Der Murrbär war, wie des Sigristen Volk alles hochmüthig, und fürchtete erschreklich, das Narrenstük könnte seine Frau ins Gefängniß bringen, welches seinen Ehren nachtheilig wäre: Darum schmiegte er sich im Anfang vor dem Maurer, was er konnte und mochte.
"Meister Maurer -- sagte er zu ihm; wir waren doch auch noch immer gute Freund und Vetterleut: Meine Frau hat freylich nicht recht; aber sie erkennt es ja, und muß dir dein Ehr und guten Namen wieder ge- ben, so lieb er dir ist: aber gieb dich wie- der zufrieden; es ist doch zulezt auch nur ein Weibergeschwäz, und mag sich gewiß nicht der Mühe lohnen, so ein weites und breites daraus zu machen."
Der Maurer erwiederte: "Du nihmst mir frey aus dem Maul, was ich sagen wollte; es ist, wie du sagst, ein Weibergeschwäz: Jch wollte lieber, es wäre nicht begegnet, und will gern wieder gut Freund seyn, wie vor und ehe: Meine Frau und ich haben bey mehrerm Nachdenken auch gefunden, daß
wir
E 5
§. 19. Zu gut - iſt dumm.
Der Murrbaͤr war, wie des Sigriſten Volk alles hochmuͤthig, und fuͤrchtete erſchreklich, das Narrenſtuͤk koͤnnte ſeine Frau ins Gefaͤngniß bringen, welches ſeinen Ehren nachtheilig waͤre: Darum ſchmiegte er ſich im Anfang vor dem Maurer, was er konnte und mochte.
„Meiſter Maurer — ſagte er zu ihm; wir waren doch auch noch im̃er gute Freund und Vetterleut: Meine Frau hat freylich nicht recht; aber ſie erkennt es ja, und muß dir dein Ehr und guten Namen wieder ge- ben, ſo lieb er dir iſt: aber gieb dich wie- der zufrieden; es iſt doch zulezt auch nur ein Weibergeſchwaͤz, und mag ſich gewiß nicht der Muͤhe lohnen, ſo ein weites und breites daraus zu machen.“
Der Maurer erwiederte: „Du nihmſt mir frey aus dem Maul, was ich ſagen wollte; es iſt, wie du ſagſt, ein Weibergeſchwaͤz: Jch wollte lieber, es waͤre nicht begegnet, und will gern wieder gut Freund ſeyn, wie vor und ehe: Meine Frau und ich haben bey mehrerm Nachdenken auch gefunden, daß
wir
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§. 19.
Zu gut - iſt dumm.
Der Murrbaͤr war, wie des Sigriſten
Volk alles hochmuͤthig, und fuͤrchtete
erſchreklich, das Narrenſtuͤk koͤnnte ſeine
Frau ins Gefaͤngniß bringen, welches ſeinen
Ehren nachtheilig waͤre: Darum ſchmiegte
er ſich im Anfang vor dem Maurer, was er
konnte und mochte.
„Meiſter Maurer — ſagte er zu ihm;
wir waren doch auch noch im̃er gute Freund
und Vetterleut: Meine Frau hat freylich
nicht recht; aber ſie erkennt es ja, und muß
dir dein Ehr und guten Namen wieder ge-
ben, ſo lieb er dir iſt: aber gieb dich wie-
der zufrieden; es iſt doch zulezt auch nur
ein Weibergeſchwaͤz, und mag ſich gewiß
nicht der Muͤhe lohnen, ſo ein weites und
breites daraus zu machen.“
Der Maurer erwiederte: „Du nihmſt mir
frey aus dem Maul, was ich ſagen wollte;
es iſt, wie du ſagſt, ein Weibergeſchwaͤz:
Jch wollte lieber, es waͤre nicht begegnet,
und will gern wieder gut Freund ſeyn, wie
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/91>, abgerufen am 23.11.2024.
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