Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

die Dikbäuch ihren Unmuth, und fiengen
links und rechts an Stichelwort fallen zu lassen.

Aber es war zur Unzeit; ein paar Bu-
ben riefen in voller Freude über ihr Loos,
überlaut, wenn die Maulhänger nichts an-
ders können, als uns unsere Freude verder-
ben, so könnten sie wohl heim gehen.

Das gab ein Gelächter; der am lautesten
lachte, war der Lieutenant; er sagte zum
Junker: so muß es kommen, wenn der
Baur im feißten Fell lernen soll, daß er
nicht mehr ist als der im magern: und
wann ich Schul halte, so ist das eine von
den ersten Sachen, die ich meinen Kinderen
in ihren Kopf hineinbringen will --

Ja! sagte Arner, wann denn die Herren
und Junkern nur auch so Schulmeister hät-
ten, die es ihnen in den Kopf hineinbräch-
ten, Fellshalber sich weniger einzubilden.

Das ist auch wahr, sagte der Lieutenant:
und sezte hinzu, der Baur ist nur das Kind
-- und die Stände ob ihm sind die eigent-
liche Väter des Unsinns -- den Werth der
Menschen mit ihrem Fell zu wechseln.

Er sagte noch mehr: ich erzähle es euch
nicht, ihr möchtet meynen, ihr dörftet auch
so reden, und das geht nicht an: So ein
Herr, der weit und breit die Welt erfahren,
und den man zu etwas braucht das mehr

die Dikbaͤuch ihren Unmuth, und fiengen
links und rechts an Stichelwort fallen zu laſſen.

Aber es war zur Unzeit; ein paar Bu-
ben riefen in voller Freude uͤber ihr Loos,
uͤberlaut, wenn die Maulhaͤnger nichts an-
ders koͤnnen, als uns unſere Freude verder-
ben, ſo koͤnnten ſie wohl heim gehen.

Das gab ein Gelaͤchter; der am lauteſten
lachte, war der Lieutenant; er ſagte zum
Junker: ſo muß es kommen, wenn der
Baur im feißten Fell lernen ſoll, daß er
nicht mehr iſt als der im magern: und
wann ich Schul halte, ſo iſt das eine von
den erſten Sachen, die ich meinen Kinderen
in ihren Kopf hineinbringen will —

Ja! ſagte Arner, wann denn die Herren
und Junkern nur auch ſo Schulmeiſter haͤt-
ten, die es ihnen in den Kopf hineinbraͤch-
ten, Fellshalber ſich weniger einzubilden.

Das iſt auch wahr, ſagte der Lieutenant:
und ſezte hinzu, der Baur iſt nur das Kind
— und die Staͤnde ob ihm ſind die eigent-
liche Vaͤter des Unſinns — den Werth der
Menſchen mit ihrem Fell zu wechſeln.

Er ſagte noch mehr: ich erzaͤhle es euch
nicht, ihr moͤchtet meynen, ihr doͤrftet auch
ſo reden, und das geht nicht an: So ein
Herr, der weit und breit die Welt erfahren,
und den man zu etwas braucht das mehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0096" n="74"/>
die Dikba&#x0364;uch ihren Unmuth, und fiengen<lb/>
links und rechts an Stichelwort fallen zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Aber es war zur Unzeit; ein paar Bu-<lb/>
ben riefen in voller Freude u&#x0364;ber ihr Loos,<lb/>
u&#x0364;berlaut, wenn die Maulha&#x0364;nger nichts an-<lb/>
ders ko&#x0364;nnen, als uns un&#x017F;ere Freude verder-<lb/>
ben, &#x017F;o ko&#x0364;nnten &#x017F;ie wohl heim gehen.</p><lb/>
        <p>Das gab ein Gela&#x0364;chter; der am laute&#x017F;ten<lb/>
lachte, war der Lieutenant; er &#x017F;agte zum<lb/>
Junker: &#x017F;o muß es kommen, wenn der<lb/>
Baur im feißten Fell lernen &#x017F;oll, daß er<lb/>
nicht mehr i&#x017F;t als der im magern: und<lb/>
wann ich Schul halte, &#x017F;o i&#x017F;t das eine von<lb/>
den er&#x017F;ten Sachen, die ich meinen Kinderen<lb/>
in ihren Kopf hineinbringen will &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ja! &#x017F;agte Arner, wann denn die Herren<lb/>
und Junkern nur auch &#x017F;o Schulmei&#x017F;ter ha&#x0364;t-<lb/>
ten, die es ihnen in den Kopf hineinbra&#x0364;ch-<lb/>
ten, Fellshalber &#x017F;ich weniger einzubilden.</p><lb/>
        <p>Das i&#x017F;t auch wahr, &#x017F;agte der Lieutenant:<lb/>
und &#x017F;ezte hinzu, der Baur i&#x017F;t nur das Kind<lb/>
&#x2014; und die Sta&#x0364;nde ob ihm &#x017F;ind die eigent-<lb/>
liche Va&#x0364;ter des Un&#x017F;inns &#x2014; den Werth der<lb/>
Men&#x017F;chen mit ihrem Fell zu wech&#x017F;eln.</p><lb/>
        <p>Er &#x017F;agte noch mehr: ich erza&#x0364;hle es euch<lb/>
nicht, ihr mo&#x0364;chtet meynen, ihr do&#x0364;rftet auch<lb/>
&#x017F;o reden, und das geht nicht an: So ein<lb/>
Herr, der weit und breit die Welt erfahren,<lb/>
und den man zu etwas braucht das mehr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0096] die Dikbaͤuch ihren Unmuth, und fiengen links und rechts an Stichelwort fallen zu laſſen. Aber es war zur Unzeit; ein paar Bu- ben riefen in voller Freude uͤber ihr Loos, uͤberlaut, wenn die Maulhaͤnger nichts an- ders koͤnnen, als uns unſere Freude verder- ben, ſo koͤnnten ſie wohl heim gehen. Das gab ein Gelaͤchter; der am lauteſten lachte, war der Lieutenant; er ſagte zum Junker: ſo muß es kommen, wenn der Baur im feißten Fell lernen ſoll, daß er nicht mehr iſt als der im magern: und wann ich Schul halte, ſo iſt das eine von den erſten Sachen, die ich meinen Kinderen in ihren Kopf hineinbringen will — Ja! ſagte Arner, wann denn die Herren und Junkern nur auch ſo Schulmeiſter haͤt- ten, die es ihnen in den Kopf hineinbraͤch- ten, Fellshalber ſich weniger einzubilden. Das iſt auch wahr, ſagte der Lieutenant: und ſezte hinzu, der Baur iſt nur das Kind — und die Staͤnde ob ihm ſind die eigent- liche Vaͤter des Unſinns — den Werth der Menſchen mit ihrem Fell zu wechſeln. Er ſagte noch mehr: ich erzaͤhle es euch nicht, ihr moͤchtet meynen, ihr doͤrftet auch ſo reden, und das geht nicht an: So ein Herr, der weit und breit die Welt erfahren, und den man zu etwas braucht das mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/96
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/96>, abgerufen am 03.05.2024.