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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Vogt, in Gottes Namen wollen wir izt ge-
hen." Der Vogt sah ihn barmherzig an,
und konnte nicht reden. -- "Es muß in
Gottes Namen einmal seyn, erwiederte der
Pfarrer: Dann nahm er ihn bey der Hand,
machte ihn aufstehen und sagte: "Mit zau-
dern machst du dirs nur schwerer; komm izt
in Gottes Namen, und leide mit Geduld,
was du zu leiden hast; achte nicht, was um
dich her ist, und was man um dich herum
macht, und denk du izt an dich selber."

§. 7.
Menschlichkeit und Gerechtigkeit
bey einander.

Und dann giengen sie mit einander an seinen
Ort, und der Pfarrer bethete laut den
ganzen Weg durch, und alles Volk begleitete
ihn im stummen Stillschweigen.

So herrschet stummes Stillschweigen um
den Sarg des Bürgers, dessen verlassene Kin-
der ein gerührtes Volk mitleidig zum Grabe
begleitet; und die Stunde der stillen Rüh-
rung, während welcher die Todtengloke von
Bonnal läutete, that dem Vogt und allem
Volk wohl. -- Siehe, es war nicht die
Straffe eines wüthenden Thiers, das man

nur

Vogt, in Gottes Namen wollen wir izt ge-
hen.“ Der Vogt ſah ihn barmherzig an,
und konnte nicht reden. — „Es muß in
Gottes Namen einmal ſeyn, erwiederte der
Pfarrer: Dann nahm er ihn bey der Hand,
machte ihn aufſtehen und ſagte: „Mit zau-
dern machſt du dirs nur ſchwerer; komm izt
in Gottes Namen, und leide mit Geduld,
was du zu leiden haſt; achte nicht, was um
dich her iſt, und was man um dich herum
macht, und denk du izt an dich ſelber.“

§. 7.
Menſchlichkeit und Gerechtigkeit
bey einander.

Und dann giengen ſie mit einander an ſeinen
Ort, und der Pfarrer bethete laut den
ganzen Weg durch, und alles Volk begleitete
ihn im ſtummen Stillſchweigen.

So herrſchet ſtummes Stillſchweigen um
den Sarg des Buͤrgers, deſſen verlaſſene Kin-
der ein geruͤhrtes Volk mitleidig zum Grabe
begleitet; und die Stunde der ſtillen Ruͤh-
rung, waͤhrend welcher die Todtengloke von
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[16/0034] Vogt, in Gottes Namen wollen wir izt ge- hen.“ Der Vogt ſah ihn barmherzig an, und konnte nicht reden. — „Es muß in Gottes Namen einmal ſeyn, erwiederte der Pfarrer: Dann nahm er ihn bey der Hand, machte ihn aufſtehen und ſagte: „Mit zau- dern machſt du dirs nur ſchwerer; komm izt in Gottes Namen, und leide mit Geduld, was du zu leiden haſt; achte nicht, was um dich her iſt, und was man um dich herum macht, und denk du izt an dich ſelber.“ §. 7. Menſchlichkeit und Gerechtigkeit bey einander. Und dann giengen ſie mit einander an ſeinen Ort, und der Pfarrer bethete laut den ganzen Weg durch, und alles Volk begleitete ihn im ſtummen Stillſchweigen. So herrſchet ſtummes Stillſchweigen um den Sarg des Buͤrgers, deſſen verlaſſene Kin- der ein geruͤhrtes Volk mitleidig zum Grabe begleitet; und die Stunde der ſtillen Ruͤh- rung, waͤhrend welcher die Todtengloke von Bonnal laͤutete, that dem Vogt und allem Volk wohl. — Siehe, es war nicht die Straffe eines wuͤthenden Thiers, das man nur

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/34>, abgerufen am 19.04.2024.