Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Haus zu kommen, und von hintenzu, wo
das Wasser nie tief war, mit Vieh u. Waar
gegen die Anhöhe zu fliehen, aber auch hier
war keine Hilf da. -- Leute, die sonst in
Feuer- und Wassernoth Leib und Leben wa-
gen wie nichts, stuhnden da, wie forchtsamme
Weiber -- es zog nur keiner Schuh und
Strümpf ab, zu probieren, ob es möglich
hindurch zu watten -- einer sagte dem an-
dern das gottlose Wort, das der Vogt vor
dem Wetter geredt, fügte dann bey, wie der
lieb Gott einen mit ihm straffen könnte, wenn
er für ihn Leib und Leben wagte. -- Der
Vogt selber, da er Geld und Brief hatte,
floh aus dem Haus, und probierte nicht
mehr hinein.

Es war ein förchterliches Zusehen -- 25.
Haupt großes Vieh, ohne Schaaf u. Käl-
ber brüllten in den Ställen, und über eine
halbe Stund rann das Korn aus den ange-
griffenen Schüttenen wie ein Bach herun-
ter, ehe das Haus vollends einfiel.

Es krachte wie ein Donnerschlag, und
in eben dem Augenblik rieff ein Mann, noch
izt weiß niemand wer er war, kaum zehn
Schritt hinter dem Vogt: -- Wie ist's izt
Vogt? ist dir noch so, daß zehn solche Wet-
ter dir nichts machen konnten? -- Es
schauerte dem Vogt, er sah zurük, sagte:

Gott
X 2

Haus zu kommen, und von hintenzu, wo
das Waſſer nie tief war, mit Vieh u. Waar
gegen die Anhoͤhe zu fliehen, aber auch hier
war keine Hilf da. — Leute, die ſonſt in
Feuer- und Waſſernoth Leib und Leben wa-
gen wie nichts, ſtuhnden da, wie forchtſam̃e
Weiber — es zog nur keiner Schuh und
Struͤmpf ab, zu probieren, ob es moͤglich
hindurch zu watten — einer ſagte dem an-
dern das gottloſe Wort, das der Vogt vor
dem Wetter geredt, fuͤgte dann bey, wie der
lieb Gott einen mit ihm ſtraffen koͤnnte, weñ
er fuͤr ihn Leib und Leben wagte. — Der
Vogt ſelber, da er Geld und Brief hatte,
floh aus dem Haus, und probierte nicht
mehr hinein.

Es war ein foͤrchterliches Zuſehen — 25.
Haupt großes Vieh, ohne Schaaf u. Kaͤl-
ber bruͤllten in den Staͤllen, und uͤber eine
halbe Stund rann das Korn aus den ange-
griffenen Schuͤttenen wie ein Bach herun-
ter, ehe das Haus vollends einfiel.

Es krachte wie ein Donnerſchlag, und
in eben dem Augenblik rieff ein Mann, noch
izt weiß niemand wer er war, kaum zehn
Schritt hinter dem Vogt: — Wie iſt's izt
Vogt? iſt dir noch ſo, daß zehn ſolche Wet-
ter dir nichts machen konnten? — Es
ſchauerte dem Vogt, er ſah zuruͤk, ſagte:

Gott
X 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0341" n="323"/>
Haus zu kommen, und von hintenzu, wo<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er nie tief war, mit Vieh u. Waar<lb/>
gegen die Anho&#x0364;he zu fliehen, aber auch hier<lb/>
war keine Hilf da. &#x2014; Leute, die &#x017F;on&#x017F;t in<lb/>
Feuer- und Wa&#x017F;&#x017F;ernoth Leib und Leben wa-<lb/>
gen wie nichts, &#x017F;tuhnden da, wie forcht&#x017F;am&#x0303;e<lb/>
Weiber &#x2014; es zog nur keiner Schuh und<lb/>
Stru&#x0364;mpf ab, zu probieren, ob es mo&#x0364;glich<lb/>
hindurch zu watten &#x2014; einer &#x017F;agte dem an-<lb/>
dern das gottlo&#x017F;e Wort, das der Vogt vor<lb/>
dem Wetter geredt, fu&#x0364;gte dann bey, wie der<lb/>
lieb Gott einen mit ihm &#x017F;traffen ko&#x0364;nnte, weñ<lb/>
er fu&#x0364;r ihn Leib und Leben wagte. &#x2014; Der<lb/>
Vogt &#x017F;elber, da er Geld und Brief hatte,<lb/>
floh aus dem Haus, und probierte nicht<lb/>
mehr hinein.</p><lb/>
          <p>Es war ein fo&#x0364;rchterliches Zu&#x017F;ehen &#x2014; 25.<lb/>
Haupt großes Vieh, ohne Schaaf u. Ka&#x0364;l-<lb/>
ber bru&#x0364;llten in den Sta&#x0364;llen, und u&#x0364;ber eine<lb/>
halbe Stund rann das Korn aus den ange-<lb/>
griffenen Schu&#x0364;ttenen wie ein Bach herun-<lb/>
ter, ehe das Haus vollends einfiel.</p><lb/>
          <p>Es krachte wie ein Donner&#x017F;chlag, und<lb/>
in eben dem Augenblik rieff ein Mann, noch<lb/>
izt weiß niemand wer er war, kaum zehn<lb/>
Schritt hinter dem Vogt: &#x2014; Wie i&#x017F;t's izt<lb/>
Vogt? i&#x017F;t dir noch &#x017F;o, daß zehn &#x017F;olche Wet-<lb/>
ter dir nichts machen konnten? &#x2014; Es<lb/>
&#x017F;chauerte dem Vogt, er &#x017F;ah zuru&#x0364;k, &#x017F;agte:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Gott</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0341] Haus zu kommen, und von hintenzu, wo das Waſſer nie tief war, mit Vieh u. Waar gegen die Anhoͤhe zu fliehen, aber auch hier war keine Hilf da. — Leute, die ſonſt in Feuer- und Waſſernoth Leib und Leben wa- gen wie nichts, ſtuhnden da, wie forchtſam̃e Weiber — es zog nur keiner Schuh und Struͤmpf ab, zu probieren, ob es moͤglich hindurch zu watten — einer ſagte dem an- dern das gottloſe Wort, das der Vogt vor dem Wetter geredt, fuͤgte dann bey, wie der lieb Gott einen mit ihm ſtraffen koͤnnte, weñ er fuͤr ihn Leib und Leben wagte. — Der Vogt ſelber, da er Geld und Brief hatte, floh aus dem Haus, und probierte nicht mehr hinein. Es war ein foͤrchterliches Zuſehen — 25. Haupt großes Vieh, ohne Schaaf u. Kaͤl- ber bruͤllten in den Staͤllen, und uͤber eine halbe Stund rann das Korn aus den ange- griffenen Schuͤttenen wie ein Bach herun- ter, ehe das Haus vollends einfiel. Es krachte wie ein Donnerſchlag, und in eben dem Augenblik rieff ein Mann, noch izt weiß niemand wer er war, kaum zehn Schritt hinter dem Vogt: — Wie iſt's izt Vogt? iſt dir noch ſo, daß zehn ſolche Wet- ter dir nichts machen konnten? — Es ſchauerte dem Vogt, er ſah zuruͤk, ſagte: Gott X 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/341
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/341>, abgerufen am 18.05.2024.