Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

der Junker, und fragte den Hummel, was
das seye?

Dieser erzählte, die rechte Barbel heisse die
Fromme, und sey sint dem Sonntag alle Nacht,
wenns stokfinster gewesen, vors Haus gekom-
men, und habe ihm mit Sprüchen aus der
Bibel, und weiß nicht was allem zugesezt, daß
er um Gotteswillen auch so barmherzig seye,
und das Maul halte, wenn das andere Babelj
für sie unter der Linde hervor komme, und
zahle. Er sezte hinzu, er habe, damit er ih-
rer los komme, geantwortet, wenn niemand
nichts sage, so wolle er auch schweigen.

Der Junker fragte darauf das andere Ba-
beli, aber was hat sie dir Lohn gegeben, daß
du für sie da herfürgekommen?

Es antwortete, einen halben Gulden, und
sezte hinzu, es seye ein armes Mensch, und
habe gedacht, es schade niemand nichts, wenn
es das thue.

Aber hast du nicht gedacht? Es schade dir
selber, deinen guten Nahmen so an Lumpen-
tisch hervor zu tragen, sagte der Junker. --

Und es -- ich habe gedacht, es glaube das
niemand. --

Der Junker mußte ob ihm lachen, über die
andere lachte er nicht. Er rief dem Haschier,
und befahl ihm den Augenblik, die rechte Bar-
bel aus dem Haus zu nehmen, und hieher zu
bringen.


der Junker, und fragte den Hummel, was
das ſeye?

Dieſer erzaͤhlte, die rechte Barbel heiſſe die
Fromme, und ſey ſint dem Sonntag alle Nacht,
wenns ſtokfinſter geweſen, vors Haus gekom-
men, und habe ihm mit Spruͤchen aus der
Bibel, und weiß nicht was allem zugeſezt, daß
er um Gotteswillen auch ſo barmherzig ſeye,
und das Maul halte, wenn das andere Babelj
fuͤr ſie unter der Linde hervor komme, und
zahle. Er ſezte hinzu, er habe, damit er ih-
rer los komme, geantwortet, wenn niemand
nichts ſage, ſo wolle er auch ſchweigen.

Der Junker fragte darauf das andere Ba-
beli, aber was hat ſie dir Lohn gegeben, daß
du fuͤr ſie da herfuͤrgekommen?

Es antwortete, einen halben Gulden, und
ſezte hinzu, es ſeye ein armes Menſch, und
habe gedacht, es ſchade niemand nichts, wenn
es das thue.

Aber haſt du nicht gedacht? Es ſchade dir
ſelber, deinen guten Nahmen ſo an Lumpen-
tiſch hervor zu tragen, ſagte der Junker. —

Und es — ich habe gedacht, es glaube das
niemand. —

Der Junker mußte ob ihm lachen, uͤber die
andere lachte er nicht. Er rief dem Haſchier,
und befahl ihm den Augenblik, die rechte Bar-
bel aus dem Haus zu nehmen, und hieher zu
bringen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0200" n="178"/>
der Junker, und fragte den Hummel, was<lb/>
das &#x017F;eye?</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er erza&#x0364;hlte, die rechte Barbel hei&#x017F;&#x017F;e die<lb/>
Fromme, und &#x017F;ey &#x017F;int dem Sonntag alle Nacht,<lb/>
wenns &#x017F;tokfin&#x017F;ter gewe&#x017F;en, vors Haus gekom-<lb/>
men, und habe ihm mit Spru&#x0364;chen aus der<lb/>
Bibel, und weiß nicht was allem zuge&#x017F;ezt, daß<lb/>
er um Gotteswillen auch &#x017F;o barmherzig &#x017F;eye,<lb/>
und das Maul halte, wenn das andere Babelj<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ie unter der Linde hervor komme, und<lb/>
zahle. Er &#x017F;ezte hinzu, er habe, damit er ih-<lb/>
rer los komme, geantwortet, wenn niemand<lb/>
nichts &#x017F;age, &#x017F;o wolle er auch &#x017F;chweigen.</p><lb/>
        <p>Der Junker fragte darauf das andere Ba-<lb/>
beli, aber was hat &#x017F;ie dir Lohn gegeben, daß<lb/>
du fu&#x0364;r &#x017F;ie da herfu&#x0364;rgekommen?</p><lb/>
        <p>Es antwortete, einen halben Gulden, und<lb/>
&#x017F;ezte hinzu, es &#x017F;eye ein armes Men&#x017F;ch, und<lb/>
habe gedacht, es &#x017F;chade niemand nichts, wenn<lb/>
es das thue.</p><lb/>
        <p>Aber ha&#x017F;t du nicht gedacht? Es &#x017F;chade dir<lb/>
&#x017F;elber, deinen guten Nahmen &#x017F;o an Lumpen-<lb/>
ti&#x017F;ch hervor zu tragen, &#x017F;agte der Junker. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Und es &#x2014; ich habe gedacht, es glaube das<lb/>
niemand. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Junker mußte ob ihm lachen, u&#x0364;ber die<lb/>
andere lachte er nicht. Er rief dem Ha&#x017F;chier,<lb/>
und befahl ihm den Augenblik, die rechte Bar-<lb/>
bel aus dem Haus zu nehmen, und hieher zu<lb/>
bringen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0200] der Junker, und fragte den Hummel, was das ſeye? Dieſer erzaͤhlte, die rechte Barbel heiſſe die Fromme, und ſey ſint dem Sonntag alle Nacht, wenns ſtokfinſter geweſen, vors Haus gekom- men, und habe ihm mit Spruͤchen aus der Bibel, und weiß nicht was allem zugeſezt, daß er um Gotteswillen auch ſo barmherzig ſeye, und das Maul halte, wenn das andere Babelj fuͤr ſie unter der Linde hervor komme, und zahle. Er ſezte hinzu, er habe, damit er ih- rer los komme, geantwortet, wenn niemand nichts ſage, ſo wolle er auch ſchweigen. Der Junker fragte darauf das andere Ba- beli, aber was hat ſie dir Lohn gegeben, daß du fuͤr ſie da herfuͤrgekommen? Es antwortete, einen halben Gulden, und ſezte hinzu, es ſeye ein armes Menſch, und habe gedacht, es ſchade niemand nichts, wenn es das thue. Aber haſt du nicht gedacht? Es ſchade dir ſelber, deinen guten Nahmen ſo an Lumpen- tiſch hervor zu tragen, ſagte der Junker. — Und es — ich habe gedacht, es glaube das niemand. — Der Junker mußte ob ihm lachen, uͤber die andere lachte er nicht. Er rief dem Haſchier, und befahl ihm den Augenblik, die rechte Bar- bel aus dem Haus zu nehmen, und hieher zu bringen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/200
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/200>, abgerufen am 12.10.2024.