vor danke ihnen Niemand, es frage sie Niemand, wie sie es machen, wie sie mit ihren Leuten und mit ihren Kindern dahin kommen, wo die andern Bauern doch nicht sind, und wo man von einem Pfarrer, der sein Dorf dahinbringen würde, in der ganzen Welt Rühmens und Wesens machen würde, das sey eines; das andere sey, man sage ihnen in den Tag hinein, sie verderben mit ihren Meynungen die Leute, und zeige ihnen nicht wie, und gebe ihnen kein Exempel, wie man das Volk besser füh- ren könne als sie. -- Dann sage man ihnen, sie seyen dumm und einfältig; und sie sehen doch, daß sie bey den Leuten mehr ausrichten und mehr Gu- tes stiften, und in ihren Haushaltungen meistens glücklicher seyen, als die so sagen, sie seyen dumm; und seyen sich gewohnt, Vernunft und Verstand nach dem, was man damit ausrichte, zu messen und zu schätzen; sie heißen in ihrer Sprache das etwas ausrichten Segen, und das nichts ausrichten Unsegen; und so lang sie den Se- gen auf ihrer Seite haben, so glauben sie auch nicht, daß sie die Dummen in der Welt seyen, es mag es ihnen sagen wer da will.
Dann wirft man ihnen vor, sie seyen hart- näckig, und lassen sich nicht berichten, und die, so es ihnen am lautesten vorwerfen, sind, auf das Gelindeste davon zu reden, im gleichen Spital krank, und nehmen noch viel weniger von ihnen
vor danke ihnen Niemand, es frage ſie Niemand, wie ſie es machen, wie ſie mit ihren Leuten und mit ihren Kindern dahin kommen, wo die andern Bauern doch nicht ſind, und wo man von einem Pfarrer, der ſein Dorf dahinbringen wuͤrde, in der ganzen Welt Ruͤhmens und Weſens machen wuͤrde, das ſey eines; das andere ſey, man ſage ihnen in den Tag hinein, ſie verderben mit ihren Meynungen die Leute, und zeige ihnen nicht wie, und gebe ihnen kein Exempel, wie man das Volk beſſer fuͤh- ren koͤnne als ſie. — Dann ſage man ihnen, ſie ſeyen dumm und einfaͤltig; und ſie ſehen doch, daß ſie bey den Leuten mehr ausrichten und mehr Gu- tes ſtiften, und in ihren Haushaltungen meiſtens gluͤcklicher ſeyen, als die ſo ſagen, ſie ſeyen dumm; und ſeyen ſich gewohnt, Vernunft und Verſtand nach dem, was man damit ausrichte, zu meſſen und zu ſchaͤtzen; ſie heißen in ihrer Sprache das etwas ausrichten Segen, und das nichts ausrichten Unſegen; und ſo lang ſie den Se- gen auf ihrer Seite haben, ſo glauben ſie auch nicht, daß ſie die Dummen in der Welt ſeyen, es mag es ihnen ſagen wer da will.
Dann wirft man ihnen vor, ſie ſeyen hart- naͤckig, und laſſen ſich nicht berichten, und die, ſo es ihnen am lauteſten vorwerfen, ſind, auf das Gelindeſte davon zu reden, im gleichen Spital krank, und nehmen noch viel weniger von ihnen
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vor danke ihnen Niemand, es frage ſie Niemand,
wie ſie es machen, wie ſie mit ihren Leuten und mit
ihren Kindern dahin kommen, wo die andern Bauern
doch nicht ſind, und wo man von einem Pfarrer,
der ſein Dorf dahinbringen wuͤrde, in der ganzen
Welt Ruͤhmens und Weſens machen wuͤrde, das
ſey eines; das andere ſey, man ſage ihnen in den
Tag hinein, ſie verderben mit ihren Meynungen
die Leute, und zeige ihnen nicht wie, und gebe
ihnen kein Exempel, wie man das Volk beſſer fuͤh-
ren koͤnne als ſie. — Dann ſage man ihnen, ſie
ſeyen dumm und einfaͤltig; und ſie ſehen doch, daß
ſie bey den Leuten mehr ausrichten und mehr Gu-
tes ſtiften, und in ihren Haushaltungen meiſtens
gluͤcklicher ſeyen, als die ſo ſagen, ſie ſeyen dumm;
und ſeyen ſich gewohnt, Vernunft und Verſtand
nach dem, was man damit ausrichte, zu meſſen
und zu ſchaͤtzen; ſie heißen in ihrer Sprache das
etwas ausrichten Segen, und das nichts
ausrichten Unſegen; und ſo lang ſie den Se-
gen auf ihrer Seite haben, ſo glauben ſie auch
nicht, daß ſie die Dummen in der Welt ſeyen, es
mag es ihnen ſagen wer da will.
Dann wirft man ihnen vor, ſie ſeyen hart-
naͤckig, und laſſen ſich nicht berichten, und die,
ſo es ihnen am lauteſten vorwerfen, ſind, auf das
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/232>, abgerufen am 25.11.2024.
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