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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Lenk. Wenn ichs oder ein anderer gewe-
sen wäre, es wär wohl anderst gekommen.

Aebi. Es scheint mir, es mögen ihms
etliche nicht einmal gönnen, daß er nicht ge-
hängt worden.

Leemann. Es wird noch andere Histo-
rien absezen.

Michel. Was das?

Leemann. Der Junker will ja zehn
Jahr hinter sich allem nachgrübeln.

Rüti Marx. Dafür wird sich Niemand
graue Haar wachsen lassen.

Michel. Und wie meynst du das?

Rüti Marx. Jch meyne, das würd so
in die diken Bauch greiffen, daß sie wohl ei-
nen Dekel finden werden, den Niemand ab-
lupft.

Kriecher. Und der Teufel! Es ist doch
nicht ganz sicher.

Aebi. Aber habet ihr auch den Hartknopf
gehört, wie er über die Predigt sein Maul
gebraucht.

Michel. Er ist ein Narr.

Marx. Er sagt doch manchmal auch Sa-
chen, die wahr sind.

Michel. Ja, wenn er um eilf Uhr sagt,
es läute Mittag.

Marx. Das ist izt genarret: Ueber den
Glauben einmal versteht er mehr als ich und

du;

Lenk. Wenn ichs oder ein anderer gewe-
ſen waͤre, es waͤr wohl anderſt gekommen.

Aebi. Es ſcheint mir, es moͤgen ihms
etliche nicht einmal goͤnnen, daß er nicht ge-
haͤngt worden.

Leemann. Es wird noch andere Hiſto-
rien abſezen.

Michel. Was das?

Leemann. Der Junker will ja zehn
Jahr hinter ſich allem nachgruͤbeln.

Ruͤti Marx. Dafuͤr wird ſich Niemand
graue Haar wachſen laſſen.

Michel. Und wie meynſt du das?

Ruͤti Marx. Jch meyne, das wuͤrd ſo
in die diken Bauch greiffen, daß ſie wohl ei-
nen Dekel finden werden, den Niemand ab-
lupft.

Kriecher. Und der Teufel! Es iſt doch
nicht ganz ſicher.

Aebi. Aber habet ihr auch den Hartknopf
gehoͤrt, wie er uͤber die Predigt ſein Maul
gebraucht.

Michel. Er iſt ein Narr.

Marx. Er ſagt doch manchmal auch Sa-
chen, die wahr ſind.

Michel. Ja, wenn er um eilf Uhr ſagt,
es laͤute Mittag.

Marx. Das iſt izt genarret: Ueber den
Glauben einmal verſteht er mehr als ich und

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[20/0038] Lenk. Wenn ichs oder ein anderer gewe- ſen waͤre, es waͤr wohl anderſt gekommen. Aebi. Es ſcheint mir, es moͤgen ihms etliche nicht einmal goͤnnen, daß er nicht ge- haͤngt worden. Leemann. Es wird noch andere Hiſto- rien abſezen. Michel. Was das? Leemann. Der Junker will ja zehn Jahr hinter ſich allem nachgruͤbeln. Ruͤti Marx. Dafuͤr wird ſich Niemand graue Haar wachſen laſſen. Michel. Und wie meynſt du das? Ruͤti Marx. Jch meyne, das wuͤrd ſo in die diken Bauch greiffen, daß ſie wohl ei- nen Dekel finden werden, den Niemand ab- lupft. Kriecher. Und der Teufel! Es iſt doch nicht ganz ſicher. Aebi. Aber habet ihr auch den Hartknopf gehoͤrt, wie er uͤber die Predigt ſein Maul gebraucht. Michel. Er iſt ein Narr. Marx. Er ſagt doch manchmal auch Sa- chen, die wahr ſind. Michel. Ja, wenn er um eilf Uhr ſagt, es laͤute Mittag. Marx. Das iſt izt genarret: Ueber den Glauben einmal verſteht er mehr als ich und du;

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/38>, abgerufen am 21.11.2024.