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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Mensch, und muß auch sterben wie ich -- und wie
alle andere -- ich kann ihm nicht helfen. --

Andere drückten sich so aus -- es scheint doch,
es könnte noch kommen, wie der Jäger es gesagt
hat, daß die alte Ordnung vor dem andern Jahr
wieder Meister werden müsse. --

Wieder andere -- es ist ein Lärm, wie wenn
ein König sterben wollte! -- zulezt wird kein Pflug
still stehen, wann er nicht mehr ist. --

So wurden die Gedanken nach und nach im-
mer härter und schlechter, und hie und da floß so
gar ein Wort, ich will es dem oder diesem denn
auch zeigen, wann es so kommt. --

Die Vorgesezten hatten es ihm nichts weniger
als vergessen, daß sie mit dem Hut in der Hand,
und auf den Knien ihre Armen um Verzeihung
hatten bitten müssen -- und von denen, die Geißen
von ihm hatten, dachten nicht wenige, sie müssen
sie ihm dann nicht mehr bezahlen. --

Mit jeder Stunde sagten ihrer mehrere, es
würde einmal viel wieder anderst kommen, und
anderst werden, wann er todt wäre; und die so
es sagten, hatten sicher alle in dem oder diesem
Stück einen Grund, warum sie es sagten, und wa-
rum sie es wünschten, und sagten es sich nur um
deßwillen, weil sie es wünschten. --

Menſch, und muß auch ſterben wie ich — und wie
alle andere — ich kann ihm nicht helfen. —

Andere druͤckten ſich ſo aus — es ſcheint doch,
es koͤnnte noch kommen, wie der Jaͤger es geſagt
hat, daß die alte Ordnung vor dem andern Jahr
wieder Meiſter werden muͤſſe. —

Wieder andere — es iſt ein Laͤrm, wie wenn
ein Koͤnig ſterben wollte! — zulezt wird kein Pflug
ſtill ſtehen, wann er nicht mehr iſt. —

So wurden die Gedanken nach und nach im-
mer haͤrter und ſchlechter, und hie und da floß ſo
gar ein Wort, ich will es dem oder dieſem denn
auch zeigen, wann es ſo kommt. —

Die Vorgeſezten hatten es ihm nichts weniger
als vergeſſen, daß ſie mit dem Hut in der Hand,
und auf den Knien ihre Armen um Verzeihung
hatten bitten muͤſſen — und von denen, die Geißen
von ihm hatten, dachten nicht wenige, ſie muͤſſen
ſie ihm dann nicht mehr bezahlen. —

Mit jeder Stunde ſagten ihrer mehrere, es
wuͤrde einmal viel wieder anderſt kommen, und
anderſt werden, wann er todt waͤre; und die ſo
es ſagten, hatten ſicher alle in dem oder dieſem
Stuͤck einen Grund, warum ſie es ſagten, und wa-
rum ſie es wuͤnſchten, und ſagten es ſich nur um
deßwillen, weil ſie es wuͤnſchten. —

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[108/0126] Menſch, und muß auch ſterben wie ich — und wie alle andere — ich kann ihm nicht helfen. — Andere druͤckten ſich ſo aus — es ſcheint doch, es koͤnnte noch kommen, wie der Jaͤger es geſagt hat, daß die alte Ordnung vor dem andern Jahr wieder Meiſter werden muͤſſe. — Wieder andere — es iſt ein Laͤrm, wie wenn ein Koͤnig ſterben wollte! — zulezt wird kein Pflug ſtill ſtehen, wann er nicht mehr iſt. — So wurden die Gedanken nach und nach im- mer haͤrter und ſchlechter, und hie und da floß ſo gar ein Wort, ich will es dem oder dieſem denn auch zeigen, wann es ſo kommt. — Die Vorgeſezten hatten es ihm nichts weniger als vergeſſen, daß ſie mit dem Hut in der Hand, und auf den Knien ihre Armen um Verzeihung hatten bitten muͤſſen — und von denen, die Geißen von ihm hatten, dachten nicht wenige, ſie muͤſſen ſie ihm dann nicht mehr bezahlen. — Mit jeder Stunde ſagten ihrer mehrere, es wuͤrde einmal viel wieder anderſt kommen, und anderſt werden, wann er todt waͤre; und die ſo es ſagten, hatten ſicher alle in dem oder dieſem Stuͤck einen Grund, warum ſie es ſagten, und wa- rum ſie es wuͤnſchten, und ſagten es ſich nur um deßwillen, weil ſie es wuͤnſchten. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/126>, abgerufen am 22.11.2024.