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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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izt jedermann, dem es besser geht als ihr; und
braucht das Einzige was sie eigenthümliches hat,
ihr bischen Geist, zu kränken wen sie beneidet.

Ihr ganzes Wesen ist krum. Sie schämt sich
nicht. -- Was sie redet, thut der Unschuld weh,
oder macht sie erröthen. -- Sie hasset was den
geraden Weg gehet, und verachtet was natürlich,
unverdreht und unverkehrt ist. --

-- So ein Mensch ist sie. --

Wenn man von einem schwangern Weib
redt, so speyt sie auf den Boden, und es ist ihr
Wort -- "Hätte der Narr nichts gescheiders thun
können, als noch ein elendes Geschöpf mehr auf
die Welt setzen?" --

Die Person, die sie mit sich gebracht, hat
viel ähnliches mit ihr; aber sie ist mehr --
Sie giebt ihr den Namen Freundin; ich denke so
lange es gut geht, denn sie steht bey ihr im Jahr-
lohn, sie heißt Aglee. -- Beyde sind nicht gern
auf das Land gekommen, und hatten den Onkle
schon zwey Jahre von dieser Reise abgehalten.
Dieß Jahr konnten sie es nicht; und brachten also
neben ihren Karaktern noch ihre böse Laune mit sich.

Der Rollenberger war der erste ob dem sie sie
ausstießen. Er legte mit seinem Karl einiges Saa-
menzeug im Garten auf einer Bank in Ordnung;

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izt jedermann, dem es beſſer geht als ihr; und
braucht das Einzige was ſie eigenthuͤmliches hat,
ihr bischen Geiſt, zu kraͤnken wen ſie beneidet.

Ihr ganzes Weſen iſt krum. Sie ſchaͤmt ſich
nicht. — Was ſie redet, thut der Unſchuld weh,
oder macht ſie erroͤthen. — Sie haſſet was den
geraden Weg gehet, und verachtet was natuͤrlich,
unverdreht und unverkehrt iſt. —

— So ein Menſch iſt ſie. —

Wenn man von einem ſchwangern Weib
redt, ſo ſpeyt ſie auf den Boden, und es iſt ihr
Wort — „Haͤtte der Narr nichts geſcheiders thun
koͤnnen, als noch ein elendes Geſchoͤpf mehr auf
die Welt ſetzen?„ —

Die Perſon, die ſie mit ſich gebracht, hat
viel aͤhnliches mit ihr; aber ſie iſt mehr —
Sie giebt ihr den Namen Freundin; ich denke ſo
lange es gut geht, denn ſie ſteht bey ihr im Jahr-
lohn, ſie heißt Aglee. — Beyde ſind nicht gern
auf das Land gekommen, und hatten den Onkle
ſchon zwey Jahre von dieſer Reiſe abgehalten.
Dieß Jahr konnten ſie es nicht; und brachten alſo
neben ihren Karaktern noch ihre boͤſe Laune mit ſich.

Der Rollenberger war der erſte ob dem ſie ſie
ausſtießen. Er legte mit ſeinem Karl einiges Saa-
menzeug im Garten auf einer Bank in Ordnung;

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[5/0023] izt jedermann, dem es beſſer geht als ihr; und braucht das Einzige was ſie eigenthuͤmliches hat, ihr bischen Geiſt, zu kraͤnken wen ſie beneidet. Ihr ganzes Weſen iſt krum. Sie ſchaͤmt ſich nicht. — Was ſie redet, thut der Unſchuld weh, oder macht ſie erroͤthen. — Sie haſſet was den geraden Weg gehet, und verachtet was natuͤrlich, unverdreht und unverkehrt iſt. — — So ein Menſch iſt ſie. — Wenn man von einem ſchwangern Weib redt, ſo ſpeyt ſie auf den Boden, und es iſt ihr Wort — „Haͤtte der Narr nichts geſcheiders thun koͤnnen, als noch ein elendes Geſchoͤpf mehr auf die Welt ſetzen?„ — Die Perſon, die ſie mit ſich gebracht, hat viel aͤhnliches mit ihr; aber ſie iſt mehr — Sie giebt ihr den Namen Freundin; ich denke ſo lange es gut geht, denn ſie ſteht bey ihr im Jahr- lohn, ſie heißt Aglee. — Beyde ſind nicht gern auf das Land gekommen, und hatten den Onkle ſchon zwey Jahre von dieſer Reiſe abgehalten. Dieß Jahr konnten ſie es nicht; und brachten alſo neben ihren Karaktern noch ihre boͤſe Laune mit ſich. Der Rollenberger war der erſte ob dem ſie ſie ausſtießen. Er legte mit ſeinem Karl einiges Saa- menzeug im Garten auf einer Bank in Ordnung; A 3

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/23>, abgerufen am 16.04.2024.