaden in der Furcht Got-
tes durch die Bande des Friedens, und durch dei-
nen ſanften heiligen Geiſt.

Du erhebeſt den Menſchen uͤber das Unrecht,
und machſt deine Anbeter die Hartherzigkeit der
Thoren mit Seelengroͤße ertragen.

Du giebſt dem Menſchen Weisheit in ſeinem
Thun, und erhebſt ihn uͤber das Werk ſeiner Haͤn-
den. Du ſtilleſt das Wallen des Bluts und das
Schlagen des bruſtzerſprengenden Herzens.

Du zeigeſt deinem Anbeter in der Nothwendig-
keit — Gott — im druͤckenden Leiden die Liebe
des Vaters! Du beruhigeſt den Sinn des Er-
ſchlagenen in ſeinem Blut. —

X 4
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[327/0345] in der Aufloͤſung ſeines Staubs, nennet er Gott ſeinen Retter, und lebt im Augenblick ſeiner Zer- nichtung jenſeits des Grabs. O geheiligte Gottes! Du zeigeſt dem Gewal- tigen in ſeinem Sklaven das Kind des Ewigen. — Du zwingſt den Tirannen ſein Auge wegzuwen- den vom Blut ſeines Knechts. — Du machſt ſein Eingeweide zittern vor dem Recht des Armen und vor den Thraͤnen des Waiſlins. Du ſetzeſt der Wuth der Menſchen und ihrem Unſinn ein Ziel. Du ſegneſt ihre Miriaden in der Furcht Got- tes durch die Bande des Friedens, und durch dei- nen ſanften heiligen Geiſt. Du erhebeſt den Menſchen uͤber das Unrecht, und machſt deine Anbeter die Hartherzigkeit der Thoren mit Seelengroͤße ertragen. Du giebſt dem Menſchen Weisheit in ſeinem Thun, und erhebſt ihn uͤber das Werk ſeiner Haͤn- den. Du ſtilleſt das Wallen des Bluts und das Schlagen des bruſtzerſprengenden Herzens. Du zeigeſt deinem Anbeter in der Nothwendig- keit — Gott — im druͤckenden Leiden die Liebe des Vaters! Du beruhigeſt den Sinn des Er- ſchlagenen in ſeinem Blut. — X 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/345>, abgerufen am 28.04.2024.