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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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nicht zu helfen; aber das Baumwollenmareylj,
das doch weder schreiben noch lesen kann,
fand ungesucht die rechte und die einige Ant-
wort, die man über diesen Punkt geben kann.
Es sagte seinen Spinnerweibern, die ihm auch
ins Haus kamen über diesen Punkt zu klagen:
es hat schon gefehlt wenns einem über das
was Gottes Wort sagen wolle oder nicht sa-
gen wolle aufs erklären und das was andere
Leuth dazu sagen, ankommt!

Aber wie machst du es dann, wenn es dir
nicht aufs erklären ankommt?

Wie ich das mache? Ihr guten Leuthe,
ihr solltets wohl wissen, es sind ja genug Sa-
chen in der Welt, die von Gott selber sind,
und ob denen man nicht verirren kann, was
Gott wolle, daß ein jeder Mensch in der Welt
seye und thue.

Ich habe ja Sonn, Mond und Sternen,
und Blumen im Garten, und Früchte im Feld,
-- und denn mein eigen Herz. -- Und
meine Umständ, sollten mir die nicht mehr als
alle Menschen sagen, was Gottes Wort seye?
und was er von mir wolle? -- Nehmet nur
grad ihr selber, wann ihr vor mir zustehet,
und ich euch in Augen ansehe, was ihr von
mir wollet, und was ich euch schuldig: --
und denn da die Kinder meines Bruders, für
die ich versprechen muß, sollten die nicht das

nicht zu helfen; aber das Baumwollenmareylj,
das doch weder ſchreiben noch leſen kann,
fand ungeſucht die rechte und die einige Ant-
wort, die man uͤber dieſen Punkt geben kann.
Es ſagte ſeinen Spinnerweibern, die ihm auch
ins Haus kamen uͤber dieſen Punkt zu klagen:
es hat ſchon gefehlt wenns einem uͤber das
was Gottes Wort ſagen wolle oder nicht ſa-
gen wolle aufs erklaͤren und das was andere
Leuth dazu ſagen, ankommt!

Aber wie machſt du es dann, wenn es dir
nicht aufs erklaͤren ankommt?

Wie ich das mache? Ihr guten Leuthe,
ihr ſolltets wohl wiſſen, es ſind ja genug Sa-
chen in der Welt, die von Gott ſelber ſind,
und ob denen man nicht verirren kann, was
Gott wolle, daß ein jeder Menſch in der Welt
ſeye und thue.

Ich habe ja Sonn, Mond und Sternen,
und Blumen im Garten, und Fruͤchte im Feld,
— und denn mein eigen Herz. — Und
meine Umſtaͤnd, ſollten mir die nicht mehr als
alle Menſchen ſagen, was Gottes Wort ſeye?
und was er von mir wolle? — Nehmet nur
grad ihr ſelber, wann ihr vor mir zuſtehet,
und ich euch in Augen anſehe, was ihr von
mir wollet, und was ich euch ſchuldig: —
und denn da die Kinder meines Bruders, fuͤr
die ich verſprechen muß, ſollten die nicht das

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[345/0367] nicht zu helfen; aber das Baumwollenmareylj, das doch weder ſchreiben noch leſen kann, fand ungeſucht die rechte und die einige Ant- wort, die man uͤber dieſen Punkt geben kann. Es ſagte ſeinen Spinnerweibern, die ihm auch ins Haus kamen uͤber dieſen Punkt zu klagen: es hat ſchon gefehlt wenns einem uͤber das was Gottes Wort ſagen wolle oder nicht ſa- gen wolle aufs erklaͤren und das was andere Leuth dazu ſagen, ankommt! Aber wie machſt du es dann, wenn es dir nicht aufs erklaͤren ankommt? Wie ich das mache? Ihr guten Leuthe, ihr ſolltets wohl wiſſen, es ſind ja genug Sa- chen in der Welt, die von Gott ſelber ſind, und ob denen man nicht verirren kann, was Gott wolle, daß ein jeder Menſch in der Welt ſeye und thue. Ich habe ja Sonn, Mond und Sternen, und Blumen im Garten, und Fruͤchte im Feld, — und denn mein eigen Herz. — Und meine Umſtaͤnd, ſollten mir die nicht mehr als alle Menſchen ſagen, was Gottes Wort ſeye? und was er von mir wolle? — Nehmet nur grad ihr ſelber, wann ihr vor mir zuſtehet, und ich euch in Augen anſehe, was ihr von mir wollet, und was ich euch ſchuldig: — und denn da die Kinder meines Bruders, fuͤr die ich verſprechen muß, ſollten die nicht das

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/367>, abgerufen am 23.11.2024.