Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.Umsonst erschütterten ihn die Schreken Umsonst überfiel ihn ein Schauer, da er Umsonst schien ihm auch die liebe Sonne, Umsonst warnete ihn sein Weib. Umsonst zeigte sie ihm, wo er stehe, und Umsonst bath sie, daß er sich nicht noch Umsonst empfand er selber: sie hat recht, wü- Y 4
Umſonſt erſchuͤtterten ihn die Schreken Umſonſt uͤberfiel ihn ein Schauer, da er Umſonſt ſchien ihm auch die liebe Sonne, Umſonſt warnete ihn ſein Weib. Umſonſt zeigte ſie ihm, wo er ſtehe, und Umſonſt bath ſie, daß er ſich nicht noch Umſonſt empfand er ſelber: ſie hat recht, wuͤ- Y 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0361" n="343"/> <p>Umſonſt erſchuͤtterten ihn die Schreken<lb/> des Meineids — da der arme Wuͤſt vor<lb/> ihm zu faſt verzweifelt. —</p><lb/> <p>Umſonſt uͤberfiel ihn ein Schauer, da er<lb/> vor des Rudis Fenſtern weggieng, und das<lb/> Geheul der jammernden Kinder, bey der ſter-<lb/> benden Frauen hoͤrte. —</p><lb/> <p>Umſonſt ſchien ihm auch die liebe Sonne,<lb/> als er auf des Meyers Huͤbel, noch in ihre<lb/> lezten Strahlen hineinſah, und ihr nach-<lb/> ſtaunen mußte, bis ſie hinter dem Berg war,<lb/> — Er ſah nur Schatten, Nacht und Grau-<lb/> ſen, das ihn umgab — er konnte ſelbſt<lb/> beym Anblik der lieben Sonne nichts thun,<lb/> als mit den Zaͤhnen kirren. — Er konnte<lb/> izt nicht mehr auf den Herrn hoffen, der<lb/> aus dem Staube rettet, und aus den Tiefen<lb/> erloͤſet — Er kirrete nur mit den Zaͤhnen. —</p><lb/> <p>Umſonſt warnete ihn ſein Weib.</p><lb/> <p>Umſonſt zeigte ſie ihm, wo er ſtehe, und<lb/> wohin ihn ſein Leben fuͤhre.</p><lb/> <p>Umſonſt bath ſie, daß er ſich nicht noch<lb/> mehr vertiefe.</p><lb/> <p>Umſonſt empfand er ſelber: ſie hat recht,<lb/> und mehr als recht. — Er war izt verwil-<lb/> dert — die Wuth ſeines Unſinns und boͤ-<lb/> ſer Begierden machte ihn taub und blind<lb/> gegen alle Vernunft — er ſah, wie tief er<lb/> ſtekte, und wollte aus dem Schlam̃ heraus<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Y 4</fw><fw place="bottom" type="catch">wuͤ-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [343/0361]
Umſonſt erſchuͤtterten ihn die Schreken
des Meineids — da der arme Wuͤſt vor
ihm zu faſt verzweifelt. —
Umſonſt uͤberfiel ihn ein Schauer, da er
vor des Rudis Fenſtern weggieng, und das
Geheul der jammernden Kinder, bey der ſter-
benden Frauen hoͤrte. —
Umſonſt ſchien ihm auch die liebe Sonne,
als er auf des Meyers Huͤbel, noch in ihre
lezten Strahlen hineinſah, und ihr nach-
ſtaunen mußte, bis ſie hinter dem Berg war,
— Er ſah nur Schatten, Nacht und Grau-
ſen, das ihn umgab — er konnte ſelbſt
beym Anblik der lieben Sonne nichts thun,
als mit den Zaͤhnen kirren. — Er konnte
izt nicht mehr auf den Herrn hoffen, der
aus dem Staube rettet, und aus den Tiefen
erloͤſet — Er kirrete nur mit den Zaͤhnen. —
Umſonſt warnete ihn ſein Weib.
Umſonſt zeigte ſie ihm, wo er ſtehe, und
wohin ihn ſein Leben fuͤhre.
Umſonſt bath ſie, daß er ſich nicht noch
mehr vertiefe.
Umſonſt empfand er ſelber: ſie hat recht,
und mehr als recht. — Er war izt verwil-
dert — die Wuth ſeines Unſinns und boͤ-
ſer Begierden machte ihn taub und blind
gegen alle Vernunft — er ſah, wie tief er
ſtekte, und wollte aus dem Schlam̃ heraus
wuͤ-
Y 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |