Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite


Zeit das Richtige seiner Meynungen wird zernagt
haben, wie er das Richtige der Meynungen aller
Menschen zernagt, noch Goldkörner und Diaman-
ten seyn werden, und die, wann einst die Zauberli-
nien die Welt im Menschen mit Gott, und im Men-
schen ohne Gott zu vertheilen, und sie vor der Zeit
in zwo Heerden zu söndern in ihre Bestandtheile
aufgelöst, und die Zahl und die Namen der Stür-
mer dieser Linien, wie die Zahl und die Namen ih-
rer Vertheidiger vergessen, und der Reiz ihres
Blendwerks auch von seinen Augen wird wegge-
fallen seyn, ihm noch den Dank unsers Geschlechts
und die Aufmerksamkeit der Nachwelt sichern wer-
den. -- Er sagte nemlich zum Rollenberger mit
Lavaters Worten, "sorgen sie, daß mein Kind
nie an keine Allgemeinheiten glaube, die nicht ir-
gendwo in einem Individuo in der Welt wirklich
existiren."

Den General, der vor ihm zu fast in Thränen
vergieng, zu beruhigen, sagte er, er soll doch nicht
glauben, daß seine Krankheit nicht schon lange in
ihm gelegen sey, und berief sich auf den Pfarrer
von Bonnal, der ihm bezeugen werde, er habe sie
schon vor Monaten voraus gesehen, und mit ihm
schon damals auf dem Bonnaler Riedt auf den Fall
seines Todes Einrichtungen und Abreden getrof-
fen.

G 4


Zeit das Richtige ſeiner Meynungen wird zernagt
haben, wie er das Richtige der Meynungen aller
Menſchen zernagt, noch Goldkoͤrner und Diaman-
ten ſeyn werden, und die, wann einſt die Zauberli-
nien die Welt im Menſchen mit Gott, und im Men-
ſchen ohne Gott zu vertheilen, und ſie vor der Zeit
in zwo Heerden zu ſoͤndern in ihre Beſtandtheile
aufgeloͤſt, und die Zahl und die Namen der Stuͤr-
mer dieſer Linien, wie die Zahl und die Namen ih-
rer Vertheidiger vergeſſen, und der Reiz ihres
Blendwerks auch von ſeinen Augen wird wegge-
fallen ſeyn, ihm noch den Dank unſers Geſchlechts
und die Aufmerkſamkeit der Nachwelt ſichern wer-
den. — Er ſagte nemlich zum Rollenberger mit
Lavaters Worten, „ſorgen ſie, daß mein Kind
nie an keine Allgemeinheiten glaube, die nicht ir-
gendwo in einem Individuo in der Welt wirklich
exiſtiren.„

Den General, der vor ihm zu faſt in Thraͤnen
vergieng, zu beruhigen, ſagte er, er ſoll doch nicht
glauben, daß ſeine Krankheit nicht ſchon lange in
ihm gelegen ſey, und berief ſich auf den Pfarrer
von Bonnal, der ihm bezeugen werde, er habe ſie
ſchon vor Monaten voraus geſehen, und mit ihm
ſchon damals auf dem Bonnaler Riedt auf den Fall
ſeines Todes Einrichtungen und Abreden getrof-
fen.

G 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="103"/><lb/>
Zeit das Richtige &#x017F;einer Meynungen wird zernagt<lb/>
haben, wie er das Richtige der Meynungen aller<lb/>
Men&#x017F;chen zernagt, noch Goldko&#x0364;rner und Diaman-<lb/>
ten &#x017F;eyn werden, und die, wann ein&#x017F;t die Zauberli-<lb/>
nien die Welt im Men&#x017F;chen mit Gott, und im Men-<lb/>
&#x017F;chen ohne Gott zu vertheilen, und &#x017F;ie vor der Zeit<lb/>
in zwo Heerden zu &#x017F;o&#x0364;ndern in ihre Be&#x017F;tandtheile<lb/>
aufgelo&#x0364;&#x017F;t, und die Zahl und die Namen der Stu&#x0364;r-<lb/>
mer die&#x017F;er Linien, wie die Zahl und die Namen ih-<lb/>
rer Vertheidiger verge&#x017F;&#x017F;en, und der Reiz ihres<lb/>
Blendwerks auch von &#x017F;einen Augen wird wegge-<lb/>
fallen &#x017F;eyn, ihm noch den Dank un&#x017F;ers Ge&#x017F;chlechts<lb/>
und die Aufmerk&#x017F;amkeit der Nachwelt &#x017F;ichern wer-<lb/>
den. &#x2014; Er &#x017F;agte nemlich zum Rollenberger mit<lb/><hi rendition="#g">Lavaters</hi> Worten, &#x201E;&#x017F;orgen &#x017F;ie, daß mein Kind<lb/>
nie an keine Allgemeinheiten glaube, die nicht ir-<lb/>
gendwo in einem Individuo in der Welt wirklich<lb/>
exi&#x017F;tiren.&#x201E;</p><lb/>
        <p>Den General, der vor ihm zu fa&#x017F;t in Thra&#x0364;nen<lb/>
vergieng, zu beruhigen, &#x017F;agte er, er &#x017F;oll doch nicht<lb/>
glauben, daß &#x017F;eine Krankheit nicht &#x017F;chon lange in<lb/>
ihm gelegen &#x017F;ey, und berief &#x017F;ich auf den Pfarrer<lb/>
von Bonnal, der ihm bezeugen werde, er habe &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chon vor Monaten voraus ge&#x017F;ehen, und mit ihm<lb/>
&#x017F;chon damals auf dem Bonnaler Riedt auf den Fall<lb/>
&#x017F;eines Todes Einrichtungen und Abreden getrof-<lb/>
fen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">G 4</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0121] Zeit das Richtige ſeiner Meynungen wird zernagt haben, wie er das Richtige der Meynungen aller Menſchen zernagt, noch Goldkoͤrner und Diaman- ten ſeyn werden, und die, wann einſt die Zauberli- nien die Welt im Menſchen mit Gott, und im Men- ſchen ohne Gott zu vertheilen, und ſie vor der Zeit in zwo Heerden zu ſoͤndern in ihre Beſtandtheile aufgeloͤſt, und die Zahl und die Namen der Stuͤr- mer dieſer Linien, wie die Zahl und die Namen ih- rer Vertheidiger vergeſſen, und der Reiz ihres Blendwerks auch von ſeinen Augen wird wegge- fallen ſeyn, ihm noch den Dank unſers Geſchlechts und die Aufmerkſamkeit der Nachwelt ſichern wer- den. — Er ſagte nemlich zum Rollenberger mit Lavaters Worten, „ſorgen ſie, daß mein Kind nie an keine Allgemeinheiten glaube, die nicht ir- gendwo in einem Individuo in der Welt wirklich exiſtiren.„ Den General, der vor ihm zu faſt in Thraͤnen vergieng, zu beruhigen, ſagte er, er ſoll doch nicht glauben, daß ſeine Krankheit nicht ſchon lange in ihm gelegen ſey, und berief ſich auf den Pfarrer von Bonnal, der ihm bezeugen werde, er habe ſie ſchon vor Monaten voraus geſehen, und mit ihm ſchon damals auf dem Bonnaler Riedt auf den Fall ſeines Todes Einrichtungen und Abreden getrof- fen. G 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/121
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/121>, abgerufen am 24.11.2024.