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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Wohl lieber Papa, es fehlt dir doch etwas,
gäll es ist dir Angst auf Morgen? sagte das
Kind. --

Warum das, du Lieber? sagte Arner.

Meynst, ich wisse es nicht, es ist allen Leu-
then so angst wegen der Rechnung. --

Arner. Wer hat dir das gesagt?

Carl. Etliche Buben, aber einer gar, --
denk Papa! er war bey den andern Buben,
aber er hat gar nicht mögen lustig seyn, und
ist so herum gestanden, daß man ihms ange-
sehen, es fehl ihm etwas. -- Da bin ich zu
ihm gestanden, hab ihn bey der Hand genom-
men, und gefragt, warum er so traurig seye?
Zuerst hat er mirs nicht wollen sagen, aber
ich habe nicht nachgelassen, und da hat er
mir gesagt, seine Leuthe daheim, der Vater
und die Mutter, und die Schwestern weinen
sich fast zu Tod, sie seyen dem Vogt auch et-
was schuldig, und jezt müsse die Schwester
morn vor dich, mit ihm zu rechnen, aber ich
soll doch dir nichts sagen, daß er mirs gesagt
habe, und denk auch Papa! Das Schreyen
ist ihn da so angekommen, daß er sich hat
müssen umkehren, daß ihn niemand höre, es
hat mir doch auch so weh gethan, und ich
bin mit ihm hinter den Haag gegangen, und
bey ihm geblieben, bis man es ihm nicht mehr
so angesehen, daß er so geweinet.


Wohl lieber Papa, es fehlt dir doch etwas,
gaͤll es iſt dir Angſt auf Morgen? ſagte das
Kind. —

Warum das, du Lieber? ſagte Arner.

Meynſt, ich wiſſe es nicht, es iſt allen Leu-
then ſo angſt wegen der Rechnung. —

Arner. Wer hat dir das geſagt?

Carl. Etliche Buben, aber einer gar, —
denk Papa! er war bey den andern Buben,
aber er hat gar nicht moͤgen luſtig ſeyn, und
iſt ſo herum geſtanden, daß man ihms ange-
ſehen, es fehl ihm etwas. — Da bin ich zu
ihm geſtanden, hab ihn bey der Hand genom-
men, und gefragt, warum er ſo traurig ſeye?
Zuerſt hat er mirs nicht wollen ſagen, aber
ich habe nicht nachgelaſſen, und da hat er
mir geſagt, ſeine Leuthe daheim, der Vater
und die Mutter, und die Schweſtern weinen
ſich faſt zu Tod, ſie ſeyen dem Vogt auch et-
was ſchuldig, und jezt muͤſſe die Schweſter
morn vor dich, mit ihm zu rechnen, aber ich
ſoll doch dir nichts ſagen, daß er mirs geſagt
habe, und denk auch Papa! Das Schreyen
iſt ihn da ſo angekommen, daß er ſich hat
muͤſſen umkehren, daß ihn niemand hoͤre, es
hat mir doch auch ſo weh gethan, und ich
bin mit ihm hinter den Haag gegangen, und
bey ihm geblieben, bis man es ihm nicht mehr
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[164/0186] Wohl lieber Papa, es fehlt dir doch etwas, gaͤll es iſt dir Angſt auf Morgen? ſagte das Kind. — Warum das, du Lieber? ſagte Arner. Meynſt, ich wiſſe es nicht, es iſt allen Leu- then ſo angſt wegen der Rechnung. — Arner. Wer hat dir das geſagt? Carl. Etliche Buben, aber einer gar, — denk Papa! er war bey den andern Buben, aber er hat gar nicht moͤgen luſtig ſeyn, und iſt ſo herum geſtanden, daß man ihms ange- ſehen, es fehl ihm etwas. — Da bin ich zu ihm geſtanden, hab ihn bey der Hand genom- men, und gefragt, warum er ſo traurig ſeye? Zuerſt hat er mirs nicht wollen ſagen, aber ich habe nicht nachgelaſſen, und da hat er mir geſagt, ſeine Leuthe daheim, der Vater und die Mutter, und die Schweſtern weinen ſich faſt zu Tod, ſie ſeyen dem Vogt auch et- was ſchuldig, und jezt muͤſſe die Schweſter morn vor dich, mit ihm zu rechnen, aber ich ſoll doch dir nichts ſagen, daß er mirs geſagt habe, und denk auch Papa! Das Schreyen iſt ihn da ſo angekommen, daß er ſich hat muͤſſen umkehren, daß ihn niemand hoͤre, es hat mir doch auch ſo weh gethan, und ich bin mit ihm hinter den Haag gegangen, und bey ihm geblieben, bis man es ihm nicht mehr ſo angeſehen, daß er ſo geweinet.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/186>, abgerufen am 27.04.2024.