Er sagte ihm aber, ich kenn dich ja schon. -- Keiner machte es, ich möchte fast sagen so gut als der alte Meyer, -- der kam hervor, wie einer dem noch viel herausgehörte, und sagte, was ich schuldig, das will ich zahlen, und wei- ter und ferner ist es kein Schelmenstuk, wenns einer hat und vermag, wenn er trinkt, bis er genug hat. --
Es ist gar richtig, daß Saufen kein Schel- menstuk ist, sagte der Junker, aber es führt gern zu vielem.
Ich hab meiner Lebtag gehört, die größ- ten Schelmen hüten sich vor dem Vollsaufen, sagte der Meyer.
Und der Junker mußte lächen. --
Aber bald alle Augenblike kamen Männer, Weiber, und Kinder, denen er gestern Armuths- halber das Geld für eine Geiß vorgeschossen. Es wunderte ihn, wie viel von diesen zusam- men da seyen? und er befahl, daß wer immer von den 27 Haushaltungen da seye, Männer, Weiber, und Kinder, die sollen sich zu einan- der an einen Haufen stellen, und es fande sich, daß von den 27 Haushaltungen nicht drey waren, aus denen nicht entweder der Vater oder die Mutter oder ein Kind Wirthshaus- schuldenhalber jezt vor ihm stuhnden.
Er ſagte ihnen aber, haltet das Maul! —
Auch der Kriecher wollte ſo predigen. —
Er ſagte ihm aber, ich kenn dich ja ſchon. — Keiner machte es, ich moͤchte faſt ſagen ſo gut als der alte Meyer, — der kam hervor, wie einer dem noch viel herausgehoͤrte, und ſagte, was ich ſchuldig, das will ich zahlen, und wei- ter und ferner iſt es kein Schelmenſtuk, wenns einer hat und vermag, wenn er trinkt, bis er genug hat. —
Es iſt gar richtig, daß Saufen kein Schel- menſtuk iſt, ſagte der Junker, aber es fuͤhrt gern zu vielem.
Ich hab meiner Lebtag gehoͤrt, die groͤß- ten Schelmen huͤten ſich vor dem Vollſaufen, ſagte der Meyer.
Und der Junker mußte laͤchen. —
Aber bald alle Augenblike kamen Maͤnner, Weiber, und Kinder, denen er geſtern Armuths- halber das Geld fuͤr eine Geiß vorgeſchoſſen. Es wunderte ihn, wie viel von dieſen zuſam- men da ſeyen? und er befahl, daß wer immer von den 27 Haushaltungen da ſeye, Maͤnner, Weiber, und Kinder, die ſollen ſich zu einan- der an einen Haufen ſtellen, und es fande ſich, daß von den 27 Haushaltungen nicht drey waren, aus denen nicht entweder der Vater oder die Mutter oder ein Kind Wirthshaus- ſchuldenhalber jezt vor ihm ſtuhnden.
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[189/0211]
Er ſagte ihnen aber, haltet das Maul! —
Auch der Kriecher wollte ſo predigen. —
Er ſagte ihm aber, ich kenn dich ja ſchon. —
Keiner machte es, ich moͤchte faſt ſagen ſo gut
als der alte Meyer, — der kam hervor, wie
einer dem noch viel herausgehoͤrte, und ſagte,
was ich ſchuldig, das will ich zahlen, und wei-
ter und ferner iſt es kein Schelmenſtuk, wenns
einer hat und vermag, wenn er trinkt, bis er
genug hat. —
Es iſt gar richtig, daß Saufen kein Schel-
menſtuk iſt, ſagte der Junker, aber es fuͤhrt
gern zu vielem.
Ich hab meiner Lebtag gehoͤrt, die groͤß-
ten Schelmen huͤten ſich vor dem Vollſaufen,
ſagte der Meyer.
Und der Junker mußte laͤchen. —
Aber bald alle Augenblike kamen Maͤnner,
Weiber, und Kinder, denen er geſtern Armuths-
halber das Geld fuͤr eine Geiß vorgeſchoſſen.
Es wunderte ihn, wie viel von dieſen zuſam-
men da ſeyen? und er befahl, daß wer immer
von den 27 Haushaltungen da ſeye, Maͤnner,
Weiber, und Kinder, die ſollen ſich zu einan-
der an einen Haufen ſtellen, und es fande ſich,
daß von den 27 Haushaltungen nicht drey
waren, aus denen nicht entweder der Vater
oder die Mutter oder ein Kind Wirthshaus-
ſchuldenhalber jezt vor ihm ſtuhnden.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/211>, abgerufen am 23.11.2024.
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