dern Seite aber mir auch nichts aufbinden las- sen, das faul und falsch ist.
Die Meyerin erwiederte: du bist doch unpar- theyisch, und ich thäte nicht recht, wenn ich dir nicht würde folgen.
Ich bin gewiß unpartheyisch, und behüt mich Gott dafür, daß ich dir jemand möchte zu einem Mann rathen, der dir hinten nach, so wie du bist, auch wenn er es nicht verdiente, zuwider werden müßte.
Die Meyerin drükte der Gertrud die Hand, und sagte: ich sehe dir an, daß dir ist, wie du sagst; und sezte hinzu: du bist doch immer brav.
Wenn ich dir nur lieb bin, erwiederte Ger- trud; und nach einer Weile: -- Aber gell, du lassest dir das doch jezt auch nicht so in den Kopf hineinwachsen, daß es dir etwann mit dem armen Rudj gehet, wie mit demselben andern?
Was meynst? sagte die Meyerin.
Und Gertrud: -- Ha! daß du etwann auch wie ob Jenem im Traum so pfy Teufel rufen müssest!
Nein! das muß mir sicher nicht begegnen, sagte da die Meyerin, und mußte lachen.
Mit diesem Lachen aber war ihr das, was die Untervögtin suchte, wie aus der Seele weggewischt. Der Grausen (Ekel),
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dern Seite aber mir auch nichts aufbinden laſ- ſen, das faul und falſch iſt.
Die Meyerin erwiederte: du biſt doch unpar- theyiſch, und ich thaͤte nicht recht, wenn ich dir nicht wuͤrde folgen.
Ich bin gewiß unpartheyiſch, und behuͤt mich Gott dafuͤr, daß ich dir jemand moͤchte zu einem Mann rathen, der dir hinten nach, ſo wie du biſt, auch wenn er es nicht verdiente, zuwider werden muͤßte.
Die Meyerin druͤkte der Gertrud die Hand, und ſagte: ich ſehe dir an, daß dir iſt, wie du ſagſt; und ſezte hinzu: du biſt doch immer brav.
Wenn ich dir nur lieb bin, erwiederte Ger- trud; und nach einer Weile: — Aber gell, du laſſeſt dir das doch jezt auch nicht ſo in den Kopf hineinwachſen, daß es dir etwann mit dem armen Rudj gehet, wie mit demſelben andern?
Was meynſt? ſagte die Meyerin.
Und Gertrud: — Ha! daß du etwann auch wie ob Jenem im Traum ſo pfy Teufel rufen muͤſſeſt!
Nein! das muß mir ſicher nicht begegnen, ſagte da die Meyerin, und mußte lachen.
Mit dieſem Lachen aber war ihr das, was die Untervoͤgtin ſuchte, wie aus der Seele weggewiſcht. Der Grauſen (Ekel),
Z 4
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dern Seite aber mir auch nichts aufbinden laſ-
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Die Meyerin erwiederte: du biſt doch unpar-
theyiſch, und ich thaͤte nicht recht, wenn ich dir
nicht wuͤrde folgen.
Ich bin gewiß unpartheyiſch, und behuͤt
mich Gott dafuͤr, daß ich dir jemand moͤchte
zu einem Mann rathen, der dir hinten nach,
ſo wie du biſt, auch wenn er es nicht verdiente,
zuwider werden muͤßte.
Die Meyerin druͤkte der Gertrud die Hand,
und ſagte: ich ſehe dir an, daß dir iſt, wie du
ſagſt; und ſezte hinzu: du biſt doch immer brav.
Wenn ich dir nur lieb bin, erwiederte Ger-
trud; und nach einer Weile: — Aber gell,
du laſſeſt dir das doch jezt auch nicht ſo in den
Kopf hineinwachſen, daß es dir etwann mit
dem armen Rudj gehet, wie mit demſelben
andern?
Was meynſt? ſagte die Meyerin.
Und Gertrud: — Ha! daß du etwann
auch wie ob Jenem im Traum ſo pfy Teufel
rufen muͤſſeſt!
Nein! das muß mir ſicher nicht begegnen,
ſagte da die Meyerin, und mußte lachen.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/381>, abgerufen am 23.11.2024.
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