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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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dergleichen Sorgfaltstage haben sollten, sie meynen
vielmehr, das Volk sollte für sie dergleichen Sorg-
falts- und Unterthanen-Tage halten, und darinn
auszirkeln, wie es mit ihren Herren umgehen soll-
te; aber das sey just, sagten die Bauern, wie
wenn die Ochsen, Esel und Schaafe, dergleichen
Thiertage halten sollten, um sich daran zu bera-
then, wie sie mit ihren Herren, den Menschen,
umgehen sollten. -- *)

*) Anmerkung. "Die dummen Herren." Es
ist auch dumm, daß du ihnen so sagst! sagt
mir eben meine liebe N.... Ich antwor-
tete ihr, die Bauern lieben es gar zu sehr, so
von den Herren zu reden, und ein Volksbuch,
das ihnen die Herren-Fehler in ihrer Sprache
nicht Preis geben wollte, würde die beste Würze
mangeln, die die Bauern Laune, und ihr, ih-
nen eigener wirklicher Unterhaltungston hat --
darum liebe N.... laß mich nur immer reden,
und mach mich nicht sorgen, du kommest etwa
auch auf die Gedanken, man könne mit Holz-
schnitten, rothen Buchstaben, und den übri-
gen Kalender Zeichen, bey den Bauern eben
das ausrichten, was mit einer freyen, in die
eigentliche Richtung ihres Geistes eintretenden
Nachahmung ihrer eigenen Manier -- Und
denn liebe N.... laß doch einen jeden, der
etwas anders in dieser Manier findt, sie erst
-- -- studieren, und dann hernach mit mir
reden. --

dergleichen Sorgfaltstage haben ſollten, ſie meynen
vielmehr, das Volk ſollte fuͤr ſie dergleichen Sorg-
falts- und Unterthanen-Tage halten, und darinn
auszirkeln, wie es mit ihren Herren umgehen ſoll-
te; aber das ſey juſt, ſagten die Bauern, wie
wenn die Ochſen, Eſel und Schaafe, dergleichen
Thiertage halten ſollten, um ſich daran zu bera-
then, wie ſie mit ihren Herren, den Menſchen,
umgehen ſollten. — *)

*) Anmerkung. „Die dummen Herren.“ Es
iſt auch dumm, daß du ihnen ſo ſagſt! ſagt
mir eben meine liebe N.... Ich antwor-
tete ihr, die Bauern lieben es gar zu ſehr, ſo
von den Herren zu reden, und ein Volksbuch,
das ihnen die Herren-Fehler in ihrer Sprache
nicht Preis geben wollte, wuͤrde die beſte Wuͤrze
mangeln, die die Bauern Laune, und ihr, ih-
nen eigener wirklicher Unterhaltungston hat —
darum liebe N.... laß mich nur immer reden,
und mach mich nicht ſorgen, du kommeſt etwa
auch auf die Gedanken, man koͤnne mit Holz-
ſchnitten, rothen Buchſtaben, und den uͤbri-
gen Kalender Zeichen, bey den Bauern eben
das ausrichten, was mit einer freyen, in die
eigentliche Richtung ihres Geiſtes eintretenden
Nachahmung ihrer eigenen Manier — Und
denn liebe N.... laß doch einen jeden, der
etwas anders in dieſer Manier findt, ſie erſt
— — ſtudieren, und dann hernach mit mir
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[267/0285] dergleichen Sorgfaltstage haben ſollten, ſie meynen vielmehr, das Volk ſollte fuͤr ſie dergleichen Sorg- falts- und Unterthanen-Tage halten, und darinn auszirkeln, wie es mit ihren Herren umgehen ſoll- te; aber das ſey juſt, ſagten die Bauern, wie wenn die Ochſen, Eſel und Schaafe, dergleichen Thiertage halten ſollten, um ſich daran zu bera- then, wie ſie mit ihren Herren, den Menſchen, umgehen ſollten. — *) *) Anmerkung. „Die dummen Herren.“ Es iſt auch dumm, daß du ihnen ſo ſagſt! ſagt mir eben meine liebe N.... Ich antwor- tete ihr, die Bauern lieben es gar zu ſehr, ſo von den Herren zu reden, und ein Volksbuch, das ihnen die Herren-Fehler in ihrer Sprache nicht Preis geben wollte, wuͤrde die beſte Wuͤrze mangeln, die die Bauern Laune, und ihr, ih- nen eigener wirklicher Unterhaltungston hat — darum liebe N.... laß mich nur immer reden, und mach mich nicht ſorgen, du kommeſt etwa auch auf die Gedanken, man koͤnne mit Holz- ſchnitten, rothen Buchſtaben, und den uͤbri- gen Kalender Zeichen, bey den Bauern eben das ausrichten, was mit einer freyen, in die eigentliche Richtung ihres Geiſtes eintretenden Nachahmung ihrer eigenen Manier — Und denn liebe N.... laß doch einen jeden, der etwas anders in dieſer Manier findt, ſie erſt — — ſtudieren, und dann hernach mit mir reden. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/285>, abgerufen am 07.05.2024.