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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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der, und bethete alle Morgen und Abend
mit ihnen das Gebeth wider die Nachtge-
spengster, böse Geister und Heren. Die
Kinder sagten zwar am ersten Abend: "Mut-
ter, warum müssen wir izt auch das Gebätt
wieder bätten? du sagtest ja erst vorgestern,
die Leut seyen Narren, die es bätten."

"Es ist mir izt wieder anders worden; ihr
müßt es izt wieder so fleißig bethen, als
der Glaube und das Vater unser," sagte
die Mutter.

"Hats izt dann wieder Gespengster, Mut-
ter? fragten die Kinder.

"Daß Gott erbarm, ja freylich, die gan-
ze Welt voll, sagte die Mutter.

Kinder. Wie weißst du's izt gerad wie-
der, daß es die ganze Welt voll hat?

Mutter. Ach! ihr guten Kinder! es ge-
hen gar greuliche Sachen im Dorf vor; be-
thet nur fleißig euere Bether, und b'hütet
und b'segnet euch fleißig, wenn ihr zum
Haus hinaus geht, und nehmet ja keiner
alten Frauen nichts ab, es mag Obst oder
Brod, oder was es will seyn.

Auch das Kazenschwanz-Spiel, das die
guten Kinder des Maurers und des Rudis
spielten, wurden je länger je bedenklicher ge-
macht. Der Hartknopf sagte überlaut: Es
sey ein Teufelsspiel.

Und

der, und bethete alle Morgen und Abend
mit ihnen das Gebeth wider die Nachtge-
ſpengſter, boͤſe Geiſter und Heren. Die
Kinder ſagten zwar am erſten Abend: „Mut-
ter, warum muͤſſen wir izt auch das Gebaͤtt
wieder baͤtten? du ſagteſt ja erſt vorgeſtern,
die Leut ſeyen Narren, die es baͤtten.“

„Es iſt mir izt wieder anders worden; ihr
muͤßt es izt wieder ſo fleißig bethen, als
der Glaube und das Vater unſer,“ ſagte
die Mutter.

„Hats izt dann wieder Geſpengſter, Mut-
ter? fragten die Kinder.

„Daß Gott erbarm, ja freylich, die gan-
ze Welt voll, ſagte die Mutter.

Kinder. Wie weißſt du's izt gerad wie-
der, daß es die ganze Welt voll hat?

Mutter. Ach! ihr guten Kinder! es ge-
hen gar greuliche Sachen im Dorf vor; be-
thet nur fleißig euere Bether, und b'huͤtet
und b'ſegnet euch fleißig, wenn ihr zum
Haus hinaus geht, und nehmet ja keiner
alten Frauen nichts ab, es mag Obſt oder
Brod, oder was es will ſeyn.

Auch das Kazenſchwanz-Spiel, das die
guten Kinder des Maurers und des Rudis
ſpielten, wurden je laͤnger je bedenklicher ge-
macht. Der Hartknopf ſagte uͤberlaut: Es
ſey ein Teufelsſpiel.

Und
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[60/0078] der, und bethete alle Morgen und Abend mit ihnen das Gebeth wider die Nachtge- ſpengſter, boͤſe Geiſter und Heren. Die Kinder ſagten zwar am erſten Abend: „Mut- ter, warum muͤſſen wir izt auch das Gebaͤtt wieder baͤtten? du ſagteſt ja erſt vorgeſtern, die Leut ſeyen Narren, die es baͤtten.“ „Es iſt mir izt wieder anders worden; ihr muͤßt es izt wieder ſo fleißig bethen, als der Glaube und das Vater unſer,“ ſagte die Mutter. „Hats izt dann wieder Geſpengſter, Mut- ter? fragten die Kinder. „Daß Gott erbarm, ja freylich, die gan- ze Welt voll, ſagte die Mutter. Kinder. Wie weißſt du's izt gerad wie- der, daß es die ganze Welt voll hat? Mutter. Ach! ihr guten Kinder! es ge- hen gar greuliche Sachen im Dorf vor; be- thet nur fleißig euere Bether, und b'huͤtet und b'ſegnet euch fleißig, wenn ihr zum Haus hinaus geht, und nehmet ja keiner alten Frauen nichts ab, es mag Obſt oder Brod, oder was es will ſeyn. Auch das Kazenſchwanz-Spiel, das die guten Kinder des Maurers und des Rudis ſpielten, wurden je laͤnger je bedenklicher ge- macht. Der Hartknopf ſagte uͤberlaut: Es ſey ein Teufelsſpiel. Und

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/78>, abgerufen am 08.05.2024.