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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Jahr alt war, fiengen alle Ehrenmütter schon an,
ihm an seinem Aussteuerzeug vorzuarbeiten, und
im vierzehenden Jahr zeigten sie es ihnen das Er-
stemal auf eine feyerliche Art, gewöhnlich am Abend
eines heiligen Fests, und zugleich die Rechnung,
was sie selber in ihrem Leben vorgespart. Der
Pfarrer mußte an einem solchen Tage selber da
seyn, und redete dann mit dem Kind in Gegenwart
seiner Aeltern, über die Nothwendigkeit in diesem
Alter, mit besonderer Sorgfalt auf sich selber acht
zu geben, bat dann Gott um seinen Segen zu die-
sem Anfang eines ehrlichen braven Hauswesens,
und übergab dem Kind in dieser Stunde ein kleines
Buch, das den Titel hatte, "der abgemahlte
Christenweg zu einem glücklichen Ehestand, und der
abgemahlte Jammer des wilden Heidenlebens."

Das Buch war ein Erfahrungsbuch, darinnen
ihnen, nicht übertrieben, aber deutlich vor Augen
gemahlt waren, die Freuden eines ordentlichen
Hauslebens, von den Jugend-Jahren an bis ins
höchste Alter, die fromme Sorgfalt, vom vierzehn-
den bis ins zwanzigste Jahr nicht verführt zu wer-
den, und das Glück der Menschen, im reifen Al-
ter durch das lange Thal des Lebens mit unbeschol-
tenem Haupte einher zu gehen, und im Greisenal-
ter im Angesichte seiner Kindeskinder keines seiner
grauen Jahre mit Schande befleckt zu haben, und
am Rande des Grabs mit frohem Herzen auf die


Jahr alt war, fiengen alle Ehrenmuͤtter ſchon an,
ihm an ſeinem Ausſteuerzeug vorzuarbeiten, und
im vierzehenden Jahr zeigten ſie es ihnen das Er-
ſtemal auf eine feyerliche Art, gewoͤhnlich am Abend
eines heiligen Feſts, und zugleich die Rechnung,
was ſie ſelber in ihrem Leben vorgeſpart. Der
Pfarrer mußte an einem ſolchen Tage ſelber da
ſeyn, und redete dann mit dem Kind in Gegenwart
ſeiner Aeltern, uͤber die Nothwendigkeit in dieſem
Alter, mit beſonderer Sorgfalt auf ſich ſelber acht
zu geben, bat dann Gott um ſeinen Segen zu die-
ſem Anfang eines ehrlichen braven Hausweſens,
und uͤbergab dem Kind in dieſer Stunde ein kleines
Buch, das den Titel hatte, „der abgemahlte
Chriſtenweg zu einem gluͤcklichen Eheſtand, und der
abgemahlte Jammer des wilden Heidenlebens.“

Das Buch war ein Erfahrungsbuch, darinnen
ihnen, nicht uͤbertrieben, aber deutlich vor Augen
gemahlt waren, die Freuden eines ordentlichen
Hauslebens, von den Jugend-Jahren an bis ins
hoͤchſte Alter, die fromme Sorgfalt, vom vierzehn-
den bis ins zwanzigſte Jahr nicht verfuͤhrt zu wer-
den, und das Gluͤck der Menſchen, im reifen Al-
ter durch das lange Thal des Lebens mit unbeſchol-
tenem Haupte einher zu gehen, und im Greiſenal-
ter im Angeſichte ſeiner Kindeskinder keines ſeiner
grauen Jahre mit Schande befleckt zu haben, und
am Rande des Grabs mit frohem Herzen auf die

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[313/0331] Jahr alt war, fiengen alle Ehrenmuͤtter ſchon an, ihm an ſeinem Ausſteuerzeug vorzuarbeiten, und im vierzehenden Jahr zeigten ſie es ihnen das Er- ſtemal auf eine feyerliche Art, gewoͤhnlich am Abend eines heiligen Feſts, und zugleich die Rechnung, was ſie ſelber in ihrem Leben vorgeſpart. Der Pfarrer mußte an einem ſolchen Tage ſelber da ſeyn, und redete dann mit dem Kind in Gegenwart ſeiner Aeltern, uͤber die Nothwendigkeit in dieſem Alter, mit beſonderer Sorgfalt auf ſich ſelber acht zu geben, bat dann Gott um ſeinen Segen zu die- ſem Anfang eines ehrlichen braven Hausweſens, und uͤbergab dem Kind in dieſer Stunde ein kleines Buch, das den Titel hatte, „der abgemahlte Chriſtenweg zu einem gluͤcklichen Eheſtand, und der abgemahlte Jammer des wilden Heidenlebens.“ Das Buch war ein Erfahrungsbuch, darinnen ihnen, nicht uͤbertrieben, aber deutlich vor Augen gemahlt waren, die Freuden eines ordentlichen Hauslebens, von den Jugend-Jahren an bis ins hoͤchſte Alter, die fromme Sorgfalt, vom vierzehn- den bis ins zwanzigſte Jahr nicht verfuͤhrt zu wer- den, und das Gluͤck der Menſchen, im reifen Al- ter durch das lange Thal des Lebens mit unbeſchol- tenem Haupte einher zu gehen, und im Greiſenal- ter im Angeſichte ſeiner Kindeskinder keines ſeiner grauen Jahre mit Schande befleckt zu haben, und am Rande des Grabs mit frohem Herzen auf die

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/331>, abgerufen am 28.04.2024.