Das war dem Meister Enger so wichtig, daß er um deswillen den Knaben einen Accord mach- te in allen Stüken, wie der Lieutenant wollte.
Er sagte ihm sogar, wenn er das an ihnen thue, so werdens die Knaben gar viel weiter bringen, als er es gebracht.
Der Lieutenant spürt aber auch, seitdem er Schulmeister ist, was er darinn kann, und ist vollends seine Liebhaberey worden, darauf zu denken, diejenigen von seinen Buben, die kein Land haben, zu Handwerken zu bestimmen.
Er führt sie auch, wenn er immer eine müßige Stund hat, in alle Werkstätte, die im Dorf sind, siehet ihnen bey Stunden zu, wie der einte das und der andere dies angreife, und forschet so von ferne, was aus einem jeden zu machen.
Lebt er, so wird das, was er damit ausrich- tet, die Umstände der Armen in Bonnal noch viel mehr verändern, als das Weydvertheilen und die zehendfreyen Aeker, die der Junker ih- nen versprach.
Eben so viel thut er an den Mädchen.
Die Laster der Eltern zerreissen ihr Inner- stes nicht mehr. Sie sizen vom Morgen bis am Abend ungekränkt in der Stube eines frohen und weisen Manns. Ihre Hände sind nie still. Keine Art Geschwäzwerk verwirret ihren Kopf und verhärtet ihr Herz.
Darum zarten ihre Wangen, und ihre Scham-
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Das war dem Meiſter Enger ſo wichtig, daß er um deswillen den Knaben einen Accord mach- te in allen Stuͤken, wie der Lieutenant wollte.
Er ſagte ihm ſogar, wenn er das an ihnen thue, ſo werdens die Knaben gar viel weiter bringen, als er es gebracht.
Der Lieutenant ſpuͤrt aber auch, ſeitdem er Schulmeiſter iſt, was er darinn kann, und iſt vollends ſeine Liebhaberey worden, darauf zu denken, diejenigen von ſeinen Buben, die kein Land haben, zu Handwerken zu beſtimmen.
Er fuͤhrt ſie auch, wenn er immer eine muͤßige Stund hat, in alle Werkſtaͤtte, die im Dorf ſind, ſiehet ihnen bey Stunden zu, wie der einte das und der andere dies angreife, und forſchet ſo von ferne, was aus einem jeden zu machen.
Lebt er, ſo wird das, was er damit ausrich- tet, die Umſtaͤnde der Armen in Bonnal noch viel mehr veraͤndern, als das Weydvertheilen und die zehendfreyen Aeker, die der Junker ih- nen verſprach.
Eben ſo viel thut er an den Maͤdchen.
Die Laſter der Eltern zerreiſſen ihr Inner- ſtes nicht mehr. Sie ſizen vom Morgen bis am Abend ungekraͤnkt in der Stube eines frohen und weiſen Manns. Ihre Haͤnde ſind nie ſtill. Keine Art Geſchwaͤzwerk verwirret ihren Kopf und verhaͤrtet ihr Herz.
Darum zarten ihre Wangen, und ihre Scham-
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Das war dem Meiſter Enger ſo wichtig, daß
er um deswillen den Knaben einen Accord mach-
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Er ſagte ihm ſogar, wenn er das an ihnen
thue, ſo werdens die Knaben gar viel weiter
bringen, als er es gebracht.
Der Lieutenant ſpuͤrt aber auch, ſeitdem er
Schulmeiſter iſt, was er darinn kann, und iſt
vollends ſeine Liebhaberey worden, darauf zu
denken, diejenigen von ſeinen Buben, die kein
Land haben, zu Handwerken zu beſtimmen.
Er fuͤhrt ſie auch, wenn er immer eine muͤßige
Stund hat, in alle Werkſtaͤtte, die im Dorf
ſind, ſiehet ihnen bey Stunden zu, wie der einte
das und der andere dies angreife, und forſchet
ſo von ferne, was aus einem jeden zu machen.
Lebt er, ſo wird das, was er damit ausrich-
tet, die Umſtaͤnde der Armen in Bonnal noch
viel mehr veraͤndern, als das Weydvertheilen
und die zehendfreyen Aeker, die der Junker ih-
nen verſprach.
Eben ſo viel thut er an den Maͤdchen.
Die Laſter der Eltern zerreiſſen ihr Inner-
ſtes nicht mehr. Sie ſizen vom Morgen bis am
Abend ungekraͤnkt in der Stube eines frohen
und weiſen Manns. Ihre Haͤnde ſind nie ſtill.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/413>, abgerufen am 23.11.2024.
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