Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

mere, und ihre Bauern zu aufrührischen, lästerli-
chen Worten und Handlungen gegen dasselbe ver-
führe, mit dem Zusatz: daß das alles auf seine, des
Ritters Seele fallen würde, wenn er fortfahren
werde, ihre Unterthanen mit einer solchen falschen
Schrift ferner gegen ihre leibliche und geistliche Ob-
rigkeit aufzuwiegeln. -- Der Pater sagte es, und
war' in seine Höhle verschwunden -- Er that
wohl -- der Ritter grif nach ihm eben da er ver-
schwand; -- aber er stieß sich den Kopf an -- lief
dann wie wütend zu seinen Pferden, saß wieder auf,
und sagte im Reiten -- Ha -- meines Vaters
Schrift -- eine falsche Schrift! -- von ihnen --
die sein Brod essen; gut, daß das H....ch mein
ist, Großvater hat es Gott gegeben, nicht Sch...n
-- dann zog er aus, machte das Kloster Him-
mel auf dem Boden eben, nahm seine Bauern und
sein Land wieder zu seinen Handen, und stiftete
zur Ruhe seiner Seele ein ewiges Allmosen, grösser
als der Werth des Eingezogenen, schrieb an den
Bischof was er gethan habe, und weil er des Kaisers
Freund war, kam er nicht in den Bann. --

Der Meyerhof, der an dem Ort steht, wo das
Kloster gestanden, heißt izt noch der Himmelhof,
und seine nächste grosse Matte, die Himmel-
matte
. Es wächst herrlicher Klee auf der Mat-
te, zwanzig auserlesene Kühe weyden auf ihr, und
izt ein einziger Ochs.

mere, und ihre Bauern zu aufruͤhriſchen, laͤſterli-
chen Worten und Handlungen gegen daſſelbe ver-
fuͤhre, mit dem Zuſatz: daß das alles auf ſeine, des
Ritters Seele fallen wuͤrde, wenn er fortfahren
werde, ihre Unterthanen mit einer ſolchen falſchen
Schrift ferner gegen ihre leibliche und geiſtliche Ob-
rigkeit aufzuwiegeln. — Der Pater ſagte es, und
war' in ſeine Hoͤhle verſchwunden — Er that
wohl — der Ritter grif nach ihm eben da er ver-
ſchwand; — aber er ſtieß ſich den Kopf an — lief
dann wie wuͤtend zu ſeinen Pferden, ſaß wieder auf,
und ſagte im Reiten — Ha — meines Vaters
Schrift — eine falſche Schrift! — von ihnen —
die ſein Brod eſſen; gut, daß das H....ch mein
iſt, Großvater hat es Gott gegeben, nicht Sch...n
— dann zog er aus, machte das Kloſter Him-
mel auf dem Boden eben, nahm ſeine Bauern und
ſein Land wieder zu ſeinen Handen, und ſtiftete
zur Ruhe ſeiner Seele ein ewiges Allmoſen, groͤſſer
als der Werth des Eingezogenen, ſchrieb an den
Biſchof was er gethan habe, und weil er des Kaiſers
Freund war, kam er nicht in den Bann. —

Der Meyerhof, der an dem Ort ſteht, wo das
Kloſter geſtanden, heißt izt noch der Himmelhof,
und ſeine naͤchſte groſſe Matte, die Himmel-
matte
. Es waͤchst herrlicher Klee auf der Mat-
te, zwanzig auserleſene Kuͤhe weyden auf ihr, und
izt ein einziger Ochs.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0116" n="98"/>
mere, und ihre Bauern zu aufru&#x0364;hri&#x017F;chen, la&#x0364;&#x017F;terli-<lb/>
chen Worten und Handlungen gegen da&#x017F;&#x017F;elbe ver-<lb/>
fu&#x0364;hre, mit dem Zu&#x017F;atz: daß das alles auf &#x017F;eine, des<lb/>
Ritters Seele fallen wu&#x0364;rde, wenn er fortfahren<lb/>
werde, ihre Unterthanen mit einer &#x017F;olchen fal&#x017F;chen<lb/>
Schrift ferner gegen ihre leibliche und gei&#x017F;tliche Ob-<lb/>
rigkeit aufzuwiegeln. &#x2014; Der Pater &#x017F;agte es, und<lb/>
war' in &#x017F;eine Ho&#x0364;hle ver&#x017F;chwunden &#x2014; Er that<lb/>
wohl &#x2014; der Ritter grif nach ihm eben da er ver-<lb/>
&#x017F;chwand; &#x2014; aber er &#x017F;tieß &#x017F;ich den Kopf an &#x2014; lief<lb/>
dann wie wu&#x0364;tend zu &#x017F;einen Pferden, &#x017F;aß wieder auf,<lb/>
und &#x017F;agte im Reiten &#x2014; Ha &#x2014; meines Vaters<lb/>
Schrift &#x2014; eine fal&#x017F;che Schrift! &#x2014; von ihnen &#x2014;<lb/>
die &#x017F;ein Brod e&#x017F;&#x017F;en; gut, daß das H....ch mein<lb/>
i&#x017F;t, Großvater hat es Gott gegeben, nicht Sch...n<lb/>
&#x2014; dann zog er aus, machte das Klo&#x017F;ter <hi rendition="#fr">H</hi>im-<lb/>
mel auf dem Boden eben, nahm &#x017F;eine Bauern und<lb/>
&#x017F;ein Land wieder zu &#x017F;einen Handen, und &#x017F;tiftete<lb/>
zur Ruhe &#x017F;einer Seele ein ewiges Allmo&#x017F;en, gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
als der Werth des Eingezogenen, &#x017F;chrieb an den<lb/>
Bi&#x017F;chof was er gethan habe, und weil er des Kai&#x017F;ers<lb/>
Freund war, kam er nicht in den Bann. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Meyerhof, der an dem Ort &#x017F;teht, wo das<lb/>
Klo&#x017F;ter ge&#x017F;tanden, heißt izt noch der <hi rendition="#g">Himmelhof,</hi><lb/>
und &#x017F;eine na&#x0364;ch&#x017F;te gro&#x017F;&#x017F;e Matte, die <hi rendition="#g">Himmel-<lb/>
matte</hi>. Es wa&#x0364;chst herrlicher Klee auf der Mat-<lb/>
te, zwanzig auserle&#x017F;ene Ku&#x0364;he weyden auf ihr, und<lb/>
izt ein einziger Ochs.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0116] mere, und ihre Bauern zu aufruͤhriſchen, laͤſterli- chen Worten und Handlungen gegen daſſelbe ver- fuͤhre, mit dem Zuſatz: daß das alles auf ſeine, des Ritters Seele fallen wuͤrde, wenn er fortfahren werde, ihre Unterthanen mit einer ſolchen falſchen Schrift ferner gegen ihre leibliche und geiſtliche Ob- rigkeit aufzuwiegeln. — Der Pater ſagte es, und war' in ſeine Hoͤhle verſchwunden — Er that wohl — der Ritter grif nach ihm eben da er ver- ſchwand; — aber er ſtieß ſich den Kopf an — lief dann wie wuͤtend zu ſeinen Pferden, ſaß wieder auf, und ſagte im Reiten — Ha — meines Vaters Schrift — eine falſche Schrift! — von ihnen — die ſein Brod eſſen; gut, daß das H....ch mein iſt, Großvater hat es Gott gegeben, nicht Sch...n — dann zog er aus, machte das Kloſter Him- mel auf dem Boden eben, nahm ſeine Bauern und ſein Land wieder zu ſeinen Handen, und ſtiftete zur Ruhe ſeiner Seele ein ewiges Allmoſen, groͤſſer als der Werth des Eingezogenen, ſchrieb an den Biſchof was er gethan habe, und weil er des Kaiſers Freund war, kam er nicht in den Bann. — Der Meyerhof, der an dem Ort ſteht, wo das Kloſter geſtanden, heißt izt noch der Himmelhof, und ſeine naͤchſte groſſe Matte, die Himmel- matte. Es waͤchst herrlicher Klee auf der Mat- te, zwanzig auserleſene Kuͤhe weyden auf ihr, und izt ein einziger Ochs.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/116
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/116>, abgerufen am 20.04.2024.