Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Das ist wohl so, sagte der Hans, wie ihr
saget, und ich wollte mich in die Seele hin-
ein schämen, wenn jemand der darnach ist,
vor mir zu nur roth, weil geschweigen blaß
würde, aber mit Leuthen von der Kalberle-
der Gattung, hat es seine eigne Ordnung.
Diese Gattung Leute bringt man nicht dazu,
ein Vater Unser zu beten, geschweige einen
Nußbaum umzuhauen, wenn man ihnen nicht
den Teufel vormahlet. --

Des Pfarrers ganze Weisheit fand gegen
diese Erklärung keine Antwort. --

Aber mich nimmt jezt gar viel mehr Wun-
der, was der halb Schurk mein Untervogt
mit seiner Schwester gesprochen, als er heim-
gekommen.

So unterbrach der Junker des Hansen, und
Pfarrers Kalberleder- und Nußbaums Ge-
spräch. --

Der Pfarrer antwortete ihm, es würde
euch denk kein gutes Blut machen, wenn ihrs
wüßtet. --

Er hatte recht, so bald der Vogt heimge-
kommen, und den Mantel ablegte, sprang er
zu seiner Schwester, und das erste Wort, das
er zu ihr sagte, war, ich hätte doch nicht ge-
meynt, daß du so eine Schwester an mir wä-
rest. Denn er hatte sich schon bey der Ger-
trud, und noch mehr die Zeit auf dem Ried,

Das iſt wohl ſo, ſagte der Hans, wie ihr
ſaget, und ich wollte mich in die Seele hin-
ein ſchaͤmen, wenn jemand der darnach iſt,
vor mir zu nur roth, weil geſchweigen blaß
wuͤrde, aber mit Leuthen von der Kalberle-
der Gattung, hat es ſeine eigne Ordnung.
Dieſe Gattung Leute bringt man nicht dazu,
ein Vater Unſer zu beten, geſchweige einen
Nußbaum umzuhauen, wenn man ihnen nicht
den Teufel vormahlet. —

Des Pfarrers ganze Weïsheit fand gegen
dieſe Erklaͤrung keine Antwort. —

Aber mich nimmt jezt gar viel mehr Wun-
der, was der halb Schurk mein Untervogt
mit ſeiner Schweſter geſprochen, als er heim-
gekommen.

So unterbrach der Junker des Hanſen, und
Pfarrers Kalberleder- und Nußbaums Ge-
ſpraͤch. —

Der Pfarrer antwortete ihm, es wuͤrde
euch denk kein gutes Blut machen, wenn ihrs
wuͤßtet. —

Er hatte recht, ſo bald der Vogt heimge-
kommen, und den Mantel ablegte, ſprang er
zu ſeiner Schweſter, und das erſte Wort, das
er zu ihr ſagte, war, ich haͤtte doch nicht ge-
meynt, daß du ſo eine Schweſter an mir waͤ-
reſt. Denn er hatte ſich ſchon bey der Ger-
trud, und noch mehr die Zeit auf dem Ried,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0172" n="150"/>
        <p>Das i&#x017F;t wohl &#x017F;o, &#x017F;agte der Hans, wie ihr<lb/>
&#x017F;aget, und ich wollte mich in die Seele hin-<lb/>
ein &#x017F;cha&#x0364;men, wenn jemand der darnach i&#x017F;t,<lb/>
vor mir zu nur roth, weil ge&#x017F;chweigen blaß<lb/>
wu&#x0364;rde, aber mit Leuthen von der Kalberle-<lb/>
der Gattung, hat es &#x017F;eine eigne Ordnung.<lb/>
Die&#x017F;e Gattung Leute bringt man nicht dazu,<lb/>
ein Vater Un&#x017F;er zu beten, ge&#x017F;chweige einen<lb/>
Nußbaum umzuhauen, wenn man ihnen nicht<lb/>
den Teufel vormahlet. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Des Pfarrers ganze Weïsheit fand gegen<lb/>
die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung keine Antwort. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Aber mich nimmt jezt gar viel mehr Wun-<lb/>
der, was der halb Schurk mein Untervogt<lb/>
mit &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter ge&#x017F;prochen, als er heim-<lb/>
gekommen.</p><lb/>
        <p>So unterbrach der Junker des Han&#x017F;en, und<lb/>
Pfarrers Kalberleder- und Nußbaums Ge-<lb/>
&#x017F;pra&#x0364;ch. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der Pfarrer antwortete ihm, es wu&#x0364;rde<lb/>
euch denk kein gutes Blut machen, wenn ihrs<lb/>
wu&#x0364;ßtet. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Er hatte recht, &#x017F;o bald der Vogt heimge-<lb/>
kommen, und den Mantel ablegte, &#x017F;prang er<lb/>
zu &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter, und das er&#x017F;te Wort, das<lb/>
er zu ihr &#x017F;agte, war, ich ha&#x0364;tte doch nicht ge-<lb/>
meynt, daß du &#x017F;o eine Schwe&#x017F;ter an mir wa&#x0364;-<lb/>
re&#x017F;t. Denn er hatte &#x017F;ich &#x017F;chon bey der Ger-<lb/>
trud, und noch mehr die Zeit auf dem Ried,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0172] Das iſt wohl ſo, ſagte der Hans, wie ihr ſaget, und ich wollte mich in die Seele hin- ein ſchaͤmen, wenn jemand der darnach iſt, vor mir zu nur roth, weil geſchweigen blaß wuͤrde, aber mit Leuthen von der Kalberle- der Gattung, hat es ſeine eigne Ordnung. Dieſe Gattung Leute bringt man nicht dazu, ein Vater Unſer zu beten, geſchweige einen Nußbaum umzuhauen, wenn man ihnen nicht den Teufel vormahlet. — Des Pfarrers ganze Weïsheit fand gegen dieſe Erklaͤrung keine Antwort. — Aber mich nimmt jezt gar viel mehr Wun- der, was der halb Schurk mein Untervogt mit ſeiner Schweſter geſprochen, als er heim- gekommen. So unterbrach der Junker des Hanſen, und Pfarrers Kalberleder- und Nußbaums Ge- ſpraͤch. — Der Pfarrer antwortete ihm, es wuͤrde euch denk kein gutes Blut machen, wenn ihrs wuͤßtet. — Er hatte recht, ſo bald der Vogt heimge- kommen, und den Mantel ablegte, ſprang er zu ſeiner Schweſter, und das erſte Wort, das er zu ihr ſagte, war, ich haͤtte doch nicht ge- meynt, daß du ſo eine Schweſter an mir waͤ- reſt. Denn er hatte ſich ſchon bey der Ger- trud, und noch mehr die Zeit auf dem Ried,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/172
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/172>, abgerufen am 23.11.2024.