Großvater eine solche Verheerung in seinem Lande angerichtet, auslöschen. Er richtete darum im höchsten Grade seine Aufmerksamkeit auf die kleinen laufenden Rechnungen seiner Dorfleute, um es ih- nen unmöglich zu machen, Bären anzubinden, und Jahr und Tag nicht daran zu sinnen, wie groß sie ein Maul haben. Er befahl also bey Verlust der Schuld, diese 14tägigen Abrechnungen, auch der geringsten Kleinigkeiten, nebst bestimmter Eintra- gung der Zahlungszeit, deren doppelte Nichthal- tung auf oben beschriebene Weise an die Aufseher, und von diesen an den Dorfvogt gelangen mußte. -- Endlich ließ er --
Neuntens, alljährlich einen jeden Hausvater, in Gegenwart seiner Frauen, seiner erwachsenen Kinder, seiner nächsten Anverwandten, und des Aufsehers seiner Gasse, antworten, ob er in allem mit jedermann richtig und gichtig, und die Kenn- zeichen, Titel, Unterscheidungen und Marchen von allem, was er besitze, allenthalben in einer Ord-
men in einem Volksbuch, wann es einmal ins Dorf kommt, und von Armen gelesen wird, schrecken Frevler mehr ab, als oft die bestge- meynten hochobrigkeitlichen Verordnungen; also verzeih mir den Donnersbub, den ich im täglichen Leben immer brauche, wenn ich mit dem Volk von solchen Burschen rede.
S 4
Großvater eine ſolche Verheerung in ſeinem Lande angerichtet, ausloͤſchen. Er richtete darum im hoͤchſten Grade ſeine Aufmerkſamkeit auf die kleinen laufenden Rechnungen ſeiner Dorfleute, um es ih- nen unmoͤglich zu machen, Baͤren anzubinden, und Jahr und Tag nicht daran zu ſinnen, wie groß ſie ein Maul haben. Er befahl alſo bey Verluſt der Schuld, dieſe 14taͤgigen Abrechnungen, auch der geringſten Kleinigkeiten, nebſt beſtimmter Eintra- gung der Zahlungszeit, deren doppelte Nichthal- tung auf oben beſchriebene Weiſe an die Aufſeher, und von dieſen an den Dorfvogt gelangen mußte. — Endlich ließ er —
Neuntens, alljaͤhrlich einen jeden Hausvater, in Gegenwart ſeiner Frauen, ſeiner erwachſenen Kinder, ſeiner naͤchſten Anverwandten, und des Aufſehers ſeiner Gaſſe, antworten, ob er in allem mit jedermann richtig und gichtig, und die Kenn- zeichen, Titel, Unterſcheidungen und Marchen von allem, was er beſitze, allenthalben in einer Ord-
men in einem Volksbuch, wann es einmal ins Dorf kommt, und von Armen geleſen wird, ſchrecken Frevler mehr ab, als oft die beſtge- meynten hochobrigkeitlichen Verordnungen; alſo verzeih mir den Donnersbub, den ich im taͤglichen Leben immer brauche, wenn ich mit dem Volk von ſolchen Burſchen rede.
S 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0297"n="279"/>
Großvater eine ſolche Verheerung in ſeinem Lande<lb/>
angerichtet, ausloͤſchen. Er richtete darum im<lb/>
hoͤchſten Grade ſeine Aufmerkſamkeit auf die kleinen<lb/>
laufenden Rechnungen ſeiner Dorfleute, um es ih-<lb/>
nen unmoͤglich zu machen, Baͤren anzubinden, und<lb/>
Jahr und Tag nicht daran zu ſinnen, wie groß ſie<lb/>
ein Maul haben. Er befahl alſo bey Verluſt der<lb/>
Schuld, dieſe 14taͤgigen Abrechnungen, auch der<lb/>
geringſten Kleinigkeiten, nebſt beſtimmter Eintra-<lb/>
gung der Zahlungszeit, deren doppelte Nichthal-<lb/>
tung auf oben beſchriebene Weiſe an die Aufſeher,<lb/>
und von dieſen an den Dorfvogt gelangen mußte.<lb/>— Endlich ließ er —</p><lb/><p>Neuntens, alljaͤhrlich einen jeden Hausvater,<lb/>
in Gegenwart ſeiner Frauen, ſeiner erwachſenen<lb/>
Kinder, ſeiner naͤchſten Anverwandten, und des<lb/>
Aufſehers ſeiner Gaſſe, antworten, ob er in allem<lb/>
mit jedermann richtig und gichtig, und die Kenn-<lb/>
zeichen, Titel, Unterſcheidungen und Marchen von<lb/>
allem, was er beſitze, allenthalben in einer Ord-<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><notexml:id="seg2pn_3_2"prev="#seg2pn_3_1"place="foot"n="*)">men in einem Volksbuch, wann es einmal ins<lb/>
Dorf kommt, und von Armen geleſen wird,<lb/>ſchrecken Frevler mehr ab, als oft die beſtge-<lb/>
meynten hochobrigkeitlichen Verordnungen;<lb/>
alſo verzeih mir den Donnersbub, den ich im<lb/>
taͤglichen Leben immer brauche, wenn ich mit<lb/>
dem Volk von ſolchen Burſchen rede.</note><lb/><fwplace="bottom"type="sig">S 4</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[279/0297]
Großvater eine ſolche Verheerung in ſeinem Lande
angerichtet, ausloͤſchen. Er richtete darum im
hoͤchſten Grade ſeine Aufmerkſamkeit auf die kleinen
laufenden Rechnungen ſeiner Dorfleute, um es ih-
nen unmoͤglich zu machen, Baͤren anzubinden, und
Jahr und Tag nicht daran zu ſinnen, wie groß ſie
ein Maul haben. Er befahl alſo bey Verluſt der
Schuld, dieſe 14taͤgigen Abrechnungen, auch der
geringſten Kleinigkeiten, nebſt beſtimmter Eintra-
gung der Zahlungszeit, deren doppelte Nichthal-
tung auf oben beſchriebene Weiſe an die Aufſeher,
und von dieſen an den Dorfvogt gelangen mußte.
— Endlich ließ er —
Neuntens, alljaͤhrlich einen jeden Hausvater,
in Gegenwart ſeiner Frauen, ſeiner erwachſenen
Kinder, ſeiner naͤchſten Anverwandten, und des
Aufſehers ſeiner Gaſſe, antworten, ob er in allem
mit jedermann richtig und gichtig, und die Kenn-
zeichen, Titel, Unterſcheidungen und Marchen von
allem, was er beſitze, allenthalben in einer Ord-
*)
*) men in einem Volksbuch, wann es einmal ins
Dorf kommt, und von Armen geleſen wird,
ſchrecken Frevler mehr ab, als oft die beſtge-
meynten hochobrigkeitlichen Verordnungen;
alſo verzeih mir den Donnersbub, den ich im
taͤglichen Leben immer brauche, wenn ich mit
dem Volk von ſolchen Burſchen rede.
S 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/297>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.