Jhr könnts doch auch nicht wissen, bis er da ist, sagte der Vater.
Wohl freylich, sagten die Bauren, als eben der Bub anlangte; Er warff das Hol- zergeschirr so stark ins Tenn hin, daß es in der Stube zitterte; kam dann erst nachdem ihm sein Vater zweymal ruffen mußte, in die Stube, stand in einen Eken, grüßte Niemand, und sagte nur: Es ist alles nichts.
Die Bauren aber wollten mehr wissen, und er mußte, so ungern er redte, ihnen um- ständlich erzählen, wie es zugegangen. -- Als er fertig war, hudelten sie ihn noch ei- nen Augenblik aus, giengen dann nach und nach wieder heim, geladen mit Gedanken u. Rathschlägen, die die Angst in ihnen aus- brutete, die aber noch nicht reiff waren.
Den alten Kalberleder reute izt nichts so sehr, als sein Nußbaum; Jch möchte das helle Wasser wainen, daß ich ihn so leichtsin- nig umhauen lassen, sagte er, als sie kaum fort waren, zu seinem Buben.
Jch war kein Narr, erwiederte dieser; ich noderte nur so an den Wurzeln, und er steht deßhalben noch hundert Jahre.
Das ist gut, Bub, was man nicht weg- giebt, das hat man noch, sagte der Vater -- Und dann bald darauf --
Aber
Jhr koͤnnts doch auch nicht wiſſen, bis er da iſt, ſagte der Vater.
Wohl freylich, ſagten die Bauren, als eben der Bub anlangte; Er warff das Hol- zergeſchirr ſo ſtark ins Tenn hin, daß es in der Stube zitterte; kam dann erſt nachdem ihm ſein Vater zweymal ruffen mußte, in die Stube, ſtand in einen Eken, gruͤßte Niemand, und ſagte nur: Es iſt alles nichts.
Die Bauren aber wollten mehr wiſſen, und er mußte, ſo ungern er redte, ihnen um- ſtaͤndlich erzaͤhlen, wie es zugegangen. — Als er fertig war, hudelten ſie ihn noch ei- nen Augenblik aus, giengen dann nach und nach wieder heim, geladen mit Gedanken u. Rathſchlaͤgen, die die Angſt in ihnen aus- brutete, die aber noch nicht reiff waren.
Den alten Kalberleder reute izt nichts ſo ſehr, als ſein Nußbaum; Jch moͤchte das helle Waſſer wainen, daß ich ihn ſo leichtſin- nig umhauen laſſen, ſagte er, als ſie kaum fort waren, zu ſeinem Buben.
Jch war kein Narr, erwiederte dieſer; ich noderte nur ſo an den Wurzeln, und er ſteht deßhalben noch hundert Jahre.
Das iſt gut, Bub, was man nicht weg- giebt, das hat man noch, ſagte der Vater — Und dann bald darauf —
Aber
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Jhr koͤnnts doch auch nicht wiſſen, bis er
da iſt, ſagte der Vater.
Wohl freylich, ſagten die Bauren, als
eben der Bub anlangte; Er warff das Hol-
zergeſchirr ſo ſtark ins Tenn hin, daß es in
der Stube zitterte; kam dann erſt nachdem
ihm ſein Vater zweymal ruffen mußte, in
die Stube, ſtand in einen Eken, gruͤßte
Niemand, und ſagte nur: Es iſt alles nichts.
Die Bauren aber wollten mehr wiſſen,
und er mußte, ſo ungern er redte, ihnen um-
ſtaͤndlich erzaͤhlen, wie es zugegangen. —
Als er fertig war, hudelten ſie ihn noch ei-
nen Augenblik aus, giengen dann nach und
nach wieder heim, geladen mit Gedanken u.
Rathſchlaͤgen, die die Angſt in ihnen aus-
brutete, die aber noch nicht reiff waren.
Den alten Kalberleder reute izt nichts ſo
ſehr, als ſein Nußbaum; Jch moͤchte das
helle Waſſer wainen, daß ich ihn ſo leichtſin-
nig umhauen laſſen, ſagte er, als ſie kaum fort
waren, zu ſeinem Buben.
Jch war kein Narr, erwiederte dieſer; ich
noderte nur ſo an den Wurzeln, und er
ſteht deßhalben noch hundert Jahre.
Das iſt gut, Bub, was man nicht weg-
giebt, das hat man noch, ſagte der Vater —
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/72>, abgerufen am 23.11.2024.
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